Montag, 30. September 2024

Uncle Fester: grad gelesen September 2024

Marion Herzog: Algorytmica / Terra Nova
Eine deutsche Autorin, welche vorher wohl eher leichte Lektüre geschrieben hatte und jetzt einen Zweibänder vorlegt? Da war ich gespannt und wurde nicht enttäuscht. Die ganze Story ist packend aufgebaut, obwohl mir aufgefallen war, dass Frau Herzog hier aus vielen Klassikern des Genres eine Mixtur zusammengerührt hatte. Das nimmt den Roman natürlich die Exklusivität, konnte aber einen guten Page Turner nicht verhindern. Von der leicht kitschigen Liebesgeschichte abgesehen, oder vielleicht gerade deshalb, haben wir hier ein hervorragendes Einstiegswerk für Neulinge in der Science-Fiction-Literatur vor uns.
Die letzten Menschen leben in riesigen Bunkeranlagen unter der Erde, denn der atomare 3. Weltkrieg hat die Oberfläche unbewohnbar gemacht. Aha - klingt gewaltig nach dem Megaerfolg „Silo“ von Hugh Howey. Und auch der hatte die Idee geklaut - von Philip K. Dick. „The Penultimate Truth“ (dtsch. 10 Jahre nach dem Blitz) solltest Du unbedingt lesen, falls noch nicht geschehen. Eine wunderschöne Gesellschaftskritik.
Doch in Algorytmica können sich die Menschen wenigstens 24/7 in virtuelle Welten einloggen (Surrogates mit Bruce Willis), damit sie vergessen können, dass sie in Wirklichkeit in Kisten an die Lebenserhaltung angeschlossen sind (Matrix). Wie schon gesagt - ein bunter Mix, der aber sehr gut harmoniert.
Kaja Andersson ist privilegiert, denn sie ist die Tochter des obersten Programmierers der staatlichen Hologramme in der Bunkeranlage „Hope of Tomorrow“. In der virtuellen Realität studiert sie Informatik, um es ihren Eltern gleichzutun. Allerdings bringt Kaja nicht das geringste Interesse oder Talent für ihr Studium auf; ihre Leistungen sind dementsprechend.
Jedoch macht sie sich dennoch große Hoffnungen, zum staatlich beschränkten Familienprogramm zugelassen zu werden. In dem Bunker sind die Ressourcen begrenzt, daher ist diese Maßnahme nur allzu verständlich. Und Kaja geht zur Überraschung all ihrer Freundinnen bei der alljährlichen Bekanntgabe der Gewinner/-innen, welche von der allgegenwärtigen KI ausgewählt und als Paare bestimmt werden, leer aus.
Und es kommt sogar noch schlimmer: Gerade als sie Kontakt zu den Dark Surfern, welche die einzige Opposition darstellen und auf die Oberfläche wollen, aufgenommen und sich in deren Kopf, dem genialen Programmierer Liam Turner verliebt hatte, wird dieser ihrer besten Freundin Lora als Partner für das Familienprogramm zugelost.
So nach und nach entfremdet sich Kaja dank Liam und seiner Freunde nicht nur von ihren Eltern, sondern auch Lora. Kaja begreift, dass Lora in den Augen ihres Vaters die Wunschtochter ist, die er in Kaja nicht hat. Lora steht hinter dem System, welches an Orwells 1984 erinnert, und ist eine fähige Programmiererin. Der kaltherzige Andersson hatte an den Fäden gezogen, um Lora und Liam zusammenzubringen.
Kurz bevor die Widerstandsgruppe ihre Flucht an die Oberfläche umsetzen kann, werden Liam und Lora in der virtuellen Realität in ein paradiesisches Appartement gesteckt; die Zeugung des Kindes in der Realität erfolgt künstlich. Liam kann sich dem nicht entziehen, will er nicht als Oppositioneller auffliegen und den gesamten Widerstand gefährden.
Mit Hilfe von Sandra, die Liam schon immer geliebt hatte und Kaja deshalb eher hasserfüllt gegenübersteht, kann Kaja jedoch Liam befreien und aus dem Bunker fliehen. Die beiden Liebenden haben noch die Ärztin Allison und den Piloten Sam dabei, als sie auf die Oberfläche durchstoßen.
Und Rumms! - schon sind wir im zweiten Band. Anders als es die Präsidentin der „Archianer“ Anna Smith immer behauptet hatte, leben Menschen auf der Oberfläche. Diese Outlaws fristen ein spärliches Dasein in einem weitverzweigten Höhlensystem. Dort verstecken sie sich vor Kayne Cole, dem mächtigen Präsidenten der Townships.
In diesen Siedlungen herrscht Cole dank einer eisernen Militärdiktatur. Nur dort können die Nutri-Shots produziert werden, welche auch die Menschen in den Bunkern ernähren. Deshalb ist es das vorrangige Ziel der Outlaws, die Zuliefererleitung des Nutri-Shot zu den Bunkern zu zerstören. Warum muss ich hierbei nur an Nord Stream I und II denken?
In diesem zweiten Band tauchen auch neue Charaktere auf. Zum Beispiel der Outlaw Nathan Turner, der sich als Bruder von Liam herausstellt. Eine Zeit lang scheint sich da ein Verhältnis zwischen Nathan und Kaja anzubahnen, zumal sich Liam mehr und mehr zurückzieht, weil er an sein Kind mit Lora denken muss.
Nathan hat einen wesentlich sanfteren Charakter als sein Bruder; vielleicht drücken sich in dieser Figur Sehnsüchte der Autorin aus. Eine weitere interessante Hauptrolle bekleidet Elisa, eine Amazonin der Outlaws und heimlich verliebt in Nathan. Hier ergibt sich also auch wieder eine Konkurrenzsituation in Liebesdingen für Kaja. Gibt es diesbezüglich etwa auch einen Bezug zum Leben der Autorin?
Fragen über Fragen also, die im Roman selbstverständlich nicht geklärt werden können. Was leider jedoch etwas in den Hintergrund tritt, sind die „Bösewichter“ des Bunkers - Lora sowie Kajas Eltern. Zwar werden kurze Szenen mit diesen Protagonisten vereinzelt eingestreut, dies aber eher etwas unmotiviert abseits der Haupthandlung. Erst zum Schluss offenbart sich da der logische Zusammenhang, was es im Nachhinein wieder gut macht.
Nachdem die Zerstörung der Pipeline gescheitert ist, können unsere Helden am Ende doch die Menschen im Bunker befreien, bevor die Bunkerinsassen getötet und lediglich als Geister ins System hochgeladen werden.
Und ganz am Ende verliert Kaja ihren Liam, weil dieser komplett ins System hochgeladen wurde (um sein Kind zu sehen) und seinen Körper verloren hat. Aber sonst sind die Bunkerbewohner gerettet.
Marion Herzog hat sich noch eine Hintertür für eine Fortsetzung offen gelassen. Kayne Cole treibt immer noch sein Unwesen und Liam ist ja noch in der virtuellen Realität vorhanden. Genug Stoff für ein ganzes Serienuniversum also; aber das ist wahrscheinlich nicht der Plan der Autorin. Auf jeden Fall sind die beiden Bände eine kurzweilige Lektüre mit ernstem Hintergrund.

Montag, 23. September 2024

Hartmudo: Belgien

3
Nach diesem kurzen Gang an die frische Luft bestiegen wir das Auto und fuhren nach Belgien hinüber. Edith hatte im altehrwürdigem Pub Grain d'orge in Plombieres einen Tisch für Vier reserviert. Der Ort selbst wirkte abgerockt, was für Belgien typisch sei, wie mir Jürgen glaubhaft versichern konnte.
Das Haus von Grain d'orge selbst war allerdings dank der Strahler zwischen den Fenstern im ersten Stock hell erleuchtet und wirkte auch sonst sehr gepflegt, was so gar nicht zur sonstigen Erscheinung des Ortes passen wollte.
So ruhig, ja beinahe totenstill es draußen im Ort gewesen war, so voll und lebensfroh präsentierte sich der Gastraum im Lokal. Hier kann man mit Fug und Recht behaupten, dass sich in diesem Raum das Herz der Gemeinde, quasi das Wohnzimmer also, befindet.
Bis auf einen hohen Tisch mit vier Barhockern war nicht ein Platz mehr frei. Und richtig - das war der von Edith reservierte Tisch. Günstig gelegen direkt neben der Küche; die Vorratskammer war auch nur zwei Meter entfernt. Das konnte uns allerdings nicht entmutigen, denn wenn ein Lokal voll besetzt ist, kann man ruhigen Gewissens davon ausgehen, dass die Qualität passt.
Es sollte das beste belgische Essen werden, welches uns in diesem Urlaub vorgesetzt wurde. Gut, die Nudeln meiner Löwin waren keine belgische Spezialität, dafür aber ihrer Auffassung nach lecker, wenn auch nicht außergewöhnlich. Dazu probierte sie mit Edith das Fruchtbier der Woche, irgendetwas mit Apfel. War wohl auch lecker, führte allerdings bei meiner Löwin zu akutem Sodbrennen, so dass sie auf ein zweites Glas verzichtete.
Für Jürgen und mich kam selbstverständlich ein Jupiler in Einheitsgröße (0,33 l) angerauscht. Da war ich von der Qualität bzw. der Süffigkeit hellauf begeistert. Fast so begeistert wie von meinem Essen: Ich hatte micht von Edith und Jürgen von den Frikadellen nach Lütticher Art überzeugen lassen.
Die Frikadellen selbst wiesen eine Konsistenz der beliebten Königsberger Klopse auf, doch die Sauce war der Hammer. Diese geschmacksintensive dunkle Sauce Lapin besteht u.a. aus belgischem Bier, Lütticher Sirup (aus eingekochten Äpfeln, Birnen und/oder Datteln sowie Quark) und lecker Rosinen. Richtiger Schweinkram also und deshalb meine Lieblingssauce des Jahres; da lege ich mich schon einmal fest.
Mit allerletzter Kraft konnte ich noch an mich halten und es vermeiden, die restliche Sauce vom Teller abzulecken. Die belgischen Pommes (dick geschnitten und in Rindertalg frittiert) schmeckten mit der Sauce Lapin besser als mit der handelsüblichen Mayonnaise. Da mundete mir der zweite Becher Jupiler um so mehr.
Wer so gut speist wie wir an diesem Abend, ist in der Regel gut gelaunt und führt anregende Gespräche. Doch leider ging auch dieser wunderbaren Abend dem Ende entgegen und so begaben wir uns auf den Rückweg. Edith fuhr uns noch am Hotel vorbei; nach dem Aufstehen wollten sich meine Löwin und ich bei den beiden noch persönlich bei einer Tasse Kaffee verabschieden.
Müde nach diesem langen Tag asteten meine Löwin und ich die enge Treppe in unser Zimmer hinauf. Ans gemütliche Schauen einer Serie war nicht mehr zu denken, ich schaffte nur noch ein paar Seiten in meinem Roman, ehe ich meine Schlafmaske umschnallte und das Licht löschte.

Freitag, 19. April.
Es war bereits hell, als ich die Augen aufschlug. 08.00 Uhr und meine Löwin horchte noch an der Matratze. Ziemlich zügig erhob ich mich aus dem Bett, welches mir eine zufriedenstellende Nachtruhe beschert hatte. Das Klo gehörte also mir und ich konnte in aller Ruhe die Toilette und die Dusche benutzen, ehe meine Löwin ebenfalls ready war.
In der Zeit, die sie in dem dreiviertelhoch weiß gekachelten Raum (darüber weiße Rauhfaser) verbrachte, räumte ich schnell meine Plünnen zusammen. Meine Badutensilien hatte ich nach Verlassen desselben bereits eingesammelt. Das Verstauen der Schlafmaske dauerte wie üblich am Längsten; das Polo-Shirt vom Vortag packte ich nicht in den Koffer, sondern in eine dafür vorgesehene Wäschetasche in den Kofferraum des Autos.
Alsbald war meine Löwin ebenfalls reisefertig und wir verließen das Hotel per ultraschnellem Check-Out. Will sagen: Wir quälten uns die engen Treppen hinab und warfen den Zimmerschlüssel in einen dafür bereitstehenden Einwurfkasten am Hauseingang. Da es leicht nieselte, beeilen wir uns mit dem Verstauen des Gepäcks und fuhren zügig zum Haus von Edith und Jürgen, wo wir auch direkt vor ihrer Garage parken konnten.
Edith war bereits ebenfalls auf Sendung und bat uns herein. Jürgen hatte es leider nicht geschafft, da sein kränkelnder Körper noch eine längere Ruhepause benötigte. Im Wohnzimmer, am Tisch, schlürfte ich meinen ersten Kaffee des Tages, währenddessen Edith uns von den Vorzügen des Ingwertees erzählte, von dem sie jeden Vormittag einen Liter weghaut.
Das ist gut gegen Entzündungen im Körper, was die Neugier meiner Löwin weckte und einen Becher auf Verdacht trinken ließ. Bis wir nach zwei netten Stunden auseinandergingen, hatten wir einen schönen Vormittag und freuten uns auf unser Wiedersehen zwei Monate später, wenn Jenny und Kroll ihre Party im Schwarzwald feiern würden.
12.00 Uhr mittags war es geworden - High Noon also. Zeit, um in Belgien einzutauchen. Knapp eineinhalb Stunden würden wir laut Google Maps bis Antwerpen benötigen - dort hatte ich am Nachmittag des Vortages beim Kaffeetrinken im Ronnefeldt eine Unterkunft in den City Appartements Antwerpen klargesprochen.

Montag, 9. September 2024

Contramann: kurz gesehen im September

https://www.telepolis.de/features/Fussball-und-Gesellschaft-Zwei-Jahre-bis-wir-Weltmeister-werden-9801694.html
Hier zu Anfang mal ein Artikel zur „Aufarbeitung“ der Fußball EM, welche aus deutscher Sicht ja eher enttäuschend verlief, wenn man das Team an den selbst gesteckten Zielen und den geweckten Hoffnungen bei Fans misst. Nach den Medien war ja alles toll - hier steht, wie es wirklich war.
Zu dieser Wahrheit gehört es eben, das Kroos im Spiel gegen Spanien bereits nach sieben Minuten und seinem zweiten Foul am spanischen Mittelfeldstar Pedri vom Platz hätte fliegen müssen; zumal er diesen kaputt getreten hatte. Aber in den deutschen Qualitätsmedien war dies natürlich schnell abgehakt.
Stattdessen wurde der spanische Abwehrspieler Cucurella zum Buhmann, weil er im Strafraum an der Hand angeschossen wurde und der Schiedsrichter nicht einschritt, obwohl der Arm abgespreizt war. Ich nenne das ausgleichende Gerechtigkeit; im Übrigen hatte das mit Abstand beste Team der EM auch dieses Spiel verdient gewonnen.
Die deutschen Rumpelfußballer hätten das Halbfinale nicht verdient gehabt. Und dass die deutschen „Fans“ Cucurella im Halbfinale gnadenlos ausgepfiffen hatten, zeigt ihre Unsportlichkeit und ist der krasse Gegensatz zur vorgeblichen großen Party, die uns von ARD und ZDF präsentiert worden war.
Ich seh die deutsche Nationalmannschaft (und ihre Fans) als Spiegelbild unserer Gesellschaft; das offenkundige Bahnchaos bei der Anreise zu den jeweiligen Spielen sprach da eine deutliche Sprache. Und das Herunterspielen dieser Probleme durch die Medien ist ein weiteres Problem in unserer Gesellschaft, wenn man es nur erkennen will.
Aber daran fehlt es bei der Mehrzahl meiner Mitbürger. Typisch Deutsch halt.

https://www.fr.de/kultur/tv-kino/harald-schmidt-ist-offenbar-nichts-mehr-peinlich-93235328.html
Wie Framing funktioniert, kann man hier gut am Kommentar eines Moritz Post im Kulturteil der Frankfurter Rundschau erkennen. Laut Autorenbeschreibung soll dieser beim Satiremagazin Titanic arbeiten. Das tut ob des Inhalts seines Kommentares besonders weh; stand das Titanic Magazin bislang eher nicht in Verdacht, Dogmen der jeweils aktuellen Regierungsmeinung unkritisch zu verbreiten.
Also: Harald Schmidt, einer der Granden deutscher Fernsehunterhaltung, sagte in einem Interview im Deutschlandfunk zu den Wahlprognosen der AfD und BSW für die kommenden Landtagswahlen Thüringen, Brandenburg und Sachsen:
„Solange gewählt wird, haben wir eine Demokratie. Das sind Ergebnisse von freien Wahlen, von freien, gleichen und geheimen Wahlen. Wenn ich das nicht will: Wahlen abschaffen oder Ergebnis vorher festlegen.“ Und damit hat er es meiner Ansicht nach in seiner üblich galligen Art auf den Punkt gebracht. Wenn ich Angst vor dem Wahlergebnis habe und mit diesem Ergebnis nicht umgehen kann, muss ich den Wählerwillen aushebeln.
Bloß das ist dann eben keine Demokratie mehr – darauf wollte Schmidt hinaus. Statt das Ergebnis zu manipulieren versuchen sollte sich die etablierte Politik lieber um eine andere Politik bemühen, um den Wähler zurückzuholen. Das ist Demokratie. Demokratie lebt von gegensätzlichen Standpunkten und dem Aushalten anderer Meinungen. Und solange man frei und geheim wählen kann – Demokratie.
Und wenn das Ergebnis von Wahlen einigen Leuten nicht passt – z.B. Moritz Post, der die AfD pauschal als rechtsextrem einstuft… ja, was soll denn dann passieren, Herr Post? Das Ergebnis irgendwie aushebeln? Wäre das etwa demokratisch? Überhaupt ist die Argumentation des Herrn Post ziemlich dünn.
Die AfD pauschal als rechtsextrem zu beurteilen, hat einen Haken: Ja, der Verfassungsschutz Thüringen hat die AfD in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestuft. Na und? Seit wann entscheidet eine Behörde über die Recht- und Verfassungsmäßigkeit? Eine Behörde ermittelt, ein Staatsanwalt stellt einen Antrag und ein Gericht entscheidet. So läuft das in einer Demokratie. Bloß leider hat sich bislang immer noch kein Ankläger/Staatsanwalt gefunden, der dass hierfür zuständige Bundesverfassungsgericht wegen eines Verbotes der AfD anruft.
Die ziemlich unsachlichen Beschreibungen des Herrn Schmidt (z.B. 12jähriger Lausbub) zeigen Herrn Post in einem Agitationsmodus, der an Kommentare in Presseorganen in zum Glück überwundenen deutschen Staatssystemen erinnert. Wenn dies ein Stilmittel für die notwendige Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus sein soll, dann Prost Mahlzeit. Da hat einer (Post) die Demokratie, die er durch einzelne Personen (Schmidt) gefährdet sieht, nicht verstanden. Letztendlich gibt er durch seinen blöden Kommentar Schmidt recht – er merkt es nur nicht.
P.S.: Ich bin kein AfD Freund und werde diese Partei auch nicht wählen. Aber nicht, weil sie eine Vielzahl an Rechtsextremen beherbergen könnte, sondern weil mir ihre neoliberale Ausrichtung, welche die FDP alt aussehen lässt, gegen den Strich geht.

https://taz.de/Ergebnis-der-Sachsen--und-Thueringen-Wahl/!6033609/
Sehr schöner Kommentar zu den Wahlen in Sachsen und Thüringen vom 1. September. Oder besser gesagt... Entlarvend.
Die TAZ Kommentatorin sieht das schlechte Wahlergebnis der ihr nahestehenden Parteien (Grün, SPD, evtl. Linke - TAZ halt) in der Migrationspolitik als entscheidendes Thema.
Der Ukraine-Krieg und die offensichtliche Ablehnung der vorherrschenden Politik durch die Wähler in Sachsen und Thüringen wird vollkommen ignoriert. Schlimm und eben entlarvend, dieser Kommentar.
Meine Güte, das auch noch am 85. Jahrestages des Beginns des zweiten Weltkrieges. Wie verlogen diese Berliner Blase geworden ist. Bitter.
Und komm jetzt keiner von wegen Landesthemen, da hätte der Ukraine-Krieg nichts zu suchen. Wenn erst einmal dank der „Kriegstüchtigkeit" eines Pistorius die Hütten brennen, dann ist die Unterscheidung Bund - Land obsolet.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“


Sonntag, 8. September 2024

Hartmudo: Jürgen

Hartmudo: Jürgen
Da sitze ich vorm Steakhaus Montana im holländischen Viertel in Potsdam und denke an Puffi. ”Meine Damen und Herren... Das ist doch ein Schild!“ Und dann dachte ich an Jürgen. Der hatte gute Kabarettisten immer geschätzt.
Womit wir beim Thema wären. Jürgen ist verstorben. Ende August hatte ihn der Krebs endgültig besiegt gehabt, da biss die Maus keinen Faden ab. Meine Löwin und ich erfuhren diese traurige Nachricht am 1. September, grade als wir mit Phil und Candela durch den Olympia Park in München spazieren gegangen waren.
Candela schob ihre neugeborene Tochter im Kinderwagen vor sich her. "Der Eine geht, eine Andere kommt", sinniere ich im Moment und nehme noch einen Schluck vom gezapften Feldschlösschen.
Da sind wir schnell wieder bei Jürgen, der früher weder ein Feldschlösschen noch ein gutes Wolters verschmäht hatte. Als das Feldschlösschen noch aus Braunschweig kam. Doch genau wie Feldschlösschen (gen Dresden) verließ auch Jürgen irgendwann unsere Heimatstadt - der Liebe wegen.
Eine richtige Entscheidung, wie wir bei unseren gegenseitigen Besuchen mit Edith und Jürgen jedes Mal feststellen durften. Auch in der Diaspora am Dreiländereck Holland - Belgien - Deutschland blieb Jürgen seiner zweiten großen Liebe, der Braunschweiger Eintracht, treu und fieberte Jahr für Jahr mit, wenn die Eintracht die Ligen gewechselt hatte. Da lagen Freud und Leid immer dicht beieinander, da stand er auch drauf.
Und diesen 1. September dann noch die Niederlage zuhause gegen Karlsruhe - nach einer langen Führung! Egal, 1. September. Der Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und Beginn des zweiten Weltkrieges. Schnell noch ein weiterer Schluck vom leider schnell abgestandenen Feldschlösschen.
Als bekennender Antifaschist und Antimilitarist - mithin die klassische linke Socke - ist dieses Datum für mich und noch mehr für Jürgen ein mahnendes Zeichen, damit wir nicht vergessen, dass es gilt, solch dunkle Zeiten deutscher Geschichte zu überwinden und dazu beizutragen, dass sich jene Grauen vor über 80 Jahren nicht wiederholen.
Brr, der letzte Schluck vom abgestandenen Feldschlösschen - schal und warm. Aber wenigstens schmeckte dieser Schluck nach dem "echten" aus Braunschweig und nicht Warsteiner (würg) - like wie beim ersten Schluck.
Schnitt. Kneipen - Fußballturnier Ende der 80er Jahre. Zusammen mit u.a. Uli, Kroll und Wolfgang spielten wir fürs... wie hieß die Kneipe von Carina, Carina, Carina.. Wunderschönes Mädchen, bald .. halt. Pause - Musik:


Diesen Antikriegs-Song hatte ich von Jürgen 1982 vorgespielt bekommen - Passte damals, passt heute mehr denn je.
Konzentration. Panama! Genau so hieß die Kneipe. Wir waren bereits glorreich aus dem Turnier ausgeschieden und schauten dem Spiel der Funzel gegen das Ufuk zu. Pocke war inzwischen aus dem Krankenhaus zurück; sein im Vorrundenspiel gebrochenes Bein war dort geschient worden.
Nach einem Foul würde ein türkischstämmiger Spieler der Funzel von einem Spieler des Ufuk rassistisch beleidigt. Dies schrie nach solidarischer Unterstützung, auf dem Spielfeld entstand eine wilde Rangelei. Uli und Jürgen stürmten augenblicklich aufs Spielfeld, wobei sich Jürgen beinahe auf die Fresse gelegt hätte.
Zu guter Letzt beruhigte sich die Lage sehr schnell wieder, aber ich erzähle dies hier, weil diese Szene so viel gerade über Jürgen aussagt. Aus vollem Herzen antifaschistisch warf er sich ohne Rücksicht aufs eigene Wohl ins Getümmel. Keine Frage - Jürgen hatte Eier. Sein slapstickreifes Stolpern gehört irgendwie dazu.
Wo andere schon sabbern, war Jürgen sofort on Fire gewesen. Dafür - und nicht nur für die beschriebene Szene - liebe ich ihn. So viele Szenen fallen mir zu Jürgen ein (ich sitze inzwischen im Augustiner Biergarten in Potsdam, nicht in München), aber darauf möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen.
Gern erzähle ich diese Szenen ein anderes Mal. Jedenfalls werde ich heute Abend im Hotel durch meine MP3 Sammlung hecheln und den Player mit Clash, Family 5 und natürlich den unnachahmlichen Wallerts (Humppa!) durchprügeln, dazu standesgemäß eine Halbliterpulle Berliner Pilsener (Schultheiß) aus dem Kühlschrank an der Rezeption.
Das ist mein Abend mit Jürgen, so und nicht weinend stehe ich am Styx, während der Fährmann in der Ferne entschwindet. Und noch etwas: Ich habe hier 2 Tage in Potsdam fälschlicherweise zusammen vermischt, der Erzählung wegen. Normalerweise gebe ich dies nicht zu - tut ja auch keinem weh.
Doch Jürgen ist immer eine ehrliche Haut gewesen wie kein Zweiter. Oft genug hatte er sich deshalb in die Nesseln gesetzt. Doch das war ihm scheißegal gewesen; Jürgen zog es durch. Jürgen war und ist der Olli Kahn im Real Life.
Dass er Grateful Dead gut fand, habe ich ihm daher nie übel genommen. Eine Seele von Mensch, kein Büttel des Kapitals. Ein freier Geist - Rock 'n' Roll durch und durch. Trotz Grateful Dead. Ich habe diese Kraft (ich meine jetzt nicht Grateful Dead) nie gehabt und meine Kompromisse mit dem „System" gemacht wie alle anderen auch.
Jürgen wie auch wenige Andere nicht, hier war er tatsächlich ein Fels in der Brandung. Gut. Bin jetzt im fliegenden Holländer im holländischen Viertel im Potsdam. Dieses edle Viertel in der Stadt, wo auch Günter Jauch und Annalena Baerbock leben. Elite.
Im Gedanken sitzt Jürgen neben mir und wir sinnieren über die Verlogenheit der grün-linken und woken bourgeoisen Schickeria der urbanen Berliner Blase. Und wir trinken ein Allgäuer Büble Hell zusammen. Und mir geht es bei diesem Gedanken gut.
Jürgen ist nicht weg - er ist nur nicht mehr hier.

Mittwoch, 4. September 2024

GuterPlatzzumBiertrinken: Relax-Weekend

Samstag, 6. Juli. Dieses Wochenende hatten wir endlich mal nichts vor; lediglich die Viertelfinals der Fußball EM Freitag und Samstag sowie Kegeln am Sonntagabend standen auf unserem Programm. Da kann man ruhigen Gewissens von einem Relax-Wochenende sprechen. Dies brauchte ich auch nach zwei ereignisreichen Wochenenden.
Da meine Löwin an diesem Morgen doch noch einen Termin hatte, wollte ich die Zeit nutzen, um endlich wieder eine etwas längere Tour drehen zu können. Denn dank der Deutschen Bahn, welche den Betrieb der Bahnstrecke Braunschweig - Lebenstedt für den Monat Juli eingestellt hat, bin ich im Juli zum Busfahren verdammt. Grund hierfür ist der barrierefreie Ausbau der Zughalte in Immendorf und Watenstedt.
Und an der Umsteige zum Bus nach Lebenstedt beim Arbeitsamt wird ebenfalls gebaut, so dass ich mein Fahrrad dort nicht abstellen kann und die Strecke komplett mit dem Bus abreiten muss. Diese Verbindung ist zugegebenermaßen gar nicht mal schlecht, eröffnet sie mir doch die Gelegenheit, eine Dreiviertelstunde am Stück zu lesen.
Eine gute Alternative zum Zug also - wenn es regnet und ich nicht radeln kann oder möchte. Doch ich möchte mich bewegen - 10 kg an Körpergewicht habe ich schon abgespeckt. Das ist eine 30er Kiste Wolters! Du musst Dir das so vorstellen: Den ganzen Tag trägst Du eine volle Kiste Wolters mit Dir herum; selbst beim Sitzen oder Schlafen ist sie am Mann. Doch dann plötzlich nimmt sie Dir jemand weg und Du brauchst die Kiste nicht mehr zu schleppen.
Ein geiles Gefühl, oder? Diese neu gewonnene Leichtigkeit des Seins verspürte ich an diesem Morgen bereits auf dem ersten Kilometer meiner heutigen Tour. 10.00 Uhr am Morgen und das Wetter ist wechselhaft wolkenverhangen bis sonnig, aber trocken. Beim Losfahren umschmeichelte mich ein sanfter wie kühler Wind; erst gegen Ende dieser Tour wurde es ein wenig schwitzig unter meiner Jeansjacke.
Einer Lee, wie ich an dieser Stelle betonen möchte. Levis ist doch eher etwas für Touristen. Mein heutiges Ziel hatte sich erst ganz kurzfristig vor Fahrtantritt herauskristallisiert. Ich wollte die Verbindung von Querum nach Dibbesdorf noch einmal antesten. Diesen Weg hatte mir Hotte mal nahegebracht. Dort befindet sich auch einer meiner Lieblingsplätze zum Biertrinken.
Den ich heute nicht erreicht hatte, dazu also später einmal mehr. Zunächst einmal erfreute ich mich an dem überraschend leichten Tritt an den ersten leichten Steigungen der heutigen Strecke. Ein guter Push also, dennoch plante ich bereits nach kurzer Zeit eine Kaffeepause ein, denn ich war eigentlich unmittelbar nach dem Aufstehen und der Morgentoilette aufgebrochen.
Da kam das Cafe Zeit ins Spiel, welches sich mittlerweile auch im Siegfriedviertel am Nibelungenplatz befindet. Diesen Laden wollte ich endlich mal checken und wurde auch nicht enttäuscht. Der Milchkaffee schmeckte hervorragend am Außensitz unter dem großen Sonnenschirm. Leider nervten die anderen Gäste aufgrund eines hohen Lärmpegels etwas, aber das motivierte mich wenigstens zum Weiterfahren.
Kaum hatte ich meinen Drahtesel wieder gesattelt, rief mich auch gleich meine Löwin an. Sie passierte gerade das Cafe mit der Straßenbahn und hatte mich hier entdeckt. Sie half einer älteren Dame und begleitete diese auf dem Weg zum Bahnhof, um sich mit mir anschließend im Schloss zum Essen zu treffen. Ins Cafe Zeit werde ich sie vielleicht morgen einladen.
Heute aber ging es zunächst einmal über die Ottenroder, am Seniorenstift vorbei, nach Querum. Ich trieb meinen Drahtesel durch das Wohnviertel zur Bevenroder Straße, der Hauptverkehrsader dieses Stadtteils. Richtung Innenstadt fahrend hatte ich nach wenigen Metern die Dibbesdorfer Straße gegenüber erspäht.
Diese ist die Einflugsschneise Richtung Dibbesdorf. Dort fuhr ich immer geradeaus, vorbei an Wiesen und unter den dicht bewachsenen Bäumen hindurch. Das Ende dieser Straße war dann lediglich ein Schotterweg, doch am Schluss hätte ich nach Dibbesdorf links abbiegen müssen. Stattdessen verfehlte ich diesen Abzweig und bog auf der Berliner Heerstraße rechts in Richtung Innenstadt ab. Nach wenigen Metern hatte ich Roller und damit Volkmarode vor der Nase.
Ab jetzt brauchte ich einfach nur gemütlich in die Innenstadt zum Schloss zu treten; Dibbesdorf und damit einen meiner Lieblingsplätze werde ich ein anderes Mal in Angriff nehmen müssen. So hatte ich auf der restlichen Strecke die Muße, mich noch einmal an die beiden vorangegangenen Wochenenden zu denken.
Die Geburtstagsfeier von Jenny und Kroll am vorletzten Wochenende im Schwarzwald war eine rundherum gelungene Aktion gewesen. Dort trafen sich die bekannten Gesichter aus Braunschweig, aber auch viele andere Gestalten, welche ich teilweise seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gesehen hatte.
Besonders gelungen war der Auftritt von UMD, Ilka, Urmel und Pocke, die für eineinhalb Stunden das Publikum mit ihrem Potpourrie aus eigenen Stücken aus den 80ern sowie Covern wie "Passenger", "Paul ist tot" oder auch "Jet Boy Jet Girl" begeistern konnten. Einer inneren Eingebung folgend hatte ich bereits das erste Stück auf Video gebannt; Am Ende landete der gesamte begeisternde Auftritt im Speicher meines Smartphones, kurz bevor der Akku die Grätsche machen musste.
Den Musikern sowie den Gastgebern hatte ich bereits eine Kopie des Gigs übermitteln können. Zur phantastischen Stimmung unter den Gästen trug dies sicherlich wesentlich mit bei. Ich selbst hatte lediglich 2 Halbe zu mir genommen, da mich die letzten Zuckungen einer Magen-Darm-Erkrankung doch noch beeinträchtigt hatten.
Doch auch nüchtern war dies ein schönes Wochenende gewesen. Hierzu trug unser Appartement nebst Schwimmbad im Keller bei. Daher war ich in der anschließenden Arbeitswoche doch nicht so kaputt wie zuvor befürchtet gewesen.
Gleiches gilt für das letzte Wochenende, das Wochenende der diesjährigen BiRe. Auch hier verbrachte ich mit den Jungs eine angenehme Zeit, vor allem stressfrei. Stress gab es in den letzten Wochen eigentlich nur im Job. Ungeduldige Kunden und vermehrte Krankheitsvertretungen kündigen sich eben nicht im Vorfeld an.
Aber das lag ja jetzt hinter mir, genau wie die Strecke von Volkmarode zum Schluss. Bei Miner's Coffee gönnte ich mir noch einen zuckerfreien Chai Latte, ehe ich mich ins "Play Off" zum Essen mit meiner Löwin begab. Hühnerschnitzel mit Pommes, dazu Onion Rings.
Am Anschluss schlich ich förmlich nach Hause zurück, weil ich mich doch einigermaßen überfressen fühlte und die fehlenden 10 kg gefühlt wieder mitschleppte. In der Wohnung angekommen, schmiss ich die nassgeschwitzten Klamotten in die Ecke und regelte mich runter.
Da hatte ich heute eine richtig nette Tour hinbekommen. Noch ist der Sommer lang - nächstes Wochenende möchte ich wieder los.