Der Donnerstag (22. Juni) fing morgens schon gut an. Vorletzter Tag vor dem Urlaub und bereits nach wenigen Minuten im Büro wurde ich gleich griffig. Meine Vertreterin Melissa wird noch weitere ein bis zwei Wochen krank sein und das Home Office soll unterbleiben, bis die IT die Probleme mit Lissa (die Software zur Sachbearbeitung) gelöst haben wird.
Diese Maßnahme des Arbeitgebers kann ich allerdings nachvollziehen, denn ohne Lissa könnte ich im Homeoffice lediglich Internetrecherche betreiben. Da trifft es sich gut, dass ich ab nächster Woche zweieinhalb Wochen lang im Urlaub verweilen werde. Mich aufregen kann ich dann immer noch, wenn ich wieder im Büro sitze und feststellen sollte, dass Home Office immer noch nicht möglich ist.
Das kriege ich sogar ganz gut hin, da haben Psychopharmaka sowie die psychologische Betreuung durch APP offenbar gut angeschlagen.
In der Folge jedoch wurde meine Geduld leider auf eine harte Probe gestellt. Hier ein dringender Anruf, dort eine wichtige Post... Das, was ich am Vortrag im Homeoffice machen wollte und nicht machen konnte, lag immer noch vor meiner Nase, weil ich mehrere Sachen sofort erledigen musste.
Um 11 Uhr war eine kurze Besprechung angesagt. Kurz davor wollte ich die Sachen aus dem Homeoffice endlich angehen. Die Folgeanträge für Melissa! Ich ging in ihr Büro, um die benötigten Akten zusammen zu sammeln und musste feststellen, dass exakt diese Akten nicht mehr im Regal hingen.
Und siehe da: eine andere Kollegin hatte diese Akten bereits zwei Tage zuvor mit in ihr Büro genommen, um nach Rücksprache mit den anderen Mitgliedern meines Mini-Teams die Folgeanträge zu bearbeiten. Eigentlich hatten wir uns darauf geeinigt gehabt, dass ich allein die Vertretung für Melissa übernehme, weil sich die anderen beiden Mitglieder des Mini Teams um die Post von Kollegin Cleo kümmern wollten.
"gut gelaunt" in den Feierabend |
Unwillkürlich musste ich an die schlimmen Vorgänge vor 37 Jahren (Oh Mann, so lang her!) beim Straßenbauamt Hildesheim denken, als ich während der Probezeit entlassen wurde und feststellen musste, dass die Kollegen meine Post ohne mein Wissen bearbeitet hatten.
So etwas nennt man Deja Vu und die kurze Besprechung war nur 10 Minuten entfernt. Wie sollte ich nun reagieren? Das Klo beschmutzen, wie vor 37 Jahren? Dazu fehlte mir jetzt leider die Zeit und überhaupt: Dank APP bin ich da inzwischen weiter.
Ich blieb ruhig, da ich den Grund für das Verhalten meiner Kollegin nicht kannte und eine unnötige Explosion vermeiden wollte. Genau richtig, wie ich dann in der Besprechung feststellen durfte. Als es darin um die Vertretungsregelung der nächsten Wochen ging, sprach ich die Kollegen, welche die Akten genommen hatte, direkt an.
Ich sagte ihr, dass es gut gewesen war, dass das Homeoffice am Vortag nicht funktioniert hatte. Denn dann wäre ihre Arbeit mit den Folgeanträgen vergebens gewesen, da ich dies am Vortag bereits erledigt gehabt hätte. Auf diese kleine Spitze ging sie gar nicht erst ein und verwies auf die anderen beiden Kollegen, mit denen Sie dies abgesprochen hatte.
Sie fühlte sich wohl persönlich angesprochen, obwohl ich explizit erklärt hatte, dass dies eigentlich gar nicht schlimm gewesen war. Mit jener Aussage wollte ich eigentlich den Druck rausnehmen, aber wer „Achtsam morden" gelesen hat, erkennt auch meinen Sarkasmus.
Schön in diesem Zusammenhang war anschließend auch ihre schnippische Bemerkung, warum man die Folgeanträge nicht im Homeoffice machen sollte, da es besser sei, dabei in die Akte zu gucken. Ich kommentierte dies nicht, um eine Eskalation zu vermeiden.
Sich bei so einem Thema an der Schuldfrage abzuarbeiten ist absolut sinnlos. Denn jeder von den Kollegas hatte gute Gründe, warum sie nichts dafür konnten. Zumal ich bei meiner Selbstreflexion vor der Besprechung noch daran erinnern konnte, dass mir die Kollegin aus meinem Mini-Team ihre Hilfe bei Melissas Folgeanträgen angeboten hatte. Dieses Angebot wollte ich eigentlich diese Woche annehmen, falls ich es vor dem Urlaub nicht mehr schaffen sollte. Dank des kaum möglichen Home Offices dieser Tage war das ja wohl auch der Fall.
Egal also - am Nachmittag machte ich meine eigenen Folgeanträge und schwitzte in der Sauna meines Büros so vor mich hin. Unzufrieden stand ich dann am Feierabend an der Bushalte, weil ich weniger geschafft hatte, als ich es mir vorgenommen hatte und darüber hinaus die Unwetterwarnung eine Fahrt mit dem Zug ausschloss.
Draußen geht die Welt grad unter |
Währenddessen flossen armdicke Äste in dem entstandenen reißenden Strom Richtung Rathaus vorbei. Da hatte ich mich kurzfristig entschlossen, das jetzt Schluss mit lustig war und ich ein Bier in einer Kneipe trinken musste. Immer diese Scheiße vor dem Urlaub! Je - des - mal ! Da sollte ich endlich mal Skills setzen, um mit diesem Stress umzugehen.
In den letzten Monaten hatte ich mir den Alkoholkonsum verkniffen und bin Schwierigkeiten oder Probleme nüchtern angegangen. Das war sicherlich auch richtig, jedoch war mir jetzt nach Schapernack zumute. Als ich dann endlich an der Hildesheimer mit dem Bus angekommen war, ging ich auch schnurstracks zum Hotel Heyer hinüber.
Leider war das Restaurant geschlossen, ein gezapftes Pils konnte ich mir somit abschminken. Da blieben mir nur noch die letzten drei Flaschen Wolters zu Hause - gut kalt aus dem Kühlschrank. Mit meiner Löwin guckte ich noch „the Consultant" zu Ende, danach setzte ich mich vor meine Musikbox am PC und endete bei dem dritten Bier mit Family 5 aus den Kopfhörern.
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