Als ich vor 3 Tagen im Büro weilte, rief mich meine Löwin an, weil es ihr schlecht ging. Sie klagte über Kopfschmerzen und starken Husten, hatte aber kein Corona. Mittwoch Morgen war sie dann positiv, sie hatte sich in der Nacht getestet. Jetzt kam die Maschine ins Rollen. Ich testete mich selbst und war negativ.
Aus meinem Homeoffice heraus kontaktierte ich meinen Teamleiter, der sprach mit der Fachdienstleitung. Normalerweise müsste ich ja jeden zweiten Arbeitstag ins Büro, aber da eine direkte Kontaktperson Corona Positiv war, durfte ich keinem meiner Kollegen zu nahe kommen. Doch die Arbeit musste ich natürlich trotzdem erledigen, denn diese ist natürlich wichtiger als die Gesundheit, auch wenn Politiker und Medien das immer anders herum darstellen. Aber hey, das ist Kapitalismus, Baby!
Ich willigte sofort ein, des öfteren am späten Nachmittag, wenn keiner mehr im Büro ist, vorbeizuschauen, um meine Post zu holen, meine Arbeitsergebnisse einzutüten und meinen Hilfeempfängern zuzuschicken. Und ab sofort war ich nun komplett im Homeoffice, und da weiß ich, dass das dem einen oder anderen Kollegen ein Dorn im Auge ist.
Die denken, ich würde es mir zu Hause zu bequem machen. Unbeobachtet in der Nachbarstadt... Scheiß drauf, die können ja auch nach Braunschweig ziehen. Auf jeden Fall fuhr ich schon Mittwoch Nachmittag mit dem Auto meiner Löwin ins Büro und plante, Freitag Nachmittag diese Rutsche komplett mit dem Fahrrad zu erledigen.
Als ich am Donnerstag Abend am Telefon hing, um den Gästen zu meiner Geburtstagsfeier abzusagen, ging urplötzlich die Deckenlampe aus. Leider ließ sich die Sicherung nicht wieder reindrehen, so dass wir rätselten, woran der Kurzschluss gelegen haben könnte. Wir fanden es nicht heraus und mussten sowohl den Kühlschrank als auch die Fritzbox ersatzweise über Verlängerungsschnüre mit anderen Steckdosen verbinden.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Fahrradfahrt eigentlich schon abgeschrieben, da ich meine Deckenlampe als Übeltäter vermutete und nach dem Büro zu IKEA wollte, um eine neue zu kaufen. Das hätte bedeutet, dass ich mit dem Auto hätte fahren müssen.
Um es kurz zu machen: Am Freitag, nach meinem Homeoffice, bekamen wir das Problem nicht gelöst und mussten einen Elektriker anrufen, der auch prompt versprach, am Montag vorbeizukommen.
Vorsichtshalber schraubte ich schon mal die Lampe von der Decke, bloß um festzustellen, dass diese gar nicht der Übeltäter gewesen sein konnte. Was am Vorabend wie ein Schaden durch einen Kurzschluss aussah, entpuppte sich als Farbklecks vom Pinseln der Decke vor zwei Jahren. Das wiederum bedeutete, dass ich keine neue Lampe brauchte und auch nicht zu IKEA fahren musste. Die Verlängerungsschnur als Stolperdraht würde uns nun also über das Wochenende erhalten bleiben.
Draußen strahlte die Sonne in voller Pracht, mit Regen war nicht zu rechnen und mein Büro in Salzgitter wartete schon auf mich. Kurz und knackig entschied ich, doch direkt mit dem Fahrrad nach Lebenstedt durchzustarten.
Bereits auf der Bundesstraße 1 in Richtung Klein Gleidingen war all der Ärger zumindest vorübergehend vergessen. Corona, das Infektionsschutzgesetz oder der Krieg in der Ukraine. Der Umstand, dass ich jetzt am Freitag Nachmittag nach Salzgitter ins Büro musste. Stattdessen freute ich mich über das milde Wetter, einem strahlend blauen Himmel und die Bewegung über 25 km, was meiner Kondition sicherlich nicht abträglich sein dürfte.
Andererseits wurde ich kurz hinter dem Raffteich etwas hellhörig, weil mein Rad anfing zu quietschen. Die Geräusche schienen vom Radlager zu kommen. Das hatte mir gerade noch gefehlt, dass das Rad jetzt schlapp machte. Mit einem gebrochenen Radlager würde ich nicht mehr fahren können, das hatte ich vor Jahren bereits erleben müssen.
Ich versuchte das Geräusch so gut es ging zu ignorieren und schnappte am Bahnübergang in Groß Gleidingen erst einmal Luft, weil die Bahnschranke für sieben Minuten unten war. So langsam reifte in mir der Plan, nach Büroschluss sicherheitshalber nicht direkt mit dem Fahrrad zurück zu fahren, sondern mit der Bahn und dann das Rad gleich zur Inspektion in der Radstation Braunschweig abzugeben.
Immer auf die Geräusche achtend, fuhr ich über Üfingen, Sauingen und Bleckenstedt in Engelnstedt ein. Zwischenzeitlich waren die Geräusche mal weg, dann wieder da... Hin und hergerissen kam ich in Lebenstedt an, wo ich die Geräusche gar nicht mehr hören konnte. Beim Betreten des Rathauses beschloss ich, die Art der Rückfahrt von meinem Feierabend abhängig zu machen.
Wenn ich m ein Krams erledigt hätte und der Zug wäre gerade weggefahren, dann wollte ich die Strecke komplett mit dem Rad bewältigen. Meine Entschlussfreudigkeit an diesem Tag war mal wieder beispielhaft.
Nach knapp über eineinhalb Stunden war ich durch und machte Feierabend. Ich schaute auf die Uhr und tatsächlich - der Zug würde in fünf Minuten fahren, bis dahin könnte ich den Bahnhof niemals erreichen. Wie ich es mir vorgenommen hatte, sattelte ich mein Rad und machte mich auf den langen Weg zurück.
Leider kam ich nicht sehr weit. Nein, nicht das Rad war kaputt, sondern mein Arsch. Denn kurz vor Feierabend musste ich noch etwas loswerden und das Klopapier im Rathaus... 25 Kilometer auf dem Rad mit dem "Afterburner" wollte ich mir nicht zumuten, da fielen mir meine leidigen Erfahrungen mit der Fistel wieder ein.
Also drehte ich nach wenigen hundert Metern am Altersheim wieder um und steuerte den Bahnhof an. Da ich noch genügend Zeit bis zur Abfahrt des Zuges hatte, schnappte ich mir am Kiosk eine Dose Tyskie.
warten auf den Zug |
In Braunschweig angekommen, brachte ich das Rad natürlich nicht zur Radstation, sondern begab mich gleich in Richtung Heimat. Mein Arsch tat gar nicht mehr weh und ich musste noch Fressen für unseren Kater, dem alten Gourmet, besorgen. Ich selber bin ja eher Gourmant und griff bei Rewe zu zwei Packungen Iglo Chicken Nuggets.
So gegen halb sieben war ich zu Hause und schob gleich die Nuggets in den Ofen, ich hatte richtig Hunger. Meiner Löwin ging es nach wie vor nicht gut, die erzwungene Untätigkeit nervte sie höllisch, aber wenigstens war ein Krankenhausaufenthalt nicht mehr zu befürchten. Mittlerweile war es dunkel geworden und ich musste mit einer Taschenlampe arbeiten, da wir in der Küche ja kein Licht hatten.
Erst nachdem ich die Nuggets eingeatmet hatte, fiel mir überhaupt erst auf, dass der Stolperdraht von Verlängerungsschnur gar nicht mehr da war. Und tatsächlich: Während ich in Salzgitter weilte, hatte meine Löwin den wirklichen Grund für den Kurzschluss entdeckt. Es handelte sich um eine Steckdose auf dem Balkon, die vom vielen Regen am Vorabend beeinträchtigt worden war. Somit hatte sich auch dieses Problem gelöst.
Ach, wenn doch alle Probleme dieser Welt wie Corona oder der Ukraine-Krieg sich so einfach würden lösen lassen. All dieser Hass, all das Streben nach noch mehr Macht und Geld... Wofür? Niemand isst mehr als drei Brötchen zum Frühstück und wir alle scheißen auf dieselbe Art und Weise, egal ob arm oder reich.
Erst wenn diese Gier besiegt ist, wenn keiner den anderen mehr zu übervorteilen sucht, erst dann können wir uns an einer Demokratie erfreuen. Bis dahin ist selbst unsere ach so tolle freiheitlich demokratische Grundordnung nur ein Feigenblatt, dass die Bürger vor der unersättlichen Gier von Wirtschaftsbossen und Finanzhaien schützen soll.
Mein Eindruck ist, dass dies immer weniger gelingt. Ich hoffe, dass ich mich da täusche. Vielleicht sollte ich mich aber auch eher an unserem Kater orientieren. Wenn er sein richtiges Futter bekommt, ist er glücklich. Ansonsten pisst er mir in die Hausschuhe. In diesem Sinne...
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