Dienstag, 23. August 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 10/17

Ich kenne dies bereits durch meine Recherchen bezüglich Arthritis und erzählte Horst von der entzündungshemmenden Wirkung des grünen Tees. Wir blieben aber nicht bei Krankheiten stehen. Wieder die Geschichten aus der Kindheit und immer wieder die Sorge um seine Frau. Deren schleichende Erblindung durch eine schleichende feuchte Makula bekümmerte ihn fast noch mehr als sein eigenes Problem mit den Nierensteinen.
Auf alle Fälle sollte seine Frau Landesblindengeld beim Sozialamt sowie einen Behindertenausweis beim Versorgungsamt beantragen. Hierbei wollte ich Horst noch mit Kontaktadressen helfen, um es den Beiden zu erleichtern.
Ich bot Horst an, den Kopfhörer für ihn auszutauschen, da ich mir noch ein Ticket fürs WLAN besorgen wollte und deshalb sowieso die Anmeldung besuchen musste, wo er seinen kaputten Kopfhörer erstanden hatte. Horst war froh, das ich ihm den Gang abnahm. Es hätte auch keine Eile, meinte er.
Nach einer knappen halben Stunde war es Zeit fürs Mittagessen, dem Höhepunkt des Tages; auch für Horst. Zügig ging ich in mein Zimmer zurück. Rechtzeitig genug, denn das Essen war noch nicht im Zimmer. Sven war immer noch nicht zurück, Karina machte sich auf in die Stadt. Sie wollte dort noch etwas erledigen und sich was zu Essen besorgen.
Mein Mittagessen nahm ich also alleine ein. Mein Essen mundete mir, insbesondere das Karottengemüse. Kaum hatte ich fertig und das Bein wieder vorschriftsmäßig hochgelegt, tauchte Karina wieder auf. Sie hatte sich Börek mitgebracht und Laufe genüsslich darauf herum. Wir unterhielten uns noch ein wenig, dann war wieder Lesen angesagt.
Am frühen Nachmittag war es dann soweit. Die Schwester schob das Bett mit Sven ins Zimmer, die Operation war vorüber und der gute Sven auch leidlich gut aufgewacht. Er hatte nicht um sich geschlagen, also alles in Butter auf dem Kutter. Allerdings wimmerte er leise vor sich hin, er hatte Schmerzen am Popo. Karina hielt seine Hand, reichte ihm auch Wasser. Das beruhigte ihn etwas.
Zwischendurch tauchte Horst mit seiner Frau kurz auf. Er wollte seinen Kopfhörer jetzt doch selbst tauschen und holte diesen bei mir ab. So lernte ich noch kurz seine Frau kennen, mit der ich mich am Nachmittag zuvor anlässlich dreier kurzer Telefonate sehr nett unterhalten hatte. So ging Horst wenigstens auch mal wieder ein Stück und kam besser in die Gänge. Seine Frau hatte er ja bislang schmerzlich vermisst.
Nach kurzer Zeit schlief Sven ein, an Konversation war für ihn nicht zu denken, dazu war er zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Karina versuchte ihn zu beruhigen oder auch aufzumuntern. Sie trug wesentlich zu seiner Beruhigung bei. Für sie war das sicherlich anstrengend, denn im irgendwann war sie total erschöpft und legte ihren Kopf auf sein Bett.
Der flüchtige Beobachter hätte aufgrund der Lage ihres Kopfes an Oralverkehr gedacht, ich fand es einfach nur niedlich. Zeit genug, um in meinem Roman weiter zu kommen. Allein an diesem Nachmittag schaffte ich 50 Seiten am Stück, zweifelsohne der Spitzenwert während meiner Zeit im St. Vinzenz.
Der anschließende Besuch bei der Anmeldung, um mir ein Ticket fürs WLAN zu kaufen, verlief erfolgreich. 2,50 € fùr 24 Stunden war der Preis. Ich wollte einfach nur irgendwelche Serien auf Netflix sehen, da hatte ich Bock drauf. Das normale TV Programm ist eh nicht so prall, und ein Fernseher für 2 Leute ist auch nicht der Hit. Dass Ticket bestand aus einem Pappzettel in Größe einer Visitenkarte mit einer schlechten Druckqualität.
Auf dem Zettel war eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Das waren denn Benutzer und Passwort. Mühsam gab ich die Kombination in mein Tablet ein, ohne Erfolg. Keine Verbindung zum Hotspot, scheiße was, die Station hatte überhaupt keinen Hotspot. Vielleicht war das Netz auch einfach überlastet, ich würde es am Abend nochmal probieren müssen.
Am späten Nachmittag, Sven war zwischenzeitlich aufgewacht, verabschiedete sich Karina und ließ uns allein. Ich besorgte für uns Wasser vom Flur, Sven fielen selbst das Aufsetzen im Bett schwer. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht ließ er sein Kopfteil hochfahren.
Meine Löwin schaute auch wieder vorbei. Wir ließen Sven, der zwischendurch immer wieder sanft entschlummerte, in Ruhe. Jetzt, wo die Betäubung nachließ, ging es ihm nicht so gut. Er stöhnte und wimmerte relativ häufig. Ich denke, er war gedanklich auch schon bei seinem ersten Stuhlgang nach der OP. Das ging natürlich noch nicht, da er vor der OP vollständig per Einlauf entleert wurde. Von dem Tampon im Arsch ganz zu schweigen, der löste ein unangenehmes Druckgefühl bei Sven aus, wie er mir in der kurzen Wachphase erzählte.
Am Fahrstuhl machten wir es uns bequem, dort standen 3 Stühle herum. Meine Löwin hatte am nächsten Tag einen wichtigen Termin beim Kieferchirurgen vor sich. Ihr sollte in 2 Wochen ein Weisheitszahn gezogen werden, dementsprechend war sie auch etwas nachdenklich, aber tapfer wie immer. Bei der Arbeit setzten ihr die Kollegen nach wie vor zu, am liebsten würde sie sofort in Rente gehen. Ich merkte ihr an, das sie eine harte Woche hatte und schlug ihr vor, sich eher auszuruhen, wenn der morgige Tag zu stressig wird, als mich zu besuchen.

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