Freitag, 29. März 2019

Hartmudo: Vitalium


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Der Mann im Arztkittel, der nach kurzer Zeit auf dem Flur vorbeiging, musste wohl der Arzt sein. Und tatsächlich; gleich darauf ging die Tapetentür auf und der Doc erschien. Mit einem kräftigen Händedruck begrüßte er mich freundlich und bat mich in sein Behandlungszimmer, welches hinter einem Büro lag, in dem schon eine Schwester lauerte.
Dr. Hönck von Plachy - so der Name des Arztes und Betreibers der Klinik - hatte meine Frisur, war aber schätzungsweise Mitte 60 bis Anfang 70. Routiniert fragte er nach meinen Vorerkrankungen und den Medikamenten, die ich so ständig zu mir nehme. Das hatte ich bereits im Vorfeld aufgeschrieben, so dass er die mitgebrachte Liste schnell abschreiben konnte.
Währenddessen plaudern wir nett unseren Small Talk. Ich hatte sofort ein positives Bild von Dr. Hönck, der bei mir einen freundlichen und zuvorkommenden Eindruck hinterließ. Wichtiger hierbei war natürlich, dass er bei seinen Ausführungen Kompetenz ausstrahlte. Als Facharzt würde ich ihn zwar nicht bezeichnen, aber zu einem vernünftigen Hausarzt reicht es auf jeden Fall.
Nach der Abklärung meiner Beschwerden maß er meinen Blutdruck, der mit 136:83 im unauffälligen Rahmen blieb. Wie auch bei meinem Hausarzt üblich, legte ich mich auf eine Liege, so dass der Doktor alles abklopfen konnte. Leber unauffällig, das hört man gern. Er quetschte mir sogar noch einen Mitesser auf meiner Brust aus. „Ich bin Arzt. den kann ich nicht dort lassen“ meinte er hierzu nur lapidar. Danach musste ich einfach auf einer Linie auf und ab gehen; der Doktor war zufrieden, weil es auch hier keine Auffälligkeiten gab.
Anschließend setzte ich mich wieder vor seinen Schreibtisch, die 20 Minuten waren gerade abgelaufen. Beim Blick auf meine Medikation bat er mich , für die Zeit meines Aufenthalts in der Klinik den Betablocker morgens sowie den Cholesterinhemmer abends wegzulassen. Sollte ja auch beim Fasten überflüssig sein.
Für jeden Morgen schrieb er mir abwechselnd Bein- und Lendenwickel auf. „Für das offene Bein“, wie er meinte. Leberwickel würde ich nicht benötigen, die Lendenwickel morgens wären für mich besser. Meine beiden im Preis inbegriffenen Massagen terminierte der Arzt für Montag und Donnerstag. Daneben hätte ich noch die Gelegenheit, ab Montag morgens um 7.45 Uhr am Frühsport teilzunehmen.
Zum Abschluss kam er auf das Bittersalz zu sprechen, welches in der Klinik zum Entschlacken benutzt wird. Dieses Salz würde jeden Abend beim Abendessen auf dem Tisch stehen. Viele würden das Salz gleich abends nehmen, er jedoch empfahl die täglich erfolgende Einnahme des Bittersalzes am Morgen. Danach waren wir durch und er verabschiedete mich aus seinem Reich.
Draußen wartete meine Löwin bereits auf ihren Termin. Da ich nichts besseres vorhatte, blieb ich gleich dort mit meinem Buch sitzen, bis meine Löwin ihrerseits fertig war. Zwischendurch tauchte dann Pocke zu seinem Termin auf. Wir tauschten uns noch etwas aus, bevor Pocke meine Löwin im Arztzimmer ersetzte.
Pocke hatte bereits das Frühstück zuhause an diesem Tag sein gelassen und schob jetzt richtig Kohldampf. Daher beschlichen ihn bereits kleine Zweifel, ob das mit dem Fasten wirklich so richtig sei, aber aufgeben wollte er deswegen noch lange nicht. Zu seiner (hoffentlich) Beruhigung konnte ich ihm aus eigener Erfahrung berichten, dass sich das mit dem Hungergefühl nach kurzer Zeit geben wird.
Zusammen mit meiner Löwin ging ich dann die Stufen in den dritten Stock hinauf, weil wir uns schnell umziehen wollten. Um 18.00 Uhr war Abendessen angesagt, da wollten wir nicht fehlen, obwohl wir sicherlich leer ausgehen würden. Wieder im Erdgeschoss, gingen wir in den Vorraum des Speisesaals, wo für uns vier ein Extratisch gedeckt worden war.
Kurz darauf kam Pocke in den Speisesaal - ohne Patti. Die hatte sich laut Pocke kurz hingelegt und darüber den Arzttermin verpennt. Eine Bedienung brachte uns das Abendessen - eine Fastensuppe - und fragte nach Patti.. Pocke rief deshalb Patti an, die daraufhin vollkommen übermüdet zum Arzt hechelte.
Die Fastensuppe war tatsächlich richtig lecker. Die Konsistenz würde ich schlicht mit dem Wort „dünn“ beschreiben, dafür war die salzarme Plürre wenigstens mit gestifteltem Gemüse gesegnet. Mit Salz und Pfeffer aufgepeppt schmeckte sie sogar richtig lecker.
Das Abendessen, welches ansonsten lediglich aus einer Kanne Anis Fenchel Kümmel und zwei Orangenschnitzen für jeden bestand, war bereits abgeräumt, da rauschte Patti um die Ecke. Nach dem Gespräch mit dem Arzt hatte sie sich für ein Basenfasten statt des von uns praktizierten Heilfastens entschieden.
Ich denke, dass war eine gute Wahl von ihr. Denn im Gegensatz zu uns wiegt sie eher zu wenig. Für sie ging es in erster Linie darum, das Gleichgewicht in ihrem Magen Darm Trakt wieder herzustellen.
Die Serviererin meinte dann, dass Patti sich in den Hauptteil des Speisesaals setzen müsste, da das Servieren der basischen Speisen für die Heilfaster nicht so gut wäre. Befürchtete sie etwa Tumulte? Jedenfalls wollten wir anderen drei Patti nicht allein im Speisesaal für die nächste Woche sitzen sehen, so dass wir uns aufdrängten, mit ihr sofort in den Hauptsaal umzuziehen.
Wir versicherten der Serviererin, dass es uns nichts ausmachen würde, zwischen all den Leuten mit der basischen oder gar Vollkost zu sitzen. Die Serviererin war allerdings so freundlich, uns ganz hinten am äußersten Rand dieses Raumes zu platzieren. Das war also nun unser Tisch für die nächste Woche.
Nachdem Patti dann mit ihrem Essen fertig war und wir unsere Kannen Anis Fenchel Kümmel hineingequält hatten, blieben nur noch 4 Wassergläser mit einem weißen Pulver darin über. Das Bittersalz! Meine Löwin und Patti nahmen diese Hürde sofort zu dieser Gelegenheit, während Pocke und ich uns zierten. Wir beriefen uns auf den Doktor, der eine Einnahme frühmorgens empfohlen hatte. Jedenfalls wusste meine Löwin zu berichten, dass dieses Bittersalz nicht so schlimm wie Glaubersalz sei.
Wir blieben noch ein bisschen sitzen und mutmaßten, was uns in dieser Woche so alles blühen würde. So nach einer halben bis ganzen Stunde hatte meine Löwin es plötzlich eilig, auf ihr Zimmer zu kommen.
Für den Ausklang des Abends wollten wir zusammen im Appartement Fernsehen schauen. Während meine Löwin noch an ihr Zimmer gefesselt war, gingen Patti und ich mit Cooper raus, Pocke war nach dem opulenten Abendmahl zu schlaff. So konnte ich Patti beim Koffertragen helfen, denn ihr Gepäck hatte Pocke am Nachmittag nicht ausgepackt, da er verständlicherweise nicht mehr mit Patti gerechnet hatte.
Hinterher saßen wir alle Vier ziemlich abgeschlafft vor der Glotze und schauten „Last Vegas“, einen wunderschönen Film mit Robert de Niro, Michael Douglas, Morgan Freeman und Kevin Kline. Meine Löwin musste nach der Hälfte des Films aufbrechen, irgendein Zwang zog sie in ihr Zimmer, genauer gesagt ins Badezimmer.
Ich schaute mir noch mit Patti und Pocke das rührende Happyend an, dann schlich auch ich auf mein Zimmer und las noch ein paar Seiten in meinem Buch. Mein Magen knurrte nicht, als ich das Licht ausmachte und mich schlafen legte.

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