Das war auch in Ordnung so, denn das lenkte mich ein wenig ab von dem unangenehmen leichten Brennen an der Einstichstelle. Nebenbei fiel mir auf, das ich die Anstalt mit Uphoff und von Wagner früher schon mal besser fand. Der Auftritt der Auschwitz überlebenden Frau passte so gar nicht zum sonstigen Sarkasmus, der die Anstalt ansonsten so herausragend erscheinen lässt. Mit solchen Auftritten - war ja nicht zum ersten Mal - kommt so eine gewollt emotionelle Seite in die Sendung, was hier eher verstörend wirkt.
Ich denke, die Dame, die sich zeitlebens für die Opfer des Naziregimes engagiert hat, hat eine solch billige Effekthascherei nicht nötig. Das Publikum zeigte sich auch dementsprechend betroffen und berührt. Nach der Sendung fährt man dann wieder mit dem Touareg nach Hause mit der Gewissheit, auf der richtigen Seite der politischen Meinungsbildung zu stehen.
Kaum war die Anstalt vorbei, machte ich die Glotze aus. Skeptisch schaute ich auf die Infusionsflasche. War da überhaupt etwas heraus gelaufen? Dieses Zielen und Zwicken nervte mich mehr und mehr. Um nicht vollends zu hyperventilieren, musste ich mich ablenken.
Da blieb nur noch das Buch über. So schnell mein Fernsehabend bislang auch vergangen war, jetzt zog es sich etwas hin. Gegen 1.00 Uhr klingelte ich nach der Schwester, denn offenbar hatte sie die ganze Konstruktion nicht richtig befestigt. Der Schlauch schlängelte sich so wird auf der Bettdecke, da konnte ja nichts durchlaufen. Das Ganze zu entwirren traute ich mich aber nicht.
Die Nachtschwester entpuppte sich als Kinderschwester, denn nebenan war die Entbindungsstation. Da war mir natürlich alles klar. Aber weit gefehlt. Denn die Schwester erklärte es auch gleich unmissverständlich. Das Penizillin kam kaum in die Vene rein, weil diese mittlerweile zu sei.
Sie nahm die Infusion weg und ängstigte mich noch kurz mit der Aussage, das morgen wohl ein neuer Zugang gelegt werden würde, sie könnte das jetzt nicht so einfach machen. Aber erst einmal war ich jetzt erlöst und konnte schlafen.
Des nächsten drehte ich mich mehrmals. Immer noch achtete ich auf eine höher zu legende rechte Wade. Dazu packte ich das rechte Bein aus der Bettdecke heraus, weil ich mir irgendwie das "kühl lagern" gemerkt hätte.
Beim Wecken gehen 6.00 Uhr am Morgen war meine Freude groß. Die Ärztin hatte offenbar entschieden, das einen Infusion mit Penizillin nicht (mehr) notwendig sei, da es sich nicht um eine Thrombose handle. Der Zugang sollte jetzt ersatzlos entfernt werden. Meine Laune hob sich um einige Meter.
Danach das übliche Prozedere. Blutdruck messen und Temperatur. 120:78 und 37,2 waren die Werte. Ich verrichtete meine Morgentoilette, las die Nachrichten auf Spiegel Online. Derart erforscht, konnte das Frühstück ruhig kommen. Die beiden Brötchen verschlang ich förmlich.
Nach dem Kaffee wartete ich gespannt auf die morgendliche Visite. Der schnauzbärtige Oberarzt erschien denn auch wieder mit der herben Schönheit, seiner Kollegin. Zu meiner Erleichterung bestätigten beide Ärzte die Einstellung der Beigabe von Penizillin. War ja nun auch wirklich nicht mehr nötig, nur hochleben sollte ich das rechte Bein weiterhin.
"Später" sollte der Zugang entfernt werden. Der Doc zeigte mir noch die Vene Presse, die ich 100mal am Tag durchführen sollte. Das ist nichts anderes als die Zehen für ein paar Sekunden anzuspannen und dann wieder zu entspannen. Das würde ich wohl noch so hinkriegen. Ansonsten wollten sie von mir eine Kernspintomographie haben, um die Art der Einschlüsse im Muskel erkennen zu können.
Hier tauchte wohl zum ersten Mal der Begriff "Baker Zyste" auf. Ob es sich bei den Einlagerungen um Blut oder Wasser handelte - das MRT würde es zeigen. So schnell wie möglich sollte ich hierfür einen Termin bekommen, und zwar in der Klinik Salzdahlumer Straße, da das St. Vinzenz diesen Service nicht bieten könne. Kurze Zeit später berichtete der Doc dann mit froher Miene, das ich Glück hätte, denn den Termin hätte ich bereits am nächsten Morgen um 11.30 Uhr. Ein Taxi würde mich hinfahren.
Als die Ärzte wieder draußen waren, schöpfte ich weiter Hoffnung. Bald würde ich hier rauskommen, das Schlimmste hatte ich offensichtlich bereits überstanden. Ab jetzt würde ich den Aufenthalt in der Klinik als Kuraufenthalt betrachten können.
Horst hatte ich versprochen, dass ich mich bei ihm melden würde. Dieses Versprechen wollte ich unbedingt einhalten, denn ich hatte ihn nach nur einem Tag in mein Herz eingeschlossen. Natürlich kam es da noch zu einer Verzögerung.
Kurze Zeit nach der Visite, ich schlürfte gerade noch einen Tee vom Flur, ging die Tür auf und die Schwester führte ein junges Pärchen herein. So lernte ich Sven kennen, meinen neuen Mitbewohner. Bei dem Mädel (Karina) handelte es sich um seine Ex Freundin, die mit ihm immer noch freundschaftlich verbunden ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen