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Donnerstag, bis 18.00 Uhr muß ich da arbeiten. Ich freute mich richtig auf den Feierabend und kaufte unterwegs noch ne Tüte Chipsfrisch. Käse dazu und das eine oder andere Bierchen. Entspannt saßen meine Löwin und ich auf dem Sofa. Es lief auf Blueray „Salt“ mit Angelina Jolie. Der Film, den wir bisher noch nicht zu Ende gucken konnten.
Der Film lief so 20 bis 30 Minuten, da klingelte das Telefon. „Soll ich rangehn?“ fragte ich meine Löwin rhetorisch. Ohne eine Antwort abzuwarten, schnappte ich mir das Telefon. Dann drückte ich beim Player auf die Pausentaste.
Der Anruf kam aus Florida. Die Schwägerin von Walter meldete sich jetzt telefonisch. Gerade in dem Moment, als alles überstanden war. Es war mir offenbar nicht vergönnt, die Angelegenheit zu den Akten zu legen.
Die Schwägerin hatte meinen Brief nur über Umwege erhalten, da sie selbst vor ein paar Jahren umgezogen ist. Sie wohnt zwar noch in der Nähe, aber in dem alten Haus wohnt nunmehr ihre verwitwete Schwiegertochter.
Der Sohn ist wohl vor 2-3 Jahren verstorben, aber seine Witwe hat den Brief erhalten und nicht lesen können, da in deutscher Sprache abgefaßt. Deshalb dauerte es auch ein paar Tage, bis die Schwägerin endlich meinen Brief bekam.
Zusammen mit einem Schreiben vom Amtsgericht Braunschweig natürlich. Die Schwägerin versicherte mir, das sie die Erbschaft ausschlägt und die entsprechende Erklärung zum Amtsgericht schickt.
Sie wollte mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben, weil sie sich nicht mehr fit fühlt und auch nicht nach Deutschland kommen kann.
Sie sagte mir auch, das sie sich anfangs über meinen Brief geärgert hatte, weil sie ihn unverschämt fand. Ich erklärte ihr die näheren Zusammenhänge noch einmal und verschwieg ihr auch nicht, dass Mutter und ich uns mittlerweile zerstritten hatten.
Das fand sie bedauerlich. Wir sprachen fast eine Stunde über Dieses und Jenes. So erfuhr ich zum Beispiel, dass Walters Frau zusammen mit ihren 2 Schwestern als Waisen aufwuchsen. Walter selbst war ja auch Waise gewesen, hatte aber kein Moos an den Füßen und war wohl deshalb froh, seine Frau kennengelernt zu haben.
Diese Vermutung äußerte die Schwägerin nicht direkt, aber es klang doch irgendwie durch. Darüber hinaus bezeichnete sie Walter als pfiffig, was man als schlitzohrig oder böswillig als berechnend verstehen könnte.
Wobei ich immer noch nicht glauben mag, dass Walter irgendjemanden wirklich böswillig schädigen wollte. In meinem Fall dachte er sich bestimmt, dass ja genug Geld da sein müßte und Mutter das Geld mal schnell so eben von der Bank holt, um alles zu bezahlen. Damit hat er sich wahrscheinlich beruhigt.
Ein Familienmensch war Walter aufgrund seiner Vita eh nicht. Auch blieb seine Ehe kinderlos. Eine Verantwortung Mutter oder gar mir gegenüber aufgrund des „geplatzten“ Testaments fühlte er sicher nicht. Die Pfiffigkeit bestand hier wohl darin, das er mir bewußt nichts erzählte.
Walter machte das 2000er Testament wohl nur, damit ich die Seebestattung organisiere. Er wollte sicherlich „bei seiner Frau sein“. Das hatte er ihr wahrscheinlich am Totenbett versprochen.
Ich wurde dazu mit den Krügerrand geködert und Mutter wurde mit der obskuren Vollmacht beruhigt. Schließlich war Walter im Heim als Waise aufgewachsen. Heimkindersyndrom möchte ich meinen.
Die Schwägerin jedenfalls betonte mehrmals, dass sie Mutter nichts Böses wolle. Im Gegenteil, sie war erfreut, das Walter nach dem Tod ihrer Schwester wieder jemanden gefunden hatte und so viele glückliche Jahre verleben durfte.
Aber – und jetzt kommt es – sie äußerte ihre Besorgnis, dass Mutter die Wohnung verlieren könnte, wenn das Amtsgericht aufgrund ihrer Niederschlagung die Vermögensverhältnisse genauer unter die Lupe nimmt.
Denn ihre Schwester war wohl als alleinige Eigentümerin der Wohnung im Grundbuch eingetragen. Walter hatte noch eine Wohnung in der Weststadt. Aber die gemeinsame Wohnung mit seiner Frau, die er nach dem Tod seiner Frau an Mutter verkauft hatte, hätte er laut der Schwägerin gar nicht verkaufen dürfen.
Die Schwägerin konnte sich nicht erklären, wie Walter dies über den Notar (den er schon seit Jahren kannte und der mittlerweile verstorben ist) hinbekommen hat. Da kam ich natürlich auch gleich ins Grübeln. Pfiffig. In der Tat.
Und das wäre auch der Grund ihres Anrufes gewesen, da sie Mutters Telefonnummer nicht hatte. Zum Schluß des Gesprächs verstanden wir uns besser. Die jeweiligen Standpunkte waren nun klar und die Schwägerin schien zufrieden. So auch ich.
Ich versprach ihr, Fotos, die ich noch habe, zu schicken. So endete das Gespräch in angenehmer Atmosphäre.
An den Film war für meine Löwin und mich natürlich nicht mehr zu denken. Wir redeten noch lange über die für uns neue Information über die Wohnung. Jetzt war uns auch klar, warum Mutter so panisch darauf bestand, die Telefonnummer oder die Adresse der Schwägerin zu bekommen.
Es ging nicht um „liebe Worte“, die sie schreiben wollte. Sie wollte partout verhindern, das ich mitbekam, was mit ihrer Wohnung ist.
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