Samstag, 31. Dezember 2011

Hasil Adkins

Buddy Holly, Eddie Cochran oder Chuck Berry: Welcher Rockabilly Sänger und Gitarrist am stilprägensten ist, darüber könnte man stundenlang streiten. Aber für die Psychobilly-Welle ab Beginn der 80er Jahre muß man immer an Hasil Adkins erinnern. Er machte wie die genannten Größen in den 50ern die ersten Aufnahmen, ohne allerdings damit Erfolg zu haben. Bis zu den Cramps und Co.
Hasil Adkins wurde am 29.04.1937 in Boone County, West Virginia geboren. Bis zu seinem Tod kam er nie aus Boone County raus; Er wohnte dort sein ganzes Leben lang. Er war das jüngste von 10 Kindern eines Bergarbeiters und wuchs während der großen Depression in bitterer Armut auf. Nach eigenen Angaben erhielt er erst mit 4-5 Jahren sein erstes Paar Schuhe. Gehungert wurde in der Familie viel. Angeblich besuchte er als Kind lediglich 4 Tage die Schule.
Der kleine Hasil hörte im Radio gerne Musiker wie Jimmie Rodgers oder Hank Williams und dachte, dass die Musiker alle Instrumente selber spielen würden. Der Autodidakt beschloss, es ihnen gleich zu tun und haute auf Milchkannen, Eimern und Pfannen ein – was so da war. In einem Nachbarhaus sah er zum ersten Mal eine Gitarre. Er war sofort fasziniert. Und als die Erwachsenen besoffen genug waren, durfte er auch mal Gitarre spielen.

Seine Eltern erkannten sein Talent; Aber erst im Teenageralter bekam Hasil seine erste echte Gitarre, weil die Familie vorher dafür kein Geld hatte. Bis dahin hatte Hasil sich aus Stacheldraht, Eimern und ähnlichem notdürftig selbst Instrumente zurechtgezimmert.
Der depressive und hyperaktive Hasil begann Ende der 50er unter primitivsten Aufnahmebedingungen seine Songs aufzunehmen. Dieser Garagensound, lediglich mit Schlagzeug und Gitarre instrumentiert, kam natürlich für ein breites Publikum viel zu früh. Seine Texte über Hot Dogs, Aliens und Chicken waren dazu auch zu obskur für die geordnete Welt der 50er, so dass auch ein Abstecher nach Kalifornien erfolglos bleiben mußte. So blieb er in Madison, Boone County, und nahm bis Ende der 70er seine Tapes auf. In der Umgebung spielte er dann noch auf den örtlichen Honky Tonks – mehr war nicht drin.
Von seinen Aufnahmen, die ab den 60er und 70er Jahren vermehrt auch Country- und Blueselemente enthielt, schicte er immer eine Kopie an den amerikanischen Präsidenten.  Und tatsächlich erhielt er von Richard Nixon einen Dankesbrief!

Letztendlich entdeckt wurde Hasil dann von Billy Miller und Miriam Linna, den treibenden Kräften der A-Bones, gegen Ende der 70er. „She said“ wurde durch das Cover der Cramps zu seinem bekanntesten Song und auf einmal lief es. In den 80ern konnte Hasil endlich von der Musik leben und trat sogar in Film und Fernsehen auf.
Ab den 90ern wurde es ruhiger; Die Psychobilly-Welle schwappte ab. Hasil Adkins veröffentlichte auch weiterhin Platten, nun aber wieder außerhalb des allgemeinen Hypes.. Schließlich wurde er Mitte April 2005 in Madison von einem Teenager mit einem Quad überfahren und verstarb wohl daran am 25.04.2005.

Wenn man wissen will, was Rockabilly, auch Rock `n` Roll musikalisch ausmacht, kommt man an den Aufnahmen von Hasil Adkins nicht vorbei. Der brutal raue und nackte Sound reduziert die Musik aufs Wesentliche. Schmückendes Beiwerk wie Bläser oder gar Streicher sind dann lediglich eine Ergänzung, häufig schmieren sie einen schlechten Song noch zu etwas Hörbarem um.
Aber ohne Gitarre, Schlagzeug und einem „hungrigen“ Sänger macht das alles keinen Sinn.
 

Sonntag, 25. Dezember 2011

Hartmudo: Hauy


Am 21.12.2011 ist Hauy verschieden. Der Krebs war stärker. Ich bin traurig. Viele Kollegen sind traurig. Hauy, Du fehlst. Normalerweise sagt man: Du fehlst uns.

Doch bei Dir ist es was anderes. Du fehlst. Nicht nur mir oder uns. Du fehlst der Stadt – Salzgitter. Auch denen, die Dich nicht kannten,. Du fehlst. Und passt.

Zum ersten Treffen auf der Bavaria-Alm musstest Du lachen. Ich sollte mi9ch am Bahnhof in BS mit Vati und Ka-Zwo treffen. Doch ich kannte diese Typen gar nicht.

Die mit der 5Liter Dose im Arm. Die wirst Du schon erkennen.“

Und so war es auch. Bis Bad, wo Hauy und die Andern zustiegen, waren wir schon an der 2. Dose. Volle Druckbetankung bis dahin. Und heiter gings weiter. Oder die Demo in Hannover. Die Kaffees am Morgen. Und überhaupt.

Du brachtest sie alle zusammen. Nicht wegen der Tipprunde. Einfach so.

Gin Widgemore finde ich einfach gut. Ich weiß noch nicht mal, ob Du dies mochtest oder kanntest. Aber ich muss bei diesem Song an Dich denken, Hauy. Frag nicht warum.

Du weißt ja: Manchmal fängt man den Bären und manchmal wird man vom Bären …

Samstag, 24. Dezember 2011

Little Richard

(zuerst veröffentlicht 16.10.2002)
Am 5.12.1932 wurde Richard Wayne Penniman in Georgia geboren. Richard wuchs als eines von 12 Kindern in einer dreckigen Nebenstraße in Macon auf; Sein Vater Charles predigte das Evangelium jeden Tag, und nachts.... 11 Geschwister!
In dieser Umgebung – warum muß ich immer nur an Russ Meyer`s Mudhoney denken... - war das Singen von Spirituals allgegenwärtig und prägte somit wesentlich das Musikverständnis des jungen Richard. 

Schon als Kind sang er mit den Penniman Singers und Tiny Tots Quartett. Seine charismatische und hyperaktive Persönlichkeit machte ihn schnell populär, brachte ihn aber immer wieder in Schwierigkeiten. Seine homosexuellen Neigungen taten ihr Übriges. Der 15jährige Richard hielt es zu Hause nicht mehr aus und war Teil der Sugarfoot Sam`s Minstrel Show; Heute vergleichbar mit Rheumadeckenverkauf.
1951 schließlich gewann er einen Talentwettbewerb in Atlanta. Der Preis war ein Plattenvertrag bei RCA Victor. Die 4 entstandenen Singles sind leider verschollen.Dort lernte er aber Esquerita (Geheimtip!) kennen, der ihm einige Pianotechniken beibrachte. Im Winter 1952 wurde sein Vater ermordet (Mudhoney!) und Richard ging zurück nach Macon, um abends den Blues im Tick Tock Club zu zelebrieren. Tagsüber wusch er Teller in der Cafeteria einer Greyhound Station.
Ebenfalls 1952 traf Richard Bill Wright, einen Bluessänger aus New Orleans. Dieser hatte die Angewohnheit, sich bei seinen Auftritten Pomade ins Haar zu schmieren und die Tolle hoch auf dem Schädel aufzutürmen; Grelle Klamotten inclusive. Richard übernahm dies für seine Bühnenshow und machte dies zu seinem Markenzeichen.
Bis 1955 nahm er in Houston für Peacock Records insgesamt 4 Singles auf, darunter eine frühe Ausgabe von She`s got it namens Rice, red Beans and Turnip Greens. Auf den letzten beiden Singles wurde er vom Johnny Otis Trio begleitet.
Der Erfolg blieb ihm jedoch versagt, so daß er wieder als Tellerwäscher in Macon landete. Er schaffte es aber trotzdem, ein Demo aufzunehmen, das bei Art Rupe und damit bei Speciality Records landete. Art war sehr beeindruckt und verhalf Richard zu einer Aufnahmesession in New Orleans` J&M Studios, wo Fats Domino seine Dinger aufzunehmen pflegte.
Richard tendierte zum Slow Blues, merkte aber, das diese Aufnahmen nicht gut klangen. Der Producer Bumps Blackwell und Richard landeten dann in einer Pause im Dew Drop Inn. Mit ein paar Leuten und einem alten Piano startete Richard dort durch: Laut kreischend sang er seine Songs und hämmerte auf das Piano ein. Bei Blackwell machte es Klick, und – die Texte wurden gesäubert – nahm in den J&M Studios mit Richard Tutti Frutti auf. Die Geburt eines frühen Megastars.
Richard nahm in September und Oktober 1955 50 Songs, inclusive Alternative Takes, für Speciality Records auf. Art Rupe verwurstete dies zu 9 Singles und 2 Alben.
Alles, was er zwischen Anfang 1956 und Mitte 1957 aufnahm, wurde zum Hit und verkaufte sich wie warme Semmel. Für den Film „The Girl can`t help it“ schrieb er den Titeltrack, seine Shows waren ausverkauft und Touren ins Ausland folgten. Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes, mitten in einer Australientour mit Eddie Cochran und Gene Vincent, am 1.10.1957, stieg er plötzlich aus. In Huntsville, Alabama, begann er eine Ausbildung zum Prediger der „Seventh Day Adventist Church“. Speciality ließ ihn jedoch nicht aus dem Vertrag. Das Material reichte zwar noch für 1958, aber 25000 $ mußte Richard hinblättern, um sich freizukaufen.
Ab Januar 1959 tourte Richard als Gospelsänger und nahm für Gone Records dementsprechendes Material auf. 3 Jahre des Mißerfolges brachten ihn 1962 zurück zum Rock `n` Roll. Er tourte durch England, 1963 waren die Rolling Stones seine Vorgruppe. Viele Record Companies waren an ihm interessiert. Sie wollten aber nichts neues, sondern nur altes Material aufwärmen. 5 Sessions in dieser Zeit brachten keine Erfolge, die Zeit des wilden, verrückten Mannes mit der Tolle war vorbei. Immerhin machte noch sein Gitarrist dieser Phase Karriere: Jimi Hendrix übernahm von seinem Mentor den exzessiven Lebensstil.
Ich habe Spielfilme mit dem alten Little Richard gesehen; mehrere Revivals mit dementsprechenden Aufnahmen sind mir in Erinnerung. Aber die Power der Aufnahmen bei Speciality hat er nie mehr erreicht. Wenn ich Lucille höre, kriege ich nach wie vor eine Gänsehaut. 1957 verlor der Rock `n`Roll seinen markantesten Sänger. Was die Religion so alles anrichten kann... Aber so blieb ihm wenigstens der lange Abstieg eines Elvis Presley versagt.

Mittwoch, 21. Dezember 2011

Uncle Fester: Peter F. Hamiltons Void-Zyklus

Aaah ! Der neueste Zyklus von Hamilton. Hammer!
Der Zyklus spielt 1500 Jahre nach dem Commonwealth-Zyklus; viele daraus bekannte Gestalten tauchen hier wieder auf. Sie leben noch!
Im Zentrum der Milchstrasse befindet sich die „Leere“ . Es handelt sich hierbei nicht um ein schwarzes Loch, sondern ein künstliches Miniuniversum, welches undurchdringlich scheint und Sterne wie Bewußtseine frißt, um zu wachsen. Doch vor über 1000 Jahren dringt ein menschliches Siedlungsschiff in die Leere ein. Auf einem Planeten finden sie eine verlassene Stadt vor. Die Menschen lassen sich dort nieder. Die Stadt heißt Makkathran. 1000 Jahre später lebt dort Edeard, der „Waterwalker“.
Seine Lebensgeschichte wird portionsweise in den Zyklus eingestreut. Diese „In sich Story“ ist für sich genommen eine schwülstige Fantasy Story (Technik funktioniert in Makkathran nicht, dafür Magie – Telekinese/Telepathie), setzt aber so einen schönen Kontrast zum restlichen Geschehn, wo die Action sich gnadenlos und brutal austoben kann.
Inigo begründet die Religion der Living Dream Bewegung, weil er das Leben des Waterwalkers träumt. Ziel der Bewegung ist es, in die Leere vorzudringen und dort die Erfüllung zu erlangen. Aus zunächst unbekannten Gründen zieht sich Inigo zurück. 10 Jahre später startet der Hauptteil der Story.
     
Ethan ist Führer der Living Dream Bewegung und ruft zur Pilgerfahrt in die Leere auf. Milliarden Getreue wollen folgen. Dies könnte die Galaxis vernichten, da die Leere dadurch wachsen und die Milchstraße verschlingen könnte.
Aaron, die Kampfmaschine ohne Gedächtnis, weiß nicht, wer er ist und will es auch gar nicht wissen. Im Auftrag einer Fraktion von ANA – der Regierung des menschlichen Commonwealth – kidnappt er Corrie-Lyn, die ehemalige Geliebte des Inigo. Gemeinsam suchen sie nach Inigo.
Arminta macht sich selbstständig und ist in einen multiplen Menschen verliebt, der es ihr so richtig besorgt. Das sie die zweite Träumerin und als einzige in der Lage ist, die Anhänger von Living Dream in die Leere zu führen, ahnt sie zunächst nicht.
Der Physiker Troblum entwickelt im Auftrag einer Fraktion von ANA den erforderlichen schnellen Raumschiffsantrieb, der den Pilgern überhaupt erst den Vorstoß in die Leere ermöglicht. Arg zugesetzt wird ihm von Cat, einer fiesen Killerin aus den alten Zeiten des Commonwealth-Zyklusses sowie Marius, den Vertreter dieser ANA-Fraktion. Ebenfalls ein brutaler Killer.
Gegner von Marius ist u.a. der Delivery Man, der eigentlich nur kleine Aufträge für die Hauptfraktion von ANA ausführt, aber mit zunehmender Dauer des Geschehens aktiv werden muß.
Gore, seine Tochter Justine, Oskar und natürlich Paula Myo sind ebenfalls noch alte Bekannte aus dem Commonwealth-Zyklus. Genau wie Ozzie, die Silfen sowie das Volk der Raiel.
Die Vielzahl der Charaktere tragen erhebliuch zur Entwicklung der Story bei, bis gegen Ende des vierten Romans alle Handlungsstränge zusammenführen. Zwischendrin gibt es überraschende Wendungen, splatterartige Action und mehr und mehr Charaktere. Unterbrochen immer von der Lebensgeschichte des Waterwalker.
Eigentlich sind es ja nur 3 Romane, aber Bastei Lübbe hat den ersten und längsten Roman nochmal geteilt, um so zusätzlich Kasse machen zu können. Ein kleiner Wermutstropfen zwar, aber das wars auch schon an Negativem. An Hamilton müssen sich andere Space Opera Enthusiasten erst einmal messen lassen.

Montag, 19. Dezember 2011

Contramann: Piratenpartei geht auf Kurs


Am Wochenende des 3. und 4.12.2011 stimmten sich die Piraten auf ein Grundsatzprogramm ein. Für Contramann die Gelegenheit, einige Anmerkungen zu dieser neuen Partei loszuwerden.
Man muß wohl schon auf sie achten, auf die Piratenpartei. Angeblich ständen sie laut Umfragen bei 6-8%, wenn jetzt Bundestagswahlen wären.
Als Ziele beschlossen wurden insbesondere ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) nebst Mindestlohn, liberale Drogenpolitik, Trennung von Staat und Religion sowie ein fahrscheinloser öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV). Wegen der erstgenannten Forderungen sehen die Lei(d)tmedien die Piraten in Richtung links abdriften. Contramann fiel noch auf, dass die Piratenpartei sich auch gegen die Beschränkung von Managergehältern ausspricht.
Das ist nun wirklich nicht links und eigentlich auch nicht erwähnenswert, wäre da nicht die kleine Stimme in meinem Hinterkopf, die da „FDP“ flüstert. Denn die FDP hatte das BGE auch schon zur Diskussion gestellt. Und das Thema Managergehälter ausdrücklich zu erwähnen, weil es kein Thema sein soll, das ist der FDP näher als der Linkspartei.
Sensationell sind die Beschlüsse ergo nicht wirklich. BGE wie auch Liberalisierung der Drogenpolitik haben die Linken schon seit Jahren auf der Pfanne und sind dementsprechend im Thema. Wozu soll ich dann für diese Punkte eigentlich die Piraten wählen, zumal das Ziel beim BGE lediglich ist, Näheres von einer Expertenkommission klären zu lassen und eine Volksabstimmung darüber herbeizuführen. Höhe oder Finanzierung des BGE – da konnten die Piraten sich nicht drauf einigen. Zu Religion und Staat fällt Contramann nichts ein. Ich bin nicht mehr in der Kirche und zahle demnach keine Kirchensteuer. Wenn die Kirchensteuer ganz wegfällt, wird wahrscheinlich ne andere Steuer erhöht.
Eine Piratin auf dem Parteitag
Es gibt nun auch wirklich drängendere Probleme. Finanzkrise, globale Erwärmung, Bevölkerungsexplosion und und und. Hierzu habe ich von den Piraten noch nichts Konkretes gehört.
Schauen wir uns mal die Piraten als solches an: http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/parteitag-der-piraten-mit-laptop-ohne-lederhose-11551188.html . Wir sehen hier also den typischen Nerd, der schon als Kind alle Konsolen kannte und natürlich sämtliche Online-Rollenspiele. Abitur, Studium auf alle Fälle. Die Generation Facebook hat also die Politik entdeckt. In der Regel fehlt diesen Leuten dann doch die Lebenserfahrung, um den Bürger an sich einzuschätzen. Dies ist nämlich sehr wichtig, da in Deutschland eben nicht 80 Millionen Nerds leben, die ihre Freunde auf Facebook haben und sicher auch bereit sind, Leistung zu zeigen im Beruf. Auch mal andere Wege zu gehen bereit sind. Flexibel, was Arbeitszeit und Lebensmittelpunkt angeht. Sehr schön. Überwiegend Männer. Ein paar Frauen sind auch dabei wie die politische Geschäftsführerin Marina Weisband, eine 24jährige Psychologiestudentin.
Und da fragt sich Contramann, was wollen diese Kinder mir eigentlich erzählen? Vor 25 Jahren waren „wir“ auch elitär und intellektuell unangreifbar. Aber wir hatten nicht einen Großteil unserer Zeit mit Facebook und im Netz verbracht. Wir haben Fußball gespielt oder auch gesoffen. Und zwar auch mit Leuten, die eben nicht wie wir Abiturienten oder Studenten waren. Mit Leuten, die froh waren, dass sie nen Job hatten, um sich nen Auto leisten zu können. Da gab es auch Leute, die hatten schon Kinder. Die sahen wir dann nicht mehr so oft. Die waren ja auch nicht flexibel.
Genau das ist ein Punkt, der mich an der Generation Facebook stört: Der mangelnde Blick fürs Ganze. Das BGE ist ja ganz schön und läßt einem auch Freiheiten, um z. B. heute in Hamburg und morgen in Köln zu arbeiten. Ist ja auch egal, wo man ist, man kennt ja über Facebook oder Lokalisten.de genug „Freunde“. Aber leider ist das z. B. ab dem 1. Kind anders. Da heißt es Nestbauen, werte Nerds.
In diversen Foren bin ich dann auf Piraten gestossen, die in dem BGE ein Heilsversprechen, eine quasi religiöse Erfüllung sehen. Der eine meint, aufgrund seines Biorhythmus nicht vor 11.00 Uhr arbeiten zu können. Der nächste meint, mal hier 2-3 Std. arbeiten, dann mal wieder nicht, wäre so möglich. Und überhaupt kann sich dann jeder selbstverwirklichen. Und hat Zeit für wichtigere Dinge, z. Bsp. Für Reisen um den Globus.
Einer dieser Spezialisten – zugegebenermaßen ein Extremfall – lebt in Malaysia von einer (deutschen?) Entschädigungsrente. Und nebenbei ist er in politischen Foren zu Hause und twittert, was das Zeug hält. Weltklasse. Sind die Strände in Malaysia so groß, dass dort 80 Millionen Deutsche Platz haben? Aber halt – wenn wir alle dort sind, wer erwirtschaftet hier die benötigten finanziellen Mittel, damit wir uns dort die Sonne auf den Bauch scheinen lassen können?
Wahrscheinlich wäre es dann eher so, dass dort ein neues „Malle“ entstehen würde. Wie ich schon zuvor beschrieb, sind die meisten Mitbürger keine Nerds, höchstens Wutbürger, wenn sie endlich merken, dass das System ungerecht (mit ihnen) umgeht, weil sie z. B. den Job verlieren und keinen neuen kriegen. Es geht nicht einmal um die „bildungsfernen Schichten“, wie sie bei RTL nachmittags gezeigt werden. Die meisten „Normalos“ haben sogar nen Job, durchaus auch besser bezahlt als mancher Akademiker. Ein konkretes Auseinandersetzen mit Politik ist diesen Menschen aber zu langweilig, Konsum ist da wichtig. Alles andere ist egal. Das dies aber nur funktioniert, wenn man den „Mächtigen“ auf die Finger schaut, ist den meisten Leuten im RTL-Gewitter schon abhanden gekommen.
Immerhin ist dies den Piraten hoch anzurechnen, dass sich auch junge Leute politisch engagieren. Wenn die Schnarchnasen, die in einer realitätsfernen Umgebung leben, aus dieser Bewegung herausgefiltert sind, weil die Mehrheit der Piraten dann doch konstruktiv neue Politik machen möchte, dann ist die Partei auch für Contramann wählbar. Denn das BGE ist vom Prinzip her schon ein vernünftiger Ansatz und würde erhebliche, bisher anfallende bürokratische Kosten sparen. Aber die Hoffnung, das jeder mit der Zahlung von z. B. 1200,- € auch klarkommt, ist unrealistisch und zeigt mir, dass einige Piraten weltfremd sind. Was ist mit denjenigen, von denen RTL immer erzählt? Den Zigaretten rauchenden und Bier saufenden Asos? Doch, es gibt sie wirklich. Nicht so viele, wie Bild uns manchmal glauben lassen will, aber es gibt sie. Da ist dann nach einer Woche die Kohle weg. Sollen die dann hungern? Auf der Straße mit ihren Kindern leben? Das werden sicherlich auch die Nerds nicht wollen. Also brauchen wir wieder eine Art Sozialhilfe. Damit Bürokratie. Da würde es im Endeffekt ausreichen, den Hartz IV – Satz erheblich zu erhöhen.
Contramann könnte jetzt noch seitenlang weiter zetern, das ist aber müßig. Ein erstes Fazit ist, dass die Piraten gute Ansätze haben, die aber durch ihre Nähe zur Linkspartei auffallen. Insofern wären sie zur Zeit überflüssig, ja sogar schädlich, da sie die Position der Linken durch Wegnahme von Wählerstimmen schwächen. Bei den Piraten sind wohl Internet – Unternehmer sehr stark vertreten. Hier befürchte ich eine FDPsierung der Piraten, wenn sich die Spreu vom Weizen getrennt hat. Die „Sozialen“ werden zu den Linken abwandern, die ewig Unzufriedenen werden sich neue Betätigungsfelder suchen und wer übrigbleibt, lebt vom Internet und deren Freiheiten, die für diesen Personenkreis verständlicherweise wichtig ist.
Das wäre dann eine Klientelpartei reinsten Wassers. Weimar läßt grüßen.
Aber vielleicht schafft es Marina Weisband ja, die ganze Truppe zusammenzuhalten. Psychologie ist da gefragt. Contramann bleibt gespannt und …. sieht Frau Weisband als Gast in der Harald Schmidt Show. Neben ihr Charlotte Roche. Ich erfahre, dass sie zur Entspannung gerne mal zu Macces geht. Mit schlechtem Gewissen natürlich, aber immerhin. Ich gehe da auch hin – zu McDonalds. Aber ohne schlechtes Gewissen.
Das geht ja schneller, als ich dachte. Da sind die Piraten grade mal nen halbes Jahr in den Medien groß rausgekommen, da taucht ihre Integrationsfigur schon im Unterhaltungs TV auf. Contramann ist jetzt sehr skeptisch, was die Glaubwürdigkeit einer neuen Politikkultur angeht. Dann doch lieber Sarah und Oskar. Und Gregor, alter Schlemil.

Sonntag, 18. Dezember 2011

hartmudo: Der Abszess


Schon die Schreibweise mußte ich im Net nachschlagen. Zu mehr „Lektüre“ konnte ich mich nicht durchringen, denn ich habe einen Abszess bzw. gehabt. An einer Stelle, an der Männer sie in meinem Alter wohl häufiger bekommen. Frauen weniger. Ich spreche vom Enddarm; besser gesagt vom Ausgang.
Ende Oktober hatte ich wohl eine Magen- und Darmgrippe. Der Durchfall war ja nicht so schlimm, Bier- und Schnapstrinker kennen das ja. Aber das der Schließmuskel dauernd zucken wollte, obwohl schon alles draußen war, kannte ich noch nicht. Als die Sache immer schmerzhafter wurde, ja sich sogar neben dem „Ausgang“ so eine bald taubeneigroße Beule bildete, die beim Gehen und Sitzen schmerzte, war Hartmudo beim Arzt.
Nach ausführlichen Bluttests stand fest, dass es weder ein Geschwür noch irgendwelche Würmer, Bakterien, Viren etc. waren. Jetzt ist mein Hausarzt zwar Internist, aber kein Spezialist der Gastrologie. Da ich mein Problem auch nicht deutlich genug umrissen hatte, lautete die Vermutung auf Hämorrhoiden (Schreibweise musste ich eben im Net ...). Wenn es nach Auftragen der Salbe nicht besser werden sollte, wäre ein erneuter Besuch beim Arzt ratsam.
Dann ging noch ne Woche ins Land, dann die BiRe. Schon vor der BiRe wußte ich, dass ich bei Rückkehr sofort zum Arzt muß. Während der BiRe lief ich in 2 Nächten durch mein Schlafzimmer in unserer Ferienwohnung; Jeweils von Mitternacht bis 4. Nach dem Ausduschen hatte ich großes Aua beim Sitzen. Schmerzfrei war ich nur ab dem 2. Bier.
Kaum war ich also Montags in der letzten Novemberwoche zuhause zurück, fuhr ich schon zum Doc. Der verwies mich an einen Spezialisten, der die vermeintlichen Hämorrhoiden wegmachen sollte. Dienstags morgens beim Gastro beugte ich mich also auf einem Spezialstuhl so weit nach vorne, dass der Ausgang oben war und durch die Biegung meines Körpers frei zugänglich war. Der Gastro mit den blauen Gummihandschuhen diagnostizierte einen Abszess nebst Hämorrhoiden. Er empfahl mir, dies umgehend entfernen zu lassen. Am Besten im Krankenhaus.
Ohne lange zu überlegen, fuhr ich zum Ortsteil meiner Kindheit. Nach Melverode in die HEH Klinik. Als Kinder sind wir dort nen Hügel runter Schlitten gefahren. Jetzt ist dort die HEH, ein großer Krankenhauskomplex. An der Information verwies man mich an die Notaufnahme. Bis dahin glaubte ich an eine ambulante, schnelle OP und gut ist. So langsam wurde ich unruhig. Nach einer geraumen Wartezeit wurde ich in ein Zimmer geführt, bekam dieses Nachthemd, welches hinten offen ist. Dazu nen Einmalslip und Thrombosestrümpfe (Google …. Trombose …).
Kochsalzlösung träufelte in eine Vene, ich lag auf nem Krankenhausbett und schaute Two and a half man. Miten in der Sendung wurde ich Richtung OP geschoben. Vorher gab es noch die blaue Pille.
Ich vergaß zu erwähnen, dass vorher eine Auszubildende – ein sehr attraktives Mädel - die zu operierende Stelle ausrasierte. Ein skurriler Moment, noch dazu an dieser Stelle des Körpers. Fast so skurril dann die Fahrt in den OP: Ich sah nur die Decke – war wie im Film.
Das Betäubungsmittel ließ mich schnell einschlafen. Beim Aufwachen – gefühlt gleich danach – war ich schmerzfrei. In den kommenden 3 Tagen wurde meine 3 mal 4 cm große Wunde von den Schwestern mit Mullbinden verstopft. Die kleinere wurde vorher mit Kochsalzlösung getränkt. Nach jedem Duschen wurden mir die Strümpfe vom Azubi (männlich) wieder angezogen.
Ich sollte eigentlich schon Donnerstag entlassen werden, blieb aber noch einen Tag länger, weil ich Angst vor dem ersten Stuhl nach der OP hatte. Der erste Stuhlgang war der schlimmste. Ich hatte Angst ohne Ende. Beim Wischen blutete es sehr stark. Ich drückte unter der Dusche die Notruftaste. Die Schwester meinte aber, das wäre normal. Auf alle Fälle war ich sehr deprimiert. Diese Stimmung hielt sich auch am Wochenende.
Montags war ich wieder beim Gastro. Die Schwester schrieb mir kleine und große Mullbinden auf. In der Apotheke hatten sie diese nicht da, wollten sie abends aber liefern. Dann die Frage der Apothekerin: „Solen es elastische Binden sein?“
Häh? Elastisch? Hallo – die steck ich vor den After. Was soll ich da mit elastischen Mullbinden? Das sagte ich natürlich nicht, ich dachte es nur. Jedenfalls stellte sich dann heraus, das ich Mullkompressen brauchte. Wieder was dazugelernt.
Der Gastro entschuldigte sich, weil er es falsch aufgeschrieben hatte. 2 Wochen später kam auch eine Entschuldigung des operierenden Docs, weil die Mannschaft mich bei der Nachsorge im Warteraum vergessen hatte. 2 Stunden saß ich da rum!
Der Rest kurz: Die Fistel (ohne Google) wird wohl im März operiert. Bis dahin dusche ich die Wunde (wird immer kleiner) bzw. den rausguckenden Gummischlauch, der den Eiter der Fistel ableitet,morgens und abends aus. Muß ich zusätzlich noch „groß“ machen, dusche ich nochmals. Nach dem Duschen erst die kleine Kompresse mit Kochsalzlösung auf die Wunde. Dann wird die große Kompresse davorgeschoben. Damit das Höschen nicht zusuppt, klemme ich noch ne Vlieswindel davor. 4 Wochen nach der OP habe ich dann anfangs beim Sitzen noch Aua.
Aber Montag gehe ich wieder arbeiten. Zuhause wird es nicht besser. Und das Lebbe geht weider. Im März – oder später – kommt dann der nächste Schnitt. Und dann ist der Gummischlauch weg, der jetzt beim Sitzen immer so zwickt.
Und wenn das dann auch vorbei ist, dann kann ich endlich wieder radeln. Wenigstens habe ich bei dieser Aktion nochmals 2-3 Kilo abgespeckt.
Jetzt aber Schluß mit dem Jammern. Andere hatten dieses Problem auch. Und noch andere … siehe Achim.

Freitag, 16. Dezember 2011

Udorallala trifft Hartmudo: Achim

Ab und an stirbt ein bekannter Rockstar. Dann steht dies groß und breit in den einschlägigen Medien. Am 10.12.2011 verstarb Achim Bernhard an einer bakteriellen Infektion in Wolfenbüttel. Er wurde nie ein berühmter Star, lebte aber den Rock `n` Roll wie kein zweiter. Mit Mitte 50 trat er jetzt ab.  Udorallala erinnert sich.
Seit Anfang/Mitte der 70er machte Achim Musik. Der Keith Richards Fan verbesserte sich stetig. Mit Machine Gun stand er – so hatte er es mir mal gesagt – Anfang der 80er vor einem Plattenvertrag, als der englische Sänger ausstieg und zurück nach England ging.  Er spielte seitdem in verschiedenen Bands, ohne dabei den Erfolg zu suchen. Stones und Dr. Feelgood, das war sein Ding.
Ich lernte ihn erst später kennen. Musik und insbesondere die Stones waren sein Steckenpferd., das ging schon bis zur Religiösität. Bis Mitte der 90er Jahre hingen er und Pocke mit mir häufig ab. LPs wurden aufgelegt und die Songs dann bis ins Kleinste analysiert. Dazu gab es Bier und Jägermeister.
Ich habe noch das Bild vor Augen, als er am Tag der Niedersachsen in Wolfenbüttel mit der Plastiktüte vor mir stand. Darin befanden sich Bierpullen und die kleinen Spaßmacher mit dem Hirsch vorne drauf. Dies ist ein Eindruck, der sich in den letzten Jahren, in denen ich ihn vielleicht 1 – 2 mal gesehen habe, verfestigt hat.
Aber da war noch mehr: Anfang/Mitte der 90er habe ich Achim auch anders kennengelernt. Das anerkannte Mobbingopfer erzählte mehr aus seinem Alltag, von der Arbeit beim Landkreis Wolfenbüttel, auch vom Leben außerhalb der Mukke. Leider war der Kontakt über die Jahre eingeschlafen. Meist war ich zu schlaff, Achims Gesundheitszustand ließ Konzertbesuche auch nicht mehr so zu.
Der Spitzname war Drei Finger Achim, weil ihm in einer Sylvesternacht 2 Finger auf dem Heimweg nach WF abgefroren waren. Hohe Ansprüche stellte er an sein Gitarrenspiel, scheute sich aber auch nicht, mit Amateuren zu musizieren.
Um es einfach zu sagen: Was unterscheidet Achim von Kurt Cobain, Brian Jones oder Pete Townsend ? Nichts, aber auch gar nichts. Er lebte den Rock n Roll genauso intensiv. Bloß der Erfolg fehlte. Dafür aber war Achim jederzeit ein ehrlicher Rocker.
2 Szenen mit Achim möchte ich noch zum Besten geben:
Ende der 80er waren wir mit Pocke in Hannover, um dort die Lords of the New Church zu sehen. Pocke und ich hatten Achim einen ganzen Abend lang von dieser Supergruppe ehemaliger Punk-Größen vorgeschwärmt, die erste Platte hatte Achim dann auch mehr als überzeugt, das uns ein aufregendes Konzert erwartete.
Der Soundcheck, den wir vor Konzertbeginn durch die geschlossene Tür im Musikzentrum Bad in Hannover hörten, war absolut überzeugend. Dann ging es los. Stiv Bators kam auf die Bühne. Mit ner halb ausgelutschten Pulle Tequila. Die Band drehte die Regler bis zum Anschlag auf. Dann ging ein tierisches Gebrate los; Es waren keine Songstrukturen mehr zu erkennen. Fluchtartig verließ Achim den Saal, um vorne an der Theke ein Weizen nach dem Anderen zu lutschen. Derweil leerte Stiv den Tequila, wurde von der Bühne getragen, während irgendwelche Punks das Podest, auf dem der Mischer stand, zusammentraten. Ein denkwürdiges, wenn auch nicht gutes Konzert. Für Achim waren die Lords of the New Church danach gestorben.
Meine Lieblingsszene mit Achim ist aber diese:
Wir waren mit Tesla nach Hannover aufgebrochen, um dort Creedence Clearwater Revisited zu schauen. 40 Mark waren Mitte der 90er viel Geld für ne Nachspielcombo. Zwar waren noch der Bassist und der Drummer von CCR mit dabei, aber kein Fogerty. CCR und vor allen Dingen John Fogerty waren übrigens für Achim auch Vorbilder, die er verehrte. Jedenfalls stand ich dann neben Achim vorm Mixer in der überraschend vollen Halle. Der Sänger traf jeden Ton. Es war so, als ob Fogerty höchstpersönlich auf der Bühne stand. Und Achim und ich standen da, umarmten uns und hielten die Biere hoch. Richtung Bühne. Und sangen den ganzen Song mit.
„Rolling, rolling down the River!“
Das ist das Bild, das ich vor Augen habe, wenn ich an Achim denke. So werde ich ihn in Erinnerung behalten.
Achim, machs gut. Bis bald.

Montag, 28. November 2011

Carl Mann

(zuerst veröffentlicht 23.09.2002)
Am 22.08.1942 wurde Carl Mann in der Nähe von Huntingdon, Tennessee geboren. Der Sohn einer erfolgreichen Holzfällerfamilie wuchs mit klassischem Hillbilly und Honky Tonk auf. Schon 1950 bekam er eine Gitarre, trat mit 9 Jahren in der Kirche auf und nahm an Talentwettbewerben teil.
1954 gründete er mit gleichgesinnten Grünschnäbeln seine erste Band und lernte kurz danach Piano, weil keiner von ihnen klimpern konnte. Die Gigs fanden in Kirchen oder Schulen statt und Carl interessierte sich verstärkt für Rhythm & Blues. Der DJ Bill Haney brachte Carl dann mit Jimmy Martin in einem Studio in Jackson zusammen. Dieser hatte eine eigene Combo und nahm in dem dortigen Studio Sessions auf. Neben Carl Perkins hing dort auch Eddie Bush ab, der für die superbe Gitarrenarbeit auf Carl Manns` besten Aufnahmen verantwortlich zeichnet.
Carl hatte nun seine Kapelle zusammen. Er bezahlte die Session, ließ 350 Platten pressen und verkaufte diese auf den Gigs von Carl Mann & the Kool Kats. „Gonna Rock`n`Roll Tonite / Rockin` Love waren die Tracks dieser raren Single. In dieser Zeit entstand auch eine frühe Demofassung eines Songs von Nat King Cole: Mona Lisa.
Dieser eigentlich langsame Song wurde von Eddie Bush beschleunigt und somit zum Rockabilly Klassiker. Eddie und Carl entwickelten ihre Songs immer nach demselben Schema: Eddie begann auf der Gitarre und Carl folgte mit Gesang oder Piano. Jackson wurde nun zu klein für die Mannschaft und Carl ging nach Nashville.
Zwischenzeitlich hatte Jimmy Martin Sam Phillips kontaktiert. Dieser erkannte einen guten Song, wenn er ihn nur hörte – Rockin` Love. Carl war nicht aufzufinden und wußte von dem ganzen nichts. Der Späher von Sun sah ihn bei einem Gig im Cotton Bowl und war sofort begeistert von dem Mona Lisa Cover. Dieser Song wurde dann auch bei Hi Records eingespielt, wo Conway Twitty den unwiderstehlichen Groove erkannte und den Song selber für eine LP aufnahm.
Im März 1959 erschien dann die Single von Carl Mann – Sam Phillips investierte in neue Talente, da seine Stars zu den Majorlabeln abgewandert waren. Mona Lisa erreichte die Top 30 bei Billboard. Ein Megaerfolg für einen 16jährigen Teenager.  Übernacht war der Holzfäller zum landesweiten Teeniestar mutiert. Auftritte bei den berühmten Party Touren und Auftritte im Fernsehen folgten. Durch diesen Erfolg kam auch die Nachfolgesingle Rockin` Love in die Charts.
Doch Anfang 1960 war es dann schon wieder vorbei. Die Singles floppten, Phillips investierte in seinen neuen Star – Charlie Rich – und Carl griff zur Flasche. Zusammen mit seinem Kumpel Carl Perkins, mit dem er Anfang der 60er viel tourte.
Einen Sommer lang war er ein Star. 7 Singles machte er bei Sun. Aber bis auf Mona Lisa – noch dazu ein Cover – blieb in den Köpfen der Rockabilly Fans nichts hängen. Vielleicht war er einfach nur zu spät dran, da 1959 Rockabilly schon wieder aus den Hitlisten langsam, aber sicher verschwand. Geblieben sind aber hervorragende Aufnahmen, die sich durchaus mit denen von Carl Perkins oder Eddie Cochran messen können.

Dienstag, 22. November 2011

hartmudo: Das Bistro Bada Bing

jaaaa - Nudeln !
Zurück von der BiRe 2011 möchte ich jetzt einen Restauranttip abgeben. Nicht bei Rach oder Tim Mälzer haben wir uns bewirten lassen, sondern in einer Seitenstraße der Reeperbahn. Wir waren im Bistro Bada Bing.
Mitten in St. Pauli ist dieses außergewöhnliche Lokal zu finden. Von außen sieht es aus wie ein schmieriger Imbiß. Wenn Du dann den Laden betrittst und Dich hinsetzt, denkst Du, dass Du in einem schmierigen Imbiß sitzt. Schnell kommt die Bedienung und bringt die 0,33 l Flaschen Astra - eiskalt. Das Mädel ist in der Art der Damen der Herbertstr. ausgestattet.
Du bestellst bspw. eine kleine Portion Tagliatelle mit Steinpilzsoße - 3 Sorten Nudeln frei kombinierbar mit 4 Saucen - für 4,50 € und erwartest Buitoni - Tütenware mit Knorrfixsauce.
Und dann kommt der Chef persönlich. Ganz im weißen Koch Outfit bringt er einen Appetizer vom Haus. Bruscetta mit Kirschtomaten und Spritzern von Balsamicoessig. Wie beim Edelitaliener. Und so schmeckte dieser einzelne Bissen auch.
Das Bier ist dann schon ausgetrunken, eine zweite Runde wird nötig. Und das Essen ist immer noch nicht da. Aber dann kommt es. Auf einem gelben Glasteller befindet sich ein Berg von Tagliatelle - 4,50 € nochmals zur Erinnerung - garniert mit Spritzern vom Balsamico. Frischer, geraspelter Parmesan auf den Nudeln. Und ein ganzes Glas mit eben diesem Parmesan auf dem Tisch.
Um es kurz zu machen: Das Essen ist ein Traum. Und da ich vorher nicht wußte, das eine kleine Portion Nudeln nicht wirklich klein ist (Die große Portion kostet 7,50 €), hatte ich noch eine kleine Pizza Tonno bestellt. Die Hälfte davon hat mir einer abgenommen.Ich gab es ab, nicht, weil es schlecht war, sondern weil ich nicht mehr konnte. Dünner, schmackiger Teig mit ordentlich Thunfisch. Klasse.
Meine volle Empfehlung also für das Bistro Bada Bing, Paul-Roosen-Str. 19, 22767 Hamburg.

Samstag, 12. November 2011

Uncle Fester: PHILIP K. DICK BIOGRAPHY 1

(zuerst veröffentlicht 25.08.2005)
Am 16. Dezember 1928 erblickte Philip Kindred Dick das Licht dieser Welt – in Chicago. Es war eine schwierige Geburt, denn er und seine Zwillingsschwester Jane waren Frühgeburten und sehr schwach. Genau wie die Eltern Joseph Edgar und Dorothy – in finanzieller Hinsicht. Denn die wirtschaftliche Katastrophe, der Sturz der New Yorker Börse, stand unmittelbar bevor. Der extrem kalte Winter 28/29 war für die schwächlichen Kinder sehr schwierig. Und da die Alten keinen Schotter hatten, brachten sie die kranken Kinder erst 2 Wochen nach der Geburt ins Krankenhaus, wo Jane am 26. Januar 1929 verstarb, einen Monat nach ihrer Geburt.
Philip überstand diesen Winter und verzog mit seinen Eltern nach Berkeley, Kalifornien. Doch auch das angenehmere Klima konnte die Ehe nach 5 Jahren nicht retten. Nach der Scheidung zog Philip`s Vater nach Reno (alter Zocker), während Philip mit Mutter, Großeltern und einer Tante in Berkeley blieb.
Berkeley – damals schon das linke Zentrum der USA. Dies ist in seinen ganzen Romanen und Erzählungen deutlich erkennbar. Dieses Umfeld hat Philip nachhaltig geprägt.
1934 jedoch zog Philip mit seiner Mutter nach Washington zu Freunden, wo beide jahrelang wohnen konnten. Vielleicht hat er diesen Wechsel nicht verkraftet, da er sich an der Tagesschule weigerte, seine Mahlzeiten einzunehmen. So durfte er dann auch kurzzeitig eine Sonderschule besuchen.
Jedenfalls war er 1939 wieder back in Berkeley und entdeckte dort – durch Zufall – 1 Jahr später ein Magazin namens „Stirring Science Stories“, welches sein Interesse an dieser damals gerade aufkommenden Literaturgattung weckte. Ich denke, diese „Schundliteratur“, wie sie damals verächtlich bezeichnet wurde, hatte für die pubertären Jungs eine ähnliche Funktion wie später Rock `n` Roll oder Hip Hop. Das heißt: Anders sein als die alten Säcke, Mädchen sind doof, aber wenn ich diese Bilder im Playboy sehe, dann passiert da was in meiner Hose...
Und eins war damals genau wie heute – solche Hobbies kosten Geld. So arbeitete Philip während seiner Zeit an der High School in einem Schallplattengeschäft. Ein weiteres Interesse von ihm war nämlich die klassische Musik. Seine ersten Texte schrieb er denn auch für eine Radiosendung, die sich mit klassischer Musik befaßte.
Doch irgendwann geht der Ernst des Lebens dann los. Philip belegte einige Kurse an der Universität von Berkeley und studierte Germanistik(!) und Philosophie, wurde jedoch als Querulant exmatrikuliert. Proust, Joyce oder Thomas Mann zählten zu seinen bevorzugten Autoren. 1949 heiratete er Jeanette Marlin – Scheidung 1950. Fat Greek Wedding dann 1951 mit Kleo Apotolides. Nachwuchs produzierte er auch mit seiner zweiten Frau nicht.
ein junger Dick
Zu dieser Zeit lernte er den Herausgeber vom „Magazine of Fantasy and Science Fiction“ kennen. Auch Anthony Boucher schrieb Texte für eine Radiosendung der klassischen Musik und überredete Philip, selbst Kurzgeschichten zu schreiben. Im Oktober 1951 kaufte Boucher dann auch die erste Kurzgeschichte von Dick – ROOG, die allerdings erst 1953 veröffentlicht wurde.
Trotzdem war dies der Startschuß für Philip K. Dick. Er schmiß seinen Job im Schallplattengeschäft, um fortan sein Glück als Schriftsteller zu suchen. Sein Output war enorm. Wurden 1953 schon 30 Stories veröffentlicht, so waren es 1954 achtundzwanzig und 1955 immerhin noch zwölf. Im Juni 1953 brachte er es sogar auf 7 Veöffentlichungen in 7 verschiedenen Magazinen! Nicht unerwähnt sollte dabei die Tatsache bleiben, das der junge Autor die Stories an den Geschmack der jeweiligen Herausgeber anlehnte, um diese dort auch verkaufen zu können. Trotzdem waren Perlen wie FOSTER, YOU`RE DEAD oder COLONY dabei.
Dick voll fit
An seinem ersten Roman SOLAR LOTTERY schrieb Dick monatelang und konnte diesen an den Verlag Ace verkaufen. Herausgeber war dort David Wollheim, der schon in den 30ern für Stirring Science verantwortlich zeichnete. Der Roman erhielt selbst in der New York Herald Tribune eine positive Kritik, zuufälligerweise von Anthony Boucher. Viel Kies gab es trotzdem nicht.
Denn Ace war stellvertretend für die miserablen Praktiken des amerikanischen Taschenbuchmarktes. Schlechte Honorare und der Verzicht auf sämtliche Rechte waren die Regel. So sah Dick für Nachdrucke oder Auslandsausgaben keinen Schotter und mußte demzufolge schreiben, schreiben, schreiben.
FOSTER, YOU`RE DEAD wurde 1954 auch in dem russischen Magazin Ogonek veröffentlicht. Mitten in der McCarthy-Ära! So verwundert es auch nicht, daß Dicks` Briefverkehr von und nach Rußland vom amerikanischen Geheimdienst gecheckt wurde. Auch das FBI schaltete sich nun ein. Da seine Frau Kontakte zu linken Studentengruppen in Berkeley besaß, könnte er doch mal bitte eruieren, ob dort eventuell Gefahren für die Sicherheit der USA....
Ob dies ein Grund für die Scheidung von Kleo im Jahre 1957 war, habe ich bisher nicht eruieren können. Ein Jahr später jedenfalls heiratete Dick Anne Rubenstein, mit der Dick auch seine Tochter Laura produzierte.
Der Beginn seiner Ehe war auch gleichzeitig das Ende von Dicks´ erster Romanphase, in der EYE IN THE SKY und TIME OUT OF JOINT herausragende Werke darstellen, die auch bis heute nichts von ihrer Faszination verloren haben und stellenweise beängstigend aktuell sind.

Freitag, 11. November 2011

Uncle Fester: PHILIP K. DICK BIOGRAPHY 2

(zuerst veröffentlicht 25.08.2005)
Neben der Science Fiction versuchte sich Dick in den 50ern an Mainstream Romanen, die aber allesamt den Laden hüteten. Er war bereits als Genre-Autor verschrien und konnte diese während seines ganzen Lebens nicht nennenswert verkaufen. Das autobiographische Werk CONFESSIONS OF A CRAP ARTIST ist hierbei das interessanteste. Es erschien 1975 nochmal in einer gigantischen 500er Auflage.
Dick bei SF Convention
Philip K. Dick litt unter dem „writer`s block“ und schrieb zwischen 1959 und 1961 nichts mehr. Stattdessen arbeitete er in dem Juweliergeschäft seiner Frau, welches diese noch heute in Point Reyes Station betreibt bzw. bis an ihr Lebensende betrieb. Einige Erfahrungen hiervon flossen auch in THE MAN IN THE HIGH CASTLE ein.
Mit diesem Parallelweltroman läutete Dick seine zweite und umfangreichste Romanphase ein. Der Roman heimste den begehrten Hugo Award, eine Art Oscar der SF-Literatur, ein. In der Folge entstanden Romane, die Dicks` Ruf als Drogenautor begründeten oder die friedliche Revolution der Sixties intellektuell untermauerten: MARTIAN TIME-SLIP, THE SIMULACRA, THE THREE STIGMATA OF PALMER ELDRITCH, DR. BLOODMONEY, DO ANDROIDS DREAM OF ELECTRIC SHEEP?, UBIK.
Interessanterweise wurde Dick der Ruf eines Drogenautors zu Unrecht angehängt. Er schluckte zu jener Zeit lediglich Amphetamine, die von seinen Nieren wegen einer Funktionsstörung - angeblich – noch nicht einal verarbeitet werden konnten. Schließlich schrieb er innerhalb von 5 Jahren 16 Romane, um die Einkäufe seiner Frau bezahlen zu können, zu deren Begleichung er nach kalifornischem Recht verpflichtet war. An den üblichen Taschenbuchausgaben verdiente Dick nicht viel; aber Amphetamine waren damals halt billig. Nur einmal will er wirklich eine psychedelische Droge namens Sandoz probiert haben, wobei er auch einen wahren Höllentrip hatte. Ein zweiter „Drogenversuch“ war eher lasch; Dick merkte nicht einmal etwas davon.
Zwischendurch - 1966 – ließ sich Dick zur Abwechslung mal wieder scheiden, bloß um ein Jahr später Nancy Hackett zu heiraten; Aus dieser Ehe ging seine Tochter Isolde hervor. Erneut legte Dick von ca. 1970 – 1974 eine schöpferische Pause ein. Die Hippie-Zeit forderte nun auch von Dick ihren Tribut; Politik war während des Vietnamkrieges gerade in den USA für Andersdenkende Standortbestimmung und Religion zugleich. Er engagierte   sich in Bürgerrechtsbewegungen und fordere öffentlich die Absetzung von Nixon nach der Watergate-Affäre.
Was noch? Die 4. Scheidung 1972; Die 5. Heirat 1973 mit Tessa Busby; Das 3. Kind heißt Christopher. In 1972 war Dick wohl auch fertig mit der Bereifung. Vollkommen ausgebrannt und ziellos flog er im März diesen Jahres nach Vancouver und blieb dort. Er hielt auf einem Science Fiction Kongress eine bemerkenswerte Rede - „The Android and the Human“. Ein Selbstmordversuch scheiterte; Anschließend arbeitete Dick in einem Drogenrehabilitationszentrum. Erst als die California State University in Fullerton seine Papiere und Manuskripte ordnen wollte, kehrte Dick nach Kalifornien zurück.
Und dann beginnt 1974 mit der Veröffentlichung von FLOW MY TEARS, THE POLICEMAN SAID die dritte Romanphase von Dick. Auch dieser eher düstere Parallelweltroman wurde prämiert. Er erhielt den John W. Campbell Award als bester Roman des Jahres.
An diesem Meisterwerk arbeitete er allerdings schon seit Beginn der 70er.  Doch nicht zuletzt aufgrund der zuvor beschriebenen Vorkommnisse verzögerte sich die Fertigstellung. Dazu kam ein Einbruch 1971 in seinem Haus in Marin County. Irgendwie hatten amerikanische Geheimdienste herausgefunden, das Dick an einem Roman arbeitete, in dem die USA als Polizeistaat dargestellt wurde. Da war es nur folgerichtig, das es bei der Erstauflage zu  Unregelmäßigkeiten im Verkauf kam. Dick argwöhnte, das dieser Roman von den US-Behörden unterdrückt werden sollte. Schließlich galt er mittlerweile als Kommunist. Hierzu paßt auch folgerichtig, das die US-Army von der Erstauflage 236 Exemplare vorbestellte. Exakt die Anzahl, die deren kryptologische Abteilung für ihre Analysen benötigte. Ein Drittel der Auflage (ca. 2500 Stück) verschwand spurlos, so daß Dick hierfür kein Honorar sah.
Ridley Scott mit Dick
Zu jener Zeit schrieb er bereits an A SCANNER DARKLY. Dies ist wohl eher ein Mainstream denn ein Science Fiction Roman. Hier verarbeitete Dick seine Erfahrungen aus dem Drogenzentrum. Dieser Roman wurde erst 1977 veröffentlicht und markiert das Ende seiner dritten Romanphase. Andere in dieser Zeit veröffentlichten Werke hatte er bereits in den 60ern fertiggestellt, ohne sie erscheinen zu lassen.
Erschienen ist ihm im März 1974 die Offenbarung einer transzendenten göttlichen Macht namens Valis. Dies bedeutet Vast Active Living Intelligence System. Hier, in seiner vierten Romanphase, bricht er mit seinem vorherigen Schaffen.
Bis dahin zertrümmerte er in seinen Romanen und Kurzgeschichten die scheinbar objektive  Realität; Für Dick existierte nur die subjektive Realität des Individuums. Nunmehr beschrieb er das Wirken einer göttlichen Macht, die die Realität ständig neu gestalten kann.
Die Valis-Triologie erschien ab 1981; THE TRANSMIGRATION OF TIMOTHY ARCHER erschien 1982 posthum.
Dick hatte es endlich geschafft. Die Verfilmung von DO ANDROIDS DREAM OF ELECTRIC SHEEPS als BLADE RUNNER machte ihn auch außerhalb der Science Fiction Fangemeinde bekannt. Auch VALIS verkaufte sich dank des Filmerfolges prächtig. Seine finanziellen Probleme hatten sich erledigt.
Jahrelang hatte er nach der Wahrheit gesucht und glaubte sie mit Valis gefunden haben. Er war am Ende des Weges angekommen. Und am Ende seines Lebens.
Denn am 18.2.1982 erlitt er einen eigentlich leichten Schlaganfall. Ein zweiter brachte ihn ins Koma, aus dem er nicht mehr aufwachte. Am .3.1982 um 8.20 Uhr Ortszeit schalteten die Ärzte das Lebenserhaltungssystem ab, da sie keine Gehirnaktivität mehr feststellen konnten.
Endlich war er reich und berühmt – und tot. So wie für die Helden seiner Romane und Kurzgeschichten gab es auch für Philip Kindred Dick kein Happy End. Aber er hinterließ ein Werk, das in dem Bereich der Science Fiction herausstrahlt und unterstreicht, das in diesem Genre stellenweise die Realität besser aufgearbeitet wird als in der „hohen“ Literatur.

Donnerstag, 10. November 2011

Contramann: Bundesfreiwilligendienst 2 – Der Bock als Gärtner

Die ersten 100 Tage Bundesfreiwilligendienst sind um. Jetzt wäre es an der Zeit, die ersten Erfahrungen zu sichten. Eigentlich. Aber kaum ist das Thema aus den Schlagzeilen, da wird es schwierig, aktuelles Material zum Thema zu finden. Eine der wenigen Fundstellen, wo der Dienst hinterfragt wird, ist dieser: http://www.suite101.de/news/der-bundesfreiwilligendienst-flopt-a122125
Hier, wie auch in anderen Quellen, wird über die geringe Resonanz berichtet. Und das, obwohl im Frühherbst diese schöne Werbung im TV flimmerte. Endlich mal gefordert werden, hieß es. Gezeigt wurden Bufdis im Altenheim oder dieses hübsche Girl beim Vorlesen für eine Schar von Kids.
Mir fiel hierzu immer ein, das dies Tätigkeiten sind, die normalerweise eine Erzieherin macht. Aber ob im Kindergarten, im Altersheim oder im Krankenhaus: Das Stammpersonal soll sich wohl (gefälligst) auf die “wichtigen” Tätigkeiten konzentrieren. Die einfachen Tätigkeiten machen dann die Bufdis. Die Optimierung läßt grüßen. Durch Konzentration der schwierigen Arbeiten auf die verbliebenen Stammkräfte werden effektiv (teure) Stellen eingespart zugunste von Bufdis.
Und die Stammkräfte im Altersheim als Beispiel heben 8 Stunden lang die Alten aus dem Bett, wischen, waschen, machen und das ganze im Akkord. Kein Verschnaufen, kein Pläuschchen mit den Heimbewohnern. Kein Durchatmen damit während der Schicht. Da ist die Altenpflegerin spätestens mit Anfang 40 nicht mehr arbeitsfähig und kann zum Jobcenter gehen.
Aber hierzu wird man erst in den nächsten Jahren etwas hören können – das Medienkarussel muß sich ja weiterdrehen.
Heut morgen auf Spiegel Online dann noch diese Meldung: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,797040,00.html Ein Mann zeigt Kante – haben wir gelacht. Der ehemalige Vizepräsident der europäischen Zentralbank namens Papademos soll als griechischer Übergangspremier die von der EU diktierten Sparvorschriften für den griechischen Staatshaushalt umsetzen. Schön, dass die Gewinne europäischer Großbanken, unter anderem der Deutschen Bank, jetzt abgesichert werden können durch die nächste Tranche aus dem Rettungsschirm. Wäre doch schade, wenn die von den Großbanken gekauften griechischen Staatsanleihen – zum Schluß zu 40% des Nominalwertes hatte ich irgendwo gelesen – nach einer befürchteten Volksabstimmung und einem daraus resultierenden Austritt der Griechen aus der EU und vor allem dem Euro wertlos werden würden.
Waren die Banken doch so großzügig, auf 50% des Wertes der Staatsanleihen zu verzichten. Die verbleibenden 50% sollen aber direkt aus dem Rettungsschirm bedient werden oder was?
Ahaaa! Ich kaufe etwas zu 40% des Wertes und kriege dann 50% des Wertes Cash? Für mich sieht das nicht nach einem Opfer aus, eher nach einem guten Deal. Die Macht der Märkte halt, wie sie von unserer Kanzlerin jetzt häufig beschworen wird.
Alle jetzt aufwachen, bitte! Alle Gewalt – und damit Macht – geht vom Staate aus. Nicht von den Märkten. Und jetzt soll es in Griechenland ein Banker richten. Das riecht schon nicht mehr, das stinkt gewaltig. Wenn ich vor 5 Jahren von nem Berater der Deutschen Bank zur Anlage meines Sparkontos in Aktienfonds überredet worden wäre, hätte ich zuerst noch das Risiko der Bank absichern müssen. Der Trick besteht hier darin, dass mir als Kunden die eingezahlte Einlage garantiert wird oder gar ein Mindesgewinn garantiert wird. Von der Überschußbeteiligung soll ich dann träumen. Träumen, wohlgemerkt. Denn eine Beteiligung impliziert, dass ich nicht den ganzen erzielten Gewinn bekomme.
Na klar, das Risiko der Bank kostet. Und überraschenderweise ist der Überschuß hinterher bei Null, verstehste? Leg ich mein Geld mit vollem Eigenrisiko an, krige ich dann auch Geld aus dem Rettungsschirm? Wohl kaum.
Papandreo mag ein korrupter Idiot sein und die angekündigte Volksabstimmung eine Nebelkerze, vielleicht aber auch ein letzter verzweifelter Schachzug. Egal. Aber wenn 3 Finanzexperten einem Staat vorschreiben wollen, wie dieser zu wirtschaften hat, ist das nicht ein Eingriff in die Souveränität eines Staates? Wer herrscht denn hier? Das Volk über die gewählte Regierung, mag sie noch so korrupt sein, oder die Macht der Märkte? Schlimm ist das. Lasst die Griechen doch abstimmen. Auch die Bauern in den Gehöften, an denen der angebliche Aufschwung total vorbeiging – Tourismus ist da nämlich nicht. Die Preise für Grundnahrungsmittel sind aber trotzdem gestiegen. 200 Milliarden wurden in den letzten Monaten in die Schweiz geschafft? Warum wurde da vorher nichts abgesaugt?
Ich denke, den meisten Griechen würde es nach einem Staatsbankrott nicht schlechter gehen. Und die deutschen Touristen sind nach 3-5 Jahren um so zahlreicher da, weil der Drachmen so sensationell gut dasteht. Nur Herr Ackermann und Kollegen weinen. Und auch wir kleinen Steuerzahler, weil das Geld, das bis jetzt reingepumpt wurde, muß ja wieder reingeholt werden.
Also: Freiheit für Griechenland. Raus aus der EU, wenn sie wollen.

Montag, 7. November 2011

Hartmudo: Herbstwinde

07.11.2011: Große Ereignisse stehen an. Am Samstag den 12. gehen meine Löwin und ich zu Pispers. Und den Freitag drauf geht es wieder los. Die BiRe 2011 findet vom 18. - 21.11. in Wedel statt.
Das erste Mal so spät im Jahr. Sonst waren wir immer spätestens im September auf Tour. Da bin ich jetzt nochmal besonders gespannt. Immerhin ist es die 19. BiRe. Das bewährte Team ist wieder zusammen unterwegs, diesmal in einer Ferienwohnung mit TV und DVD Player. Die Unplugged von Udo nehme ich natürlich mit, Getränke kommen wohl von Astra.
Sonntags, fast schon zum Abschluß, werden wir noch HSV gegen Hoffenheim erleben. Not gegen Elend halt. Ich freu mich.
Vorher aber Volker Pispers.
Vorletztes Jahr waren meine Löwin und ich in Langenhagen bei nem Comedyabend mit Pispers als Conferencier. Es war Jürgens Geburtstag und auf dem Weg vom Auto in die Halle grratulierte ich ihm noch schnell per Handy zum Geburtstag. Schließlich ist auch Jürgen ein großer Fan von Pispers.
Auch wenn er nur die einzelnen Nummern ansagte, blieb dabei immer noch etwas Zeit, um den Einen oder Anderen anzureißen. Live auf der Bühne ist doch noch etwas Anderes als im TV. Da siehst Du überhaupt erst richtig, dass jedes Wort klar und deutlich gesprochen wird, mithin kontrolliert, und trotzdem wirkt es frisch und spontan. Ich freu mich drauf.
Viel los also im Herbst. Und es startet morgen mit einem „Nachmittagstee“ bei Pedder. Das wird der erste richtige Hopfentee seit Ilkas Geburtstag vor eineinhalb Wochen. Mich plagten die Krampfadern im Popo. Sitzende Tätigkeit halt. Also immer schön schmieren.
Aber es gab auch schon schönes im Herbst. Headcat am 18. Oktober in Berlin zum Beispiel. Lemmy ist einfach Lemmy. Egal was er macht – es klingt wie Motorhead. Diesmal mit besseren Songs, aber immer noch sein Gesang und der Bass als Rhythmusgitarre. Slim Jim trommelte da so nebenher, Danny war an der Gitarre kaum zu hören. Und ich hatte die Anderen verloren, so dass ich das Konzert alleine sehen mußte. Lag vielleicht an den Köpi-Dosen während der Fahrt nach Berlin. Unmittelbar vor Konzertbeginn, draußen vor der Halle mit dem Schultheiß in der Hand, drückte mir Hasi noch nen Schierker Feuerstein (großer Flachmann) in die Flosse.
Goldener Oktober also. Sonniges Wetter tagsüber und ein angenehmer Wind. Herbst ist doch die schönste Jahreszeit. Jetzt am Wochenende der Spieleabend bei Phils Tante. Oder in der letzten Woche Kegeln anläßlich des Geburtstages von Dannys Schwiegervadder in Spe. Letzteres leider trocken wegen …. Naja, Aua halt. Tat mir leid wegen des Geburtstagskindes. Gern hätte ich mit ihm einen sichergestellt.
Aber dazu werden wir noch die Gelegenheit bekommen, mein Bester. Der Herbst geht bis kurz vor Weihnachten. Dieses Jahr bestimmt, denn wir hatten in den letzten 2 Jahren schon nen frühen Winter. An ein 3. Mal glaube ich nicht.
Ich vergaß noch das Tapas-Brunch am Sonntag. Nach Pispers. Dazu den Kamin an, während es draußen grieselt. So schön kann der Herbst sein.

Sonntag, 6. November 2011

Udorallala: Neues aus der Gruft

Letzte Woche stolperte ich bei Spiegel Online über einen Bericht von einer neuen CD. Lou Reed mit Metallica! Huch? Die Kritik war positiv, nicht sehr überschwänglich. Und nachdem Pocke mir dringenst von dieser CD abgeraten hatte, habe ich die Finger davon gelassen.
Ich versuch es gar nicht erst, ich möchte Onkel Lou in guter Erinnerung behalten. Mehr zu Onkel Lou demnächst, denn jetzt kommt.........
Chris Spedding! „King Mob“ heißt das Projekt, „Force 9“ die CD und Glen Matlock ist auch dabei. Der Drummer von den Pretenders und der aufstrebende Gitarrero namens Sixteen. Guck ins Video, dann weiss`e Bescheid, Schätzelein.
Als ich als Teenie zum ersten mal die St. Pauli Nachrichten in die Finger kriegte, wer war damals auf Platz 1 in der Hitliste dieser bahnbrechenden Zeitung? Chris Spedding mit „I hear you knocking“.
Halt, Halt, Halt. Das war natürlich Dave Edmunds. Da ging ja mal wieder einer mit mir durch!
Hartnäckig hält sich bis heute das Gerücht, dass dieser begnadete Gitarrist die erste Sex Pistols produziert hat – es waren allerdings nur die ersten Demoaufnahmen. Selbst bei den Wombles war er noch mit dabei. Heilandssäckle.
Chris Spedding habe ich immer gern im Auto gehört. Passt auch irgendwie da am Besten. Dieser etwas härtere Rock n Roll, immer mit gutem Songmaterial, ist irgendwie immer hörbar, mithin zeitlos.
Irgendwann in Berlin habe ich ihn zuletzt gesehen, Ende der 90er. Zusammen mit Urmel und Pocke waren wir da. Er spielte – wie üblich – nur Sachen von den wichtigen 3 Alben >Chris Spedding, Hurt und Guitar Graffiti< , das war auch gut so.Er bewegte sich kaum auf der Bühne, wirkte alles andere als frisch und riß den Gig so runter. Ich glaube noch nicht mal, das er breit war. Er wirkte nur müde. Anders als wir. Wir waren nicht müde, dafür aber nach einigen Schultheiß gut vorne.
Und jetzt nochmal dieser Versuch. Und dazu noch mit Glen Matlock, den Stuart Sutcliffe des Punk. Der Sound ist antiquiert, aber da kommt mehr Bewegung rüber als bei manch angesagter Britpopband oder was da sonst noch so angesagt ist.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Uncle Fester: Die unbenannte Katastrophen-Serie

Vor einiger Zeit habe ich diese beiden sehr guten Romane von Stephen Baxter verschlungen: >Die letzte Flut< und >Die letzte Arche<. Hier gibt es keine Aliens, keine Rätsel des Universums zu lösen oder keinen parallelen Geschichtsverlauf, in dem Deutschland und Japan den 2. Weltkrieg gewonnen haben. Keine Superwaffen oder neue Techniken, kein Cyberspace oder geklonte Menschen.                                  

Es geht nur um den Weltuntergang, den Unausweichlichen und den verzweifelten Versuch verschiedener Menschen zu überleben. Klingt düster und ist es auch.

Die Geschichte beginnt 2016 in einem modrigen Keller in Barcelona. Lilly, Gary, Piers sowie Helen mit ihrem Baby Kristie überleben die Befreiung nach fünfjähriger Geiselhaft durch katalanische Seperatisten.Im Laufe des ersten Romans halten die ehemaligen Geiseln den Kontakt untereinander, was der ganzen Geschichte zu einem tröstlichen Zusammenhang verhilft.

Und Trost brauchen die Menschen auch. Riesige Wasserbecken im Erdinnern brechen auf und überfluten nach und nach die Erdoberfläche. Baxter schildert sehr eindringlich die Bemühungen der Akteure, am Leben zu bleiben. Die Andeutung einer Kannibalengemeinschaft in China etwa ist äußerst gelungen – das Grauen wird greifbar. Anrührend ist dann der Moment, als die Spitze des Mount Everest auch noch in den Fluten versinkt und sich eine Handvoll Menschen mit ihren Flößen zu diesem Anlaß dort trifft. 32 Jahre später.

Im zweiten Roman geht es um den Versuch einiger ausgewählter Menschen, ihr Glück mit einer Weltraumarche zu versuchen. Diese Handlung verläuft zeitlich parallel; die Geschichten laufen sogar am Ende wieder zusammen. Ist es in der Flut die Weite des Meeres a la Waterworld, so spielt die Arche überwiegend in einem engen Raumschiff auf der Suche nach dem bewohnbaren Planeten.

Die große Stärke des Romans sind die Bilder, die Baxter mit seinen Worten herbeizaubert. Baxter hat sich sogar die Option für einen dritten Roman offengelassen. Ob es dann für die Menschen doch ein positives Ende gibt ?

Stephen Baxter ist Engländer und seit Anfang der 90er einer der wenigen englischen Autoren, die es verstehen, ein wenig Action aus ihrem verschrobenen Gehirn hervorzulocken. Aber da gibt es ja mittlerweile noch mehr hoffnungsvolle Schreiber, die einen John Brunner vergessen machen.