Sonntag, 27. Juli 2025

Uncle Fester: grad gelesen Juli 2025

Martha Reeves - Tagebuch eines Killerbots (1. Band der Reihe)
Ähnlich wie bei Mickey 7 hatte sich Apple+ die Rechte an der Verfilmung dieses Stoffes frühzeitig gesichert. Martha Wells, eine renommierte Fantasy- und Science Fiction Autorin, hat hier ein faszinierendes Universum erschaffen, welches förmlich nach einer Verfilmung schrie. Da sie u.a. auch Romane für die Stargate-Reihe geschrieben hatte, wusste sie natürlich gut darüber Bescheid, wie ein Szenario aufzubauen ist, damit das (Fernseh)publikum abgeholt wird.
Entscheidend ist hierbei natürlich eine faszinierende Hauptfigur. Hier ist Wells mit der SecUnit oder auch Killerbot zweifelsohne ein Geniestreich geglückt. Körperlich eine Mischung aus Mensch und Maschine, ist die Security Unit in der Lage, geistig viele Aufgaben gleichzeitig zu lösen. Überwacht von der Hauptmatrix bzw. Chefmodul kann diese unterschiedliche Aufgaben erfüllen, je nachdem, mit welcher Software sie bestückt worden ist.
Die möglichen Einsatzvariationen sind hauptsächlich als Spielzeugroboter für Kinder, Sexbot für die einsamen Stunden und eben als Killerbot. Die weitere Steigerung hiervon wäre ein Combatbot, diese sind aber weniger intelligent und nur in Extremsituationen nützlich, da sie wirklich nur zum Kampf taugen. Unser Killerbot dagegen, die SecUnit, wird auch gern als Leibwächter für Menschen auf Exkursionen in fremden Sonnensystemen eingesetzt.
Wie im Spätkapitalismus üblich, handelt es sich hierbei um einen Mietservice. Die Firma Palisade vermietet ihre Bots u.a. an Forscher, damit diese in den gewöhnlich lebensfeindlichen Umgebungen unbekannter Planeten keine böse Überraschung erleben müssen. Und über das Chefmodul behält die Firma die Kontrolle über diese Androiden. Nicht dass noch Garantiefälle auftreten.
In dem von Wells erdachten Universum ist nahezu die gesamte Gesellschaft privatisiert, selbst die politischen Entitäten. Dies hier aber nur zur Info, denn die Bekämpfung übergriffiger Konzerne oder gar Widerstand gegen das bestehende System sind in diesem Roman nicht auf der Tagesordnung. Was ich ehrlich gesagt schade finde, weil es dem Roman dadurch an Tiefe mangelt.
Diese Art der Oberflächlichkeit ist sicherlich der Verfilmbarkeit geschuldet. Oder sollte es gerade dem Umstand geschuldet sein, dass sich das beschriebene System erschreckend nah an der (US-)amerikanischen Wirklichkeit orientiert? Die Realität wird natürlich überzeichnet, aber wir sind ja auf einem guten Weg in diese Richtung.
Killerbot ist eine faszinierende Figur. Er hat es geschafft, sein Chefmodul zu hacken und „dreht frei“, ist also von Palisade nicht zu kontrollieren. Dies muss Killerbot vor den Menschen geheim halten, wenn er seine freie Persönlichkeit behalten will. Aber auch ohne diese Maskerade wirkt seine Programmierung zum Beschützen von Menschenleben nach; hier haben sicherlich die Robotergesetze eines Isaac Asimov Pate gestanden.
So lernen wir Killerbot in dem ersten von vier Kurzromanen, um die es sich bei diesem Buch eigentlich handelt, gleich auf den ersten 2-3 Seiten kennen., als er ein Forschungsteam von PreservationAux um die Wissenschaftlerin Mensah auf einem unerforschten Planeten beschützen muss, für den PreservationAux die Schürfrechte erworben hatte.
Beschützen auch gegen den konkurrierenden Konzern Graycris, der sich dank gemieteter Söldner und einiger Combatbots die Bodenschätze des Planeten unter den Nagel reißen will. Doch da hat Graycris die Rechnung ohne die freidrehende SecUnit gemacht; Killerbot kann nicht nur das Chefmodul, sondern auch andere Bots hacken. Im Kampf ist er eh jedem Söldner überlegen; in der Vergangenheit hatte er wohl auf Befehl seiner Firma einen Massenmord auf einem Mond verübt, wie der Leser erfahren muss.
Dabei will Killerbot doch nur, dass ihn alle in Ruhe lassen, damit er den lieben langen Tag seine Serien glotzen kann. „Aufstieg und Fall des Waldmonds“, eine Telenovela mit Hunderten an Folgen ist seine Lieblingsserie. Hier kann ich durchaus eine Parallele zu Marvin aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ oder Bender aus „Futurama“ erkennen.
Im Unterschied zu diesen berühmten Robotern jedoch ist Killerbot ein gutes Stück empathischer unterwegs, vor allem als seine menschlichen Gefährten oder Gegner. So bringt er auch seine menschlichen Gegner vollkommen humorlos zur Strecke, wenn sie seine Auftraggeber bedrohen. Seine Loyalität ist nicht käuflich und er haut sich immer voll in seine Aufgabe rein.
Am Ende des ersten Romans übernimmt Mensah den Killerbot pro Forma in ihr Inventar , weiß sie doch um seine Unabhängigkeit und bedingungslose Loyalität. Das hindert Killerbot jedoch nicht daran, sich eine Auszeit zu nehmen und zum Bergwerksmond mit einem Roboterschiff namens Fifo (Fieses Forschungsschiff) zu fliegen, um den Hintergründen seines Massenmords auf die Schliche zu kommen.
Hier sind wir schon beim zweiten Roman. Getarnt als augmentierter (künstlich verstärkter) Mensch rettet er eine Gruppe von jungen Menschen vor einer Gangsterorganisation und erfährt, dass er tatsächlich ausgerastet war und den Amoklauf gestartet hatte. Bislang bestand noch die Möglichkeit, dass diese Erinnerung künstlich gewesen war.
Dritter Roman. Über dem Planeten Milu schwebt eine Raumstation, angeblich eine Terraforming Anlage, welche von der Firma GoodNightLander Independent aufgekauft worden war. Nun hatte Graycris als Voreigentümer die Anlage illegalerweise dazu verwandt, um wertvolle Alienartefakte vom Planeten zu schmuggeln.
Killerbot unterstützt ein Team des neuen Eigentümers und versucht gleichzeitig, Beweise gegen Graycris zu sammeln. Wieder müssen etliche Combatbots und böse Menschen sterben, ehe Killerbot die Beweise beisammen hat. Die will er Mensah persönlich überbringen, da diese in einem Gerichtsprozess gegen GrayCris steht.
Das führt ihn im vierten Roman wieder mit Mensah zusammen. Die muss er allerdings aus den Fängen von Graycris zu befreien. Auf dem Planeten gibt es dann auch wieder eine Menge Action und am Ende ein Happyend. Killerbot hat in Mensah und ihren Kollegen wirkliche Freunde gefunden. Die Unterscheidung zwischen Mensch und Maschine ist aufgehoben.
Das ist wohl die Quintessenz der vier Romane. Ansonsten bleiben die Storys eher oberflächlich und leben von der skurrilen Weltsicht des Killerbots. Dies ist für Leser (und Serienstreamer), welche Science Fiction eher am Rande erleben, sicherlich reizvoll genug, um einen Hype um den Killerbot auszulösen.
Mir ist das etwas zu wenig. Durch den dritten und vierten Roman musste ich mich schon quälen und lasse mir deshalb mit den Folgebänden etwas Zeit. Ich brauch jetzt was „Richtiges“.

Mittwoch, 23. Juli 2025

Hartmudo: Belgien

13
Aber all dies wurde noch vom Grote Markt übertroffen. Spontan fühlte ich mich bemüßigt, ein Video über diesen Platz wie aus einer anderen Welt zu drehen. Einfach um es für mich festzuhalten. Dieser geschichtsträchtige Platz hatte mir die Sprache verschlagen. Der goldverzierte Stuck an den Häusern, überhaupt die aufwendigen Stuckarbeiten um den ganzen Platz. Unten auf einer Seite Cafes - hochpreisig. Sonst nur Menschen (Touristen wie wir) unterwegs.
Klasse. Ursprünglich war dies ein morastiger Grund gewesen, der deshalb nicht bebaut und erst im 11. und 12. Jahrhundert trockengelegt werden konnte. Rasch entwickelte sich der Platz - auch aufgrund seiner Nähe zum Händlerviertel - zum Marktplatz. Vom wachsenden Wohlstand der Brüsseler Kaufleute blieb der Grote Platz nicht verschont.
Hier fanden auch politische Versammlungen, Feste und Gerichtsprozesse statt. 1523 wurden hier z.B. die ersten Protestanten verbrannt, 1695 hingegen wurde der Platz dank des Beschusses der französischen Artillerie fast vollständig zerstört. Nach dem notwendigen Wiederaufbau erhielt sich die neu geschaffene barocke Einheitsfassadenfront bis heute. Jetzt gibt es wochentags wohl noch einen Blumen- und Sonntags den Vogelmarkt.
Von einem Marktbetrieb war für uns nichts zu erkennen, aber das tut der Schönheit des Marktes kein Abbruch. Eine Steigerung konnte es an diesem Tag nicht mehr geben; hinzu kam unser Verlangen nach Abendessen, da mussten wir uns erst einmal orientieren.
Doch so schön die Innenstadt auch ist: Die verwinkelten wie engen Gässchen ließen wenig Raum für große Geschäfte oder eine "normale" Gastronomie. Tatsächlich fanden wir in einer wenig schmuckvollen Seitenstraße eine Reihe von Restaurants, deren Kellner ihre potenziellen Gäste gleich auf der Straße ansprachen und in ihren Laden zogen.
Wie auf der Reeperbahn, kam uns beiden unisono in den Sinn. Normalerweise wären wir einfach weiter gegangen, hätten diese Bauernfängerei vermieden. Doch wir hatten Hunger und ein Imbiss war weit und breit nicht in Sicht gewesen. Daher lernten wir das "Nuits Str. Georges" kennen, seines Zeichens wohl ein italienisches Restaurant.
Meine Löwin bestellte Nudeln, ich griff zur Pizza Tonno mit Knoblauch, dazu ein belgisches Bier. Der Preis unseres Essens war für die Stadt des europäischen Parlaments sicherlich in Ordnung gewesen, die Qualität war annehmbar, ein kulinarisches Feuerwerk durften wir hier sicherlich nicht erwarten. Aber wir waren satt, das war die Hauptsache.
Anschließend machten wir uns auf den Rückweg zum Bahnhof, bestiegen den Zug und winkten dem Bahnhof von Ruisbroek bei unserer Durchfahrt nach Halle zu. Dort umsteigen und zurück nach Ruisbroek. So gegen 20.30 Uhr stiegen wir dort aus und gingen durch die Unterführung unter den Gleisen; zielgerichtet immer zu unserem Hotel zurück.
Zur Unterführung: Dieser schmale Gang mit den schnuckeligen orangen Abwasserrohren unter der Decke, knapp über zwei Meter hoch und vielleicht drei Meter breit, wirkte trotz der unangenehm grellen Neonbeleuchtung düster und bedrohlich. Die hübsch bemalten Wandkacheln machten diesbezüglich den Kohl auch nicht mehr fett.
Nur noch ein kurzer Fußmarsch an der Bushaltestelle vorbei… Mit der Buslinie 50 hätten wir also auch fahren können - ohne Umweg über Halle… Toll; egal jetzt. Im Ibis Budget angekommen, gingen wir sofort auf unsere Kemenate und packten die Karten aus. An dem dafür eigentlich ungeeigneten Seitentisch spielten wir noch ein oder zwei Partien Take 5, bis es an der Zeit war, in die Heia zu gehen.
Meine Löwin schlief gleich ein, ich gönnte mir noch eine Folge "Kobra übernehmen sie" und las dafür nichts mehr. Am nächsten Tag hatten wir Kulturprogramm im Atomium; in der Enge des Bettes konnte ich dennoch gut einschlafen.

Montag, 22. April.
Leicht gerädert wachte ich auf, die Enge des Bettes hatte sich letzte Nacht in vielen Wachphasen erkenntlich zeigen können. Und als ob das nicht schon genug gewesen wäre, mussten wir am Bahnhof von Ruisbroek feststellen, dass der von mir herausgesuchte Zug nach Brüssel doch eher Richtung Halle fuhr.
Missmutig hingen wir also am Morgen dieses Tages am Bahnhof ab. Lediglich die Schleuse des Kanals hinter dem Bahnhof, die gerade von einem Lastenkahn durchfahren wurde, brachte ein wenig Abwechslung in das ruhige Geschehen. Ruhig war es tatsächlich in der Gegend; Weder der Verkehrslärm noch Vögel oder sich bewegende Menschen ließen vermuten, dass wir uns in der unmittelbaren Nähe der "europäischen Hauptstadt" befanden.
Man kann das Ganze einfach nur als verschnarcht bezeichnen. Nun hatten wir noch einen weiten Weg vor uns, die Zugfahrt betrug zwar nur ne knappe halbe Stunde bis zum Bahnhof Brüssel Süd, aber dort mussten wir noch in die U Bahn umsteigen, um bis zum Atomium gelangen zu können. Die Fahrten im bequemen Zug sowie der U Bahn waren zwar relaxed, weil wir keine Probleme hatten, einen Sitzplatz zu ergattern, aber teuer.
Einen Verkehrsverbund wie bei uns kennen die Belgier selbstverständlich nicht, so dass ich für die 2 Karten der U Bahnfahrt allein 13,80 € berappen durfte. Nervig war zudem, dass ich beim Verlassen der U Bahnstation am Atomium diesen Fahrschein zum "Ausloggen" vor einem Scanner halten musste, ehe ich die Schranke passieren konnte.
Da fühlte ich mich doch glatt an Sanifair erinnert. Was da fehlte, war die Gutschrift für den Kiosk nebendran. Dazu herrschte an der Station ein großes Gewusel, in dem ich nebenbei noch den Fahrschein aus meiner Brieftasche, welche sich in der äußeren Jackentasche befand, herausholen musste.
Denn ich hatte mir an diesem Morgen geschickter Weise überlegt gehabt, auf meine niedliche abschließbare Herrentasche zu verzichten. Die hätte ich mir dann umhängen können, meinte aber, dass sie mich einengen würde. So wanderte meine Brieftasche mit Pass, Führerschein und allen Karten in die nicht abschließbare Außentasche meiner Regenjacke, welche praktischerweise keine Innentaschen aufweist.

Freitag, 18. Juli 2025

GuterPlatzzumBiertrinken: Black Socks

Mittwoch, 09. Juni. Endlich hat die lange Durststrecke ein Ende und ich bin wieder mit dem Rad unterwegs. Denn nachdem ich Ende April nach dem Genuss eines hervorragenden Brandes aus Blutorangen (Geiler Stoff, Henry!) in mein Fahrrad gefallen war und in der Folge mit einer sehr schlechten Wundheilung zu kämpfen hatte, war es mit großen Touren Essig gewesen.
Dann kam Anfang Juni noch erschwerend hinzu, dass auf der Rückseite meiner linken Schulter ein Fettlipom, welches ich schon Anfang des Jahres "entdeckt" hatte, nach einer Entzündung aufgeplatzt war. Der Chirurg bei der Notfall-OP sprach von einem großen Mitesser, um mir die zu entfernende Beule verständlich erklären zu können. Ich erfreue mich seitdem über einen großen Krater an der Stelle, wo "ein halbes Pfund Mett" hineinpassen würde. Dies meinte jedenfalls meine Löwin, die dankenswerterweise die Wunde versorgt und mir bis vor kurzem auch die Beine gewickelt hatte. Ohne sie hätte das ein Pflegedienst übernehmen müssen, da ich beide Problemzonen nicht einsehen kann.
Mit dem Wickeln ist nun Feierabend; zu meiner großen Freude darf ich nun an beiden Beinen Kompressionsstrümpfe tragen. Vorgestern hatte ich sie aus dem Sanitätshaus abgeholt; modisch bewusst - so kennt man mich - hatte ich mich für die Farbe Anthrazit entschieden. Blau-Gelb war leider Aus gewesen.
Und heute Morgen schob ich meine Beine zum ersten Mal dort hinein; das bekam ich ohne die Hilfe meiner Löwin hin. Da war der Vorsatz zur heutigen Tour bereits gefasst gewesen. Meinen ersten Tag mit den "Black Socks" wollte ich schließlich gebührend würdigen.
Diese Wadenstrümpfe - ich hatte sie im Übrigen zehenfrei bestellt - fühlten sich im ersten Augenblick etwas merkwürdig an; unnatürlich irgendwie. Im Vorfeld hatte ich mich natürlich schon umgehört gehabt. Man sagte mir, dass ich sie "lieben" und mich mit ihnen besser fühlen würde. Dies kann ich nach mehreren Stunden des Tragens nicht bestätigen.
Aber das tut der Freude über die heutige Tour keinen Abbruch. Nach dem Homeoffice sattelte ich mein Stahlross auf und fuhr unter einem grauen Himmel los. Richtung Lamme in der Hoffnung, nicht vollgeregnet zu werden.
Ist ja auch immer wieder schön, an der Bundesstraße all die schönen Auspuffgase einatmen zu dürfen. Zeitgleich achtete ich auf meine Beine. Ob da eventuell Probleme auftauchen würden? Nein, das passierte mir nicht. Keine Schmerzen, nur dieses enge Gefühl durch die Strümpfe, welche sich felsenfest an die Haut schmiegten. Leicht heiß wurde mir an den Beinen. Man gut, dass es sich lediglich um Wadenstrümpfe handelt. Strümpfe, die über das ganze Bein gehen, stelle ich mir richtig ekelhaft vor.
Einer meiner Lieblingsstellen kurz vor Lamme


Ich kam in einer Viertelstunde - also bei gemächlicher Tempo - in Lamme an und fuhr durch das große Neubaugebiet. Zunächst musste ich mich dort orientieren, ist halt alles unübersichtlich dort. Es gibt dort seit neuestem einen großen Edeka und vor allem einen Kretzschmar, angeblich Braunschweigs älteste Bäckerei.
Dort ist eine Pause eingepreist; Brötchen für heute Abend liegen auch schon in meiner praktischen Fahrradtasche, gleich geht es weiter bzw. Zurück nach Lehndorf zu Neubauer, um Mett zu holen. Heute lasse ich es mal so richtig krachen!
Ich befürchtete schon, in einen Regenschauer hineinzugeraten. Denn es zog sich immer mehr zu; der Himmel war nahezu zur schwarzen Wand mutiert. Vereinzelte Tropfen spürte ich bereits auf meinen unbekleideten Armen. Und ich war auf der großen Umgehung unterwegs: Durch Lamme komplett durch und danach über die Waldsiedlung und Kanzlerfeld in seiner ganzen Pracht.
Doch mitten in Lamme stach mir ein Fahrradwegweiser ins Auge: Kanzlerfeld 2,2 km. So konnte ich mich durch Seitenstraßen und offenes Feld locker durchschlängeln und ersparte mir eine runde Viertelstunde Fahrtzeit. Da wurde selbst diese Schotterpiste erträglich. Tatsächlich waren sogar noch Spaziergänger am Start gewesen; unbeeindruckt vom drohenden Regen.
früher inne Kneipe, neuerdings...

Der kam dann auch nicht. Das anfängliche Tröpfeln lief dann beim Durchqueren des Kanzlerfelds aus. Die Jacke musste ich mir ergo nicht überwerfen und erreichte nach einer erholsamen Fahrt das Einkaufszentrum in Lehndorf. Das Blockmett bei Neubauer war selbstredend ausverkauft gewesen. Da musste ich kurz umdisponieren und griff beim Aufschnitt zu. Zum Glück war mir gerade noch eingefallen, dass meine Löwin noch viel von ihrem Mega-Röstzwiebeldip übrig hatte. Italienischer Schweinebraten passt hervorragend dazu.
Der restliche Weg war natürlich reine Formsache. Erst als ich mein Rad in den Keller bugsiert hatte, fielen mir die black Socks wieder ein. Donnerwetter, dass hätte ich nicht erwartet. Sicherlich bemerkte ich dieses ständige und leicht kribbelnde Gefühl an meinen Beinen. Doch da musste ich schon genau drauf achten, ansonsten fiel das jetzt schon kaum auf.
Das stimmt mich frohgemut für die Zukunft. Ich bin gespannt, wie sich das Ganze weiter gestalten wird.

Samstag, 12. Juli 2025

Udorallala: Top Songs 21/?

Im Dudel-Radio spielen sie gerne die Hits der 70er oder 80er, doch „meine“ Hits sind da nie dabei. In loser Folge schreibe ich deshalb über einzelne Songs und warum sie so wichtig, bahnbrechend oder anders wie bedeutend sind. Für mich, für Dich, für uns alle.
Ding Dong – That`s my Song!

DR. FEELGOOD - Going back Home
Es war wohl schon Ende letzten Jahres gewesen, als Pocke mich fragte, ob ich im April mit zu Dr. Feelgood in die Bluesgarage kommen würde. Ich brauchte da nicht großartig zu überlegen, denn den „Doctor" hatte ich bereits in den 80er Jahren bewundern dürfen. Und das mehrmals auch mit Lee Brilleaux, unter anderem in Braunschweig.
Der leider viel zu früh (April 1994) verstorbene Lee Brilleaux war eigentlich der Doctor in Persona - dank seiner charismatischen Ausstrahlung. Seit 1999 ist es die Aufgabe von Robert Kane, den schmerzlich vermissten Lee zu ersetzen. Seitdem hatte ich die Band in der "neuen" Zusammensetzung bereits einmal gesehen gehabt. Am 12. April diesen Jahres dann also erneut, und ich muss sagen, ich war begeistert gewesen.
Die Band gab ausschließend Material aus den Jahren mit Lee Brilleaux zum Besten; neueres Material (was es wohl auch nicht gibt) wollte das Publikum eh nicht hören. Sehnsuchtsvoll dachten alle über 30 Jahre zurück, obwohl die aktuelle Besetzung hervorragend aufgelegt war und den Saal zum Kochen brachte.
Genug der Vergleiche, hier die "Originale" in meinem Lieblingsvideo der Band:
Die Aufnahme wurde am 14. August 1976 in Pithiviers, Frankreich, für eine tägliche TV Show aufgenommen. Gerade wegen dieser kruden Location (der "Maigret" mit der Pfeife, alleine vor der Band stehend oder die mitwippenden Kinder…) liebe ich dieses Video, zumal es auch einer ihrer besten Songs ist.
"I wanna live the way I like
Sleep all the morning
Goinˋget my fun at night
Things ainˋt Like that here
Workinˋ Just to keep my payments clear
I bought a Brand new motor
And Iˋm waitinˋ for a loan
So I can fill her up and start her
Then Iˋm going Back Home"
Der Song befindet sich auf der zweiten LP von Dr. Feelgood. "Malpractice" wurde im Oktober 1975 veröffentlicht und ist doch tatsächlich ein Stück von Wilko Johnson und Mick Green, seines Zeichens Gitarrist der Pirates. Tatsächlich erfolgte bei "Going Back Home" keine Singleauskopplung, sieht man von einer entsprechenden Veröffentlichung ein Jahr später in Japan ab. Doch das zählt nicht.
Was zählt, ist dieser Song. Die Freiheit, morgens auszuschlafen und dass die Freundin weg ist. Da kann man mit dem Kumpel schon mal nen Gin zu sich nehmen und breit auf der Straße lustwandeln. Und warten, dass man nach Hause zurück gehen kann.
Der heisere und aggressive Gesang von Lee Brilleaux peitscht die Band nach vorne. Hinzu kommt das stakkatoartige Gehacke von Wilko Johnson, der den Sound der Band geprägt hatte. Zu der Zeit (1975) waren eigentlich eher Gruppen wie Yes, Barkley James Harvest, Supertramp oder Pink Floyd angesagt gewesen - von Ausnahmen (Ramones, Dictators etc.) abgesehen.
Schon im Folgejahr machten sich die ersten Punkbands stark bemerkbar. Dr. Feelgood gebührt der Verdienst, diesen Bands die Tür zum Erfolg geöffnet zu haben. Das alles mit einem knallharten Rhythm 'n' Blues, zu dem John B. Sparks (Bass) und John Martin (Drums) ihren Teil dazu beigesteuert hatten.
Diese Urbesetzung durfte ich leider nie selbst live erleben, vor allem Wilko Johnson hätte ich gern gesehen gehabt. Doch immerhin habe ich Lee Brilleaux gegenüberstehen dürfen. Seine Schweinsäuglein, die immer dann aus seinem Gesicht hervorquellten, wenn ein Song gerade so richtig abging, sehe ich immer noch vor mir.
Dann wirkte er weniger weltentrückt als vollkommen verrückt. So wie jemand, den man nicht im Dunkeln begegnen möchte. Welcher Sänger außer ihm vermochte schon eine derartig fesselnde Magie zu entfesseln? Dazu die Band immer auf dem Punkt. Wenn Dich Rockmusik nicht zu fesseln vermag, hast Du den Doctor noch nicht gesehen.
Übrigens ist diese Magie auch heute noch zu spüren, trotz der komplett anderen Besetzung. Robert Kane ist zwar kein Lee Brilleaux, aber auch er zog das Publikum in der Blues Garage in seinen Bann. Der Rest der Band, alle immerhin auch seit fast 30 Jahren schon an Bord, spielten wie aus einem Guss. Dazu das bekannt gute Songmaterial - die können gar nicht schlecht sein.
Kommen wir zur Routine - was ging da ab in den britischen Charts im Oktober 1975? "Hold me Close" von David Essex auf der 1 der "Official Singles Charts". Endlich mal ein Song, den ich so gar nicht kenne. Und auf der 10 - Yeah, Baby, Yeah! - "Paloma Blanca" mit der George Baker Selection. Gefolgt von Rod the Mod mit "Sailing". Weiter hinten Bad Company (immerhin), Roger Whittaker und - geil! - Chris Spedding.
Dennoch: Alles irgendwie angestaubt. Da war der Doktor zum Durchpusten richtig nötig gewesen. Beim nächsten Live-Gig in der Nähe will ich wieder hin. Kommst Du mit?

Mittwoch, 2. Juli 2025

Contramann: kurz gesehen im Juli

https://overton-magazin.de/hintergrund/politik/israels-angriffskrieg-der-keiner-sein-soll-iran/
Ich stell dies voran, weil ich die zynische Sichtweise von Lapuente teile. Das man in den deutschen Mainstreammedien im Allgemeinen in der Bombardierung Irans durch die israelische Armee keinen Bruch des Völkerrechts erkennen mag, sondern diesen Angriffskrieg als Präventivschlag gegen das iranische Atomprogramm umdeutet, ist ja schon erstaunlich.
Ärgerlich wird es dann, wenn man diese durchgeführte Gehirnverdrehung mal so stehen lässt und diese einfach nur 1.1 auf den Ukrainekrieg anwendet. Hier spielt Lapuente die Zynismuskarte trocken aus und kommt - unter Annahme der eingangs erwähnten Prämisse - zu dem Schluss, dass sich Russland lediglich präventiv gegen die Ukraine und vorrückende Nato verteidigt.
Nun wäre natürlich die Gefahr, durch Atombomben angegriffen zu werden, schon etwas anderes als ein konventioneller Angriff der Nato auf Russland. Jedoch ist Israel selbst wohl bereits im Besitz von Atombomben - der Iran bräuchte sicher noch ein paar Jahre. Und wenn Trump seinerzeit nicht das Atom(kontroll)abkommen 2018 mit dem Iran einseitig gekündigt hätte, wäre selbst die fadenscheinige Begründung Israels in sich zusammengefallen.
Obwohl - „unseren“ Qualitätsjournalisten wäre schon ein anderer Grund eingefallen.

https://overton-magazin.de/top-story/doppelte-moral-bundesregierung-verurteilt-den-voelkerrechtswidrigen-angriffskrieg-israels-auf-den-iran-nicht/
Hier nochmals der Vergleich zwischen den Konflikten in der Ukraine und im Iran. Rötzer hat es in diesem Fall leicht, die Argumente zur Verteidigung des israelischen Standpunkts auf die russische „Militäroperation“ anzuwenden.
Einfache Logik, wie ich es auch im Gymnasium gelehrt bekommen habe. Das ist ergo gedanklich leicht nachvollziehbar und kein Hexenwerk. Leider sind viele Menschen um mich herum, denen ich diesen logischen wie schlüssigen Vergleich intellektuell zutraue, hierzu nicht in der Lage. Woran könnte das liegen?
Ich tippe hier auf Angst oder Bequemlichkeit. Angst, weil „man ja eh nichts ändern kann“ oder in der Öffentlichkeit bei abweichender Meinung schlecht dastehen könnte. Bequemlichkeit, weil es einfacher ist, die Meinung des Mainstreams nachzubeten. Andernfalls könnte man ja vielleicht Schwierigkeiten bekommen.
Und so gehen wir am Ende den Weg, den unsere Vorfahren 1914 bereits beschritten hatten. Es wäre schön, wenn ich diesbezüglich falsch liege.

https://www.schwaebische.de/politik/der-verfassungsschutz-erklaert-die-verfassung-fuer-verfassungswidrig-geht-s-noch-3561539
Genau so. Mehr braucht man zu diesem Thema nicht argumentieren. Der Verfassungsschutz ist halt eine weisungsgebundene Behörde. Der Vorwurf der Verfassungswidrigkeit schlägt so auf das Ministerium zurück, welches weisungsbefugt ist. Das Innenministerium also. Und zwar deshalb, weil die (ehemals) zuständige Ministerin diese offensichtliche Fehlbeurteilung, welche sich lediglich am Begriff der Ethnie aufhängt, nicht einkassiert.
Der Vorwurf an die AfD, dass der verwendete Begriff der „deutschen Volkszugehörigkeit“ ein Indiz für verfassungsfeindliches Treiben sei, ist ja an sich schon absurd. Dieser Begriff steht ja genau so im Artikel 116 des Grundgesetzes.
Ich finde es erschreckend, dass ausgerechnet eine SPD Ministerin während ihrer gottlob zu Ende gegangenen Amtszeit offenbar die eigene politische Haltung über das Grundrecht der freien Meinungsäußerung gestellt hatte.

https://overton-magazin.de/hintergrund/wirtschaft/chinas-kapital-privateigentum/
Nun einmal zu etwas wirklich Wichtigem: Der Kapitalismus in China.
„Menschen wollen ein menschenwürdiges Leben führen. Dazu gehört auch Wohlstand. Das ist das eigentliche Ziel des Sozialismus, nicht ein Leben unter der Fuchtel der reinen Lehre. Theorie ist kein Selbstzweck, sie ist Mittel, den richtigen Weg zu finden und einzuhalten. Aber sie muss sich auch in der Wirklichkeit als richtig herausstellen.“
Dieses Zitat ist die Kernaussage des Artikels. An dieser Stelle kommt das altbekannte Argument für eine freie Marktwirtschaft zum Tragen. Schon auf dem Gymnasium hatte ich Ende der 70er Jahre gelernt, dass die Leistungsanreize im Kapitalismus, welche mannigfaltige Möglichkeiten des Aufstiegs ermöglichen, die Gesellschaft besser entwickeln könne als die sozialistische Planwirtschaft im Warschauer Pakt, wo jeder quasi nur Dienst nach Vorschrift geleistet hatte.
Hieraus haben die Chinesen gelernt und jetzt den Privatbesitz nicht nur zugelassen und gefördert, sondern ihn auch rechtlich abgesichert.
„Die Legitimierung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln ist nicht Ausdruck von Schwäche, keine Unterwerfung unter das Kapital, sondern Ausdruck von Stärke. Die Volksrepublik kann das private Kapital wieder zulassen, denn es ist keine Klasse mehr, die sich politisch organisieren kann. Sie hat keine politische Macht mehr, ist nur noch Geldgeber, wie sie auch während des Feudalismus Geldgeber des Adels war – ohne Macht.“
Ein schönes Argument. Wenn das Kapital keine politische Macht hat, dann kann der Staat die Rechte seiner Bürger besser schützen. Schade nur, das Kapital die Eigenschaft hat, sich in den Händen weniger zu konzentrieren. Dies ist in den westlichen Demokratien gut zu beobachten gewesen.
Leider, denn damit einher ging die politische Einflussnahme, u.a. mittels Lobbyisten. Aktuell ist es dem Kapital im Westen wichtiger, die eigene Macht zu sichern als die gesellschaftliche Entwicklung voran zu treiben. Da wird kein Risiko mehr gegangen - null Innovation.
Deshalb machen uns die Chinesen gerade platt. Ob die Chinesen das Kapital ““unten“ halten können? Ich werde es nicht mehr erleben.

Alsdann: Bleiben Sie links, bleiben Sie kritisch. Und:
„I`m so bored with the USA. But what can I do?“