29
Aber gehen wir doch besser zurück zum 4. Januar in die Notaufnahme, und zwar zur Erfassung der persönlichen Daten. Nach dem ersten Check durch die Krankenpfleger saß ich konsterniert auf einem Stuhl. Das Anlegen des Gipsverbandes am rechten Unterarm und Nähen der Platzwunde auf meiner Stirn stand mir noch bevor.
Wichtiger als dies war selbstverständlich die genaue Aufnahme meiner Daten; dies wurde von einer Pflegerin protokolliert. Neben Namen und Krankenversicherung interessierte sie sich für den genauen Tathergang, der zu meiner Verletzung geführt hatte. Dies schilderte ich ihr in der situativ gebotenen Ausführlichkeit. Das kann ich nicht kurz und knackig.
Und eins hatte ich hierbei erwähnt: Es handelte sich um einen Arbeitsplatzunfall. Denn ich war ja mit dem Rad auf den Weg zum Bahnhof und damit zur Arbeit gewesen. Obwohl dies nicht meine Baustelle im rechtlichen Bereich ist, weiß ich, das der Weg zur Arbeit über die Unfallversicherung abgedeckt wird.
Da mich die Pflegerin richtigerweise als Beamten im Rang eines Privatpatienten einsortiert hatte, konnte sie den routinemäßig auszufüllenden Unfallbogen für die Gemeindeunfallversicherung (GUV) nicht verwenden und fragte eine Kollegin, wie denn jetzt zu verfahren sei. Da diese auch keine Antwort parat hatte, musste ein Kollege im Haus gefunden werden, der zu dieser frühen Zeit schon im Haus war und sich angeblich auch noch auskannte.
Dadurch verzögerte sich meine Behandlung um einige Minuten, bis die entscheidende Information offensichtlich eingeholt werden konnte. Und die lautete dahingehend, dass bei Beamten keine Meldung an die GUV erfolgt und deshalb auch nichts weiter zu veranlassen wäre. Um es hier klar darzustellen: Die Pfleger sagten mir explizit, dass für Beamte keine Meldung wegen eines Unfalls auf dem Weg zur Arbeit erfolgt. Oder anders: Für Beamte sei dies kein Arbeitsunfall im Sinne des GUV und würde ganz normal über Beihilfe und Krankenkasse abgerechnet.
Diese Information nahm ich zur Kenntnis; ich hinterfragte diese Information nicht, weil es mir in dem Moment gerade nicht so gut ging. Die mir da schon gestellte Diagnose eines Splitterbruchs des rechten Handgelenks beschäftigte mich zu 100%. Ich wollte die ganze Aktion einfach nur hinter mich bringen und nach Hause, wo ich mich verkriechen konnte.
In dem Behandlungsbericht der Notfallambulanz, der mir nach dem Anlegen des Unterarmgipses durch die behandelnde Notärztin von einer Pflegerin zum Abschluss ausgehändigt worden war, heißt es gleich zu Beginn bei den aktuellen Beschwerden lapidar: "Pat. sei heute auf dem Weg zur Arbeit vom Fahrrad gestürzt."
Die Folge dieses ganzen bürokratischen Prozederes in der Notfallaufnahme wurde mir leider erst sehr viel später klar. Das Krankenhaus stellte die normale Bescheinigung zur Arbeitsunfähigkeit aus; von einem Unfall war da nicht die Rede gewesen. Jetzt musste diese Bescheinigung nur noch zum Arbeitgeber gebracht werden.
Dies erledigte meine Löwin am Tag nach dem Unfall, am Donnerstagvormittag. Eine meiner Kolleginnen kam in den Eingangsbereich des Rathauses, um Laptop und die Arbeitsunterlagen in Empfang nehmen zu können. Das ging nicht anders, denn am Vormittag dieses Wochentages gibt es keinen freien Eintritt für den Bürger - Sprechzeit ist ab 14.00 Uhr.
Meine Löwin übergab alle Papiere aus dem Homeoffice an meine Kollegin und richtete Grüße an alle aus. Sie erzählte der Kollegin auch noch kurz eine Zusammenfassung der Ereignisse am Morgen des Vortages, auch dass der Unfall auf dem Weg zur Arbeit passiert war. Im Gegenzug nahm meine Löwin die lieb gemeinten Genesungswünsche entgegen. Sie vergaß aber auch nicht zu fragen, ob von mir noch irgendetwas zu erledigen wäre.
Meine Kollegin verneinte dies. Sie wollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterreichen; wenn noch etwas wäre, würde sich das Personalamt schon bei uns melden. Nach all der Zeit weiß ich nicht mehr, ob ich am Vortag beim Telefonat mit meinem Teamleiter erwähnt hatte, dass in der Notaufnahme keine Unfallmeldung aufgenommen worden war, weil dies ja angeblich bei Beamten nicht notwendig sei.
Der geneigte Leser ahnt es schon: Ich erwähne dies jetzt besonders, weil die Information über einen Arbeitsunfall natürlich auf dem Weg zum Personalamt verloren gegangen war. Die hatten lediglich eine stinknormale Krankmeldung erhalten und kümmerten sich nicht weiter darum. Hätten sie dagegen auch nur mündlich vom Arbeitsunfall erfahren, hätte das Personalamt mich sofort angerufen, weil bei Beamten die Kosten eines Unfalls zu 100% von der Niedersächsischen Versorgungskasse in Hannover übernommen werden, wie ich später erfahren sollte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen