Montag, 23. Juni 2025

Hartmudo: Belgien

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Ungeduldig warteten wir dann an der Rezeption auf den Mitarbeiter des Hotels, bis der irgendwann aus der Toilette auftauchte, derweil sich eine südosteuropäische Familie lautstark unterhielt. Der im übrigen sehr zuvorkommende Mitarbeiter des Hotels buchte uns dann für zwei Nächte; dank einer schnellen Registrierung im Ibis-Club sparte ich sogar noch ein paar Euro.
Unser Zimmer befand sich ebenerdig mitten in einem sehr langen und engen Gang, welcher, wie in amerikanischen Motels üblich, mit einem leicht zu reinigendem Teppichboden ausgestattet war. Den Schlüssel (keine Keycard) ins Schloss gesteckt, einmal umdrehen, öffnen und Voila! Mehr Sparen und Zweckmäßigkeit bei der Inneneinrichtung geht nicht.
Wenn ich mir das schnell geschossene Bild unseres Zimmers nach zwei Monaten noch einmal anschaue, war das Doppelbett wohl doch 1,60 Meter breit und nicht 1,40 Meter. Da aber nur eine durchgehende Bettdecke vorhanden war, relativierte sich die Bettgröße umgehend. Wir brauchten also eine zweite Decke, die wir sofort organisierten.
Organisiert hätten. Der zuvorkommende Mitarbeiter konnte uns leider nur mit einer Tagesdecke dienen, welche wir mit einem zusätzlichen Bettlaken ummantelten, so dass ich meine "eigene" Bettdecke erhielt. Wobei… eigentlich hatten nicht wir, sondern meine Löwin die Initiative ergriffen. Ich stand eher missmutig herum, ohne zu handeln. Da muss ich mich in Zukunft mal etwas wacher zeigen. Meine Güte, ich kiffe doch schon lange nicht mehr, warum so phlegmatisch?
Der Kompressor meiner Schlafmaske hatte einen langen Weg zur Steckdose zu bewältigen. Und dann blickte mich auch noch die Duschkabine in 50 Zentimeter Entfernung an. Das war aber auch eng in diesem Kabuff; lediglich für zwei Kleiderhaken, nicht aber für einen Schrank, war Platz vorhanden.
Die Krönung dieses prachtvollen Appartements aber stellte der Abort dar. Zwischen Zimmertür und der der an der Wand hingeflanschten Duschkabine war ja noch etwas Platz übrig. Da hatten sie eine Kloschüssel an die Wand gebracht, 2 Halter fürs Klopapier und "vorne" keine Tür, sondern eine nicht abschließbare, aber schwingbare Brettertür angebracht.
Vom Boden bis zur Decke - sieht man großzügig davon ab, die jeweils zwei bis drei Zentimeter breiten Lücken oben und unten als Nachteil zu empfinden. Wenigstens war dadurch immer für Durchlüftung gesorgt. Nicht dass die anheimelnde Raufasertapeten im Abort noch von einem Schimmelbefall bedroht werden könnte.
Wenn ich allerdings diesbezüglich an meine erst vor Kurzem überstandene Durchfallerkrankung denke, würde ich solch ein Zimmer in Zukunft auf keinen Fall buchen wollen - dies kann ich meiner Löwin nicht noch einmal zumuten.
Wir hielten uns aber nichts allzu lange im Hotelzimmer auf, denn es galt, die Innenstadt von Brüssel zu besuchen. Und die war laut Google ja auch nur 7 Km weit entfernt. Zum Vorortzug durften wir fast 5 Minuten latschen und verpassten den Zug natürlich um wenige Minuten - dank der Baustelle am Bahnhof von Ruisbroek.
Jetzt hieß es also eine Stunde in diesem Niemandsland zu warten, ehe endlich der nächste Zug kam. Mit dem fuhren wir nach Halle - einem größeren Ort in der falschen Fahrtrichtung, bloß um von dort Richtung Brüssel über Ruisbroek zu fahren. Das versteh einer; aber dank der deutschen Bahn bin ich in Fällen derartiger Mißlichkeiten mental vorbereitet.
Dieses unübersichtliche Hin- und Hergeeiere kostete natürlich ebenfalls ne Stunde - hatte ich schon erwähnt, dass die Innenstadt lediglich 7 km entfernt sein sollte? Ich zweifelte das dann doch stark an. Und dann wären wir fast eine Station zu früh in Brüssel-Süd ausgestiegen. Dies ist tatsächlich ebenfalls ein großer Bahnhof und Knotenpunkt von verschiedenen Bus-, Straßenbahn- und U-Bahn Linien.
Doch anschließend hatten wir endlich den Hauptbahnhof erreicht und freuten uns auf die Innenstadt von Brüssel. Davon war beim Ausstieg zunächst nichts zu sehen; die Umgebung erinnerte eher an den Bahnhof von Helmstedt. Wir mussten nach dem Verlassen des Bahnsteiges eine lang gezogene Kurve bergab - eine Straße mit Wohnhäusern, wohlgemerkt - laufen, immer den zahlreichen anderen Leuten hinterher, die mussten es ja wissen.
Und tatsächlich: Nach vielleicht 200 Metern passierten wir einen kleinen Flohmarkt. Alle Stände befanden sich unter viereckigen Zeltkonstruktionen im Einheitsstil. Rote Zeltwände, die bei Bedarf zurückgeschlagen werden können und dazu (nicht) passend türkisfarbene Dächer. Angeboten wurden hier Schmuck und anderes Kunsthandwerk - und dies garantiert gesichert das ganze Jahr über, kommen hier doch genügend Touris vorbei.
Die Preisgestaltung war dementsprechend; ich denke, dass dies eine gute Möglichkeit für Händler mit geringer Warendichte ist, um wenigstens dort verkaufen zu können, wo die Action ist. Ein "normaler" Laden im Zentrum von Brüssel dürfte für diese Händler in der Regel zu teuer sein. Natürlich signalisiert diese Flohmarktatmosphäre auch eine Schnäppchengefahr, welche tatsächlich nicht vorhanden ist.
Direkt hinter diesem Flohmarkt standen wir urplötzlich an einem höchst belebten Platz. Das malerische Kopfsteinpflaster wurde von zahlreichen Straßencafes flankiert. Diese waren brechend voll, so dass wir uns gar nicht erst die Mühe machten, uns dort über die Preise zu informieren. Den dringend benötigten Kaffee würden wir an anderer Stelle einnehmen müssen.
Kurz nach 18.00 Uhr - mehr als einen kurzen Eindruck würden wir uns an diesem Tag auch nicht verschaffen können. Aber dafür war ja morgen noch Zeit. Nach dem Atomium, denn dafür hatte meine Löwin über getyourguide bereits Tickets gekauft. Nun bewegten wir uns erst einmal in Richtung des hiesigen Grote Markts, welcher auch in jedem Touri-Führer gelistet ist.
Wir gingen über enge Straßen an ihren eindrucksvollen Fassaden staunend vorbei und stießen zwischendurch auf eine edle Passage, wie man sie in Deutschland nicht antreffen kann. Lichtdurchflutet aufgrund eines dank einer integrierten Drahtgitterstruktur imposanten Glasdaches reihten sich die etwas teureren Geschäfte Schaufenster an Schaufenster, immer die barocke flämische Fassadenstruktur beachtend. Luxus, wohin man schaut.

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