Freitag, 23. Mai 2025

Hartmudo: Belgien

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Es war auch an der Zeit, endlich mal die vielgerühmten belgischen Pommes in den Vordergrund unserer Nahrungsaufnahme zu stellen. In der "Fritbar Brugges", mitten in der Fußgängerzone, wurden wir fündig und konnten deshalb sogleich anhand der Gäste erkennen, dass Brügge vor allem auch eine Studentenstadt ist.
Kaum Touristen, dafür die wohl zukünftige Elite der belgischen Gesellschaft. Hier wird das Essen auf stylischen Plastiktabletts mit einer Papierauflage aus Reprints alter amerikanischer Zeitungen serviert. Die Bedienungen liefen in schwarzen T-Shirts auf, wobei mir der eine Kellner an der Theke direkt hinter uns ins Auge stach, weil er permanent auf seinem Smartphone rumdaddelte und nicht einen Handschlag machte.
Vielleicht handelte es sich ja um den Chef. Wenigstens war er gut tätowiert. Stylisch auch die Speisekarte, die es eben nicht gab. Die große Tafel an der Seitenwand musste reichen, über der Theke hingen ansonsten noch 3 Lappen mit den Getränke-Specials herunter. Eine Mischung aus belgischer und US-Amerikanischer Kultur, möchte ich meinen.
Die sehr guten und dick geschnittenen Pommes wurden in Pappschalen serviert, gleiches gilt für die von mir heiß ersehnte Frikandel. Süß war ebenfalls das Mayonnaise-Töpfchen aus Plastik. Abgerundet wurde das Diner-Feeling a la Brooklyn durch die Dose Coke, selbstverständlich ohne Glas, dafür eiskalt. Wir waren schließlich nicht im Ritz.
Doch auch wenn sich dies erst einmal schick anhört, so muss ich doch sagen, dass ich schon mal besser diniert hatte. Die Konsistenz der Frikandelstange ließ auf eine extrem lange Halbwertszeit schließen. Die Pommes waren am Anfang lecker, wollten sich aber nach wenigen Minuten in der Speiseröhre festsetzen, so dass die Dose Coke öfters eingesetzt werden musste. Und Mayonnaise allein reicht da nicht.
Doch genug der Vorbehalte - als quasi "McDonalds Premium Mitglied" bin ich so ziemlich der Letzte, der die Fritbar Brugges kritisieren darf. Nach dem Bezahlen gingen wir gestärkt auf die sonnenüberflutete Straße hinaus. Auf unserem weiteren Weg ins Zentrum überquerten wir einen Kanal, welcher sich wie in Venedig oder Amsterdam durch die Häuserzeilen zwängte.
Eine sehr schöne Idylle wurde uns hier geboten, doch es wurde noch besser. Über einen kleinen Seitengang erreichten wir einen Innenhof, welcher von alten Ziegelsteinbauten umrahmt wurde. Dieses Areal hatte etwas von einem ehemaligen Dienerhaus eines Adligen, so schön verwittert, aber auch gepflegt, wirkten die Fassaden auf uns.
Witzigerweise befand sich gleich im ersten Gebäude eine Apotheke, deren Eingang lediglich durch eine unauffällige rote Fahne am Gemäuer erkenntlich war. Im Hintergrund konnten wir über dieser Häuserfront sehr gut den Turm der Liebfrauenkirchen erkennen. Zum Glück musste ich da nicht mit hinein; Kirchen sind nicht so mein Ding.
Doch diese Liebfrauenkirche war ein weiterer Orientierungspunkt auf unserem Weg, der uns jetzt auf einer weiteren Einkaufsstraße zum Zentrum führte. Links H&M, rechts C&A. Nur das übliche Kopfsteinpflaster und die Backsteingotik der Häuserfronten gaben uns die Zuversicht, dass wir uns nicht in Minden oder Lüneburg befanden. Zudem wir in Laufrichtung auch schon unschwer den Turm Belfort erkennen konnten.
Schnell waren wir an den internationalen Ladenketten vorbei und standen endlich auf dem Grote Markt. Dieser wird durch eine Vielzahl an Bürgerhäusern mit ihren typischen Schmuckgiebeln (soo heißen die - bislang kam ich da nicht drauf) begrenzt. Ein zentrales Gebäude ist hier natürlich das Rathaus, was wiederum keine Sensation für eine mittelalterliche europäische Metropole darstellen sollte, lebten die Städte seinerzeit doch ausschließlich vom Handel.
In der Mitte des Platzes befindet sich ein bronzenes Denkmal für die beiden wohl bekannten belgischen Freiheitskämpfer Jan Breydel und Pieter de Coninck. Staunend standen wir ob der spürbaren Pracht vergangener Zeiten, waren allerdings nicht bereit, der reichlich vorhandenen Außengastronomie einiger Cafes einen Besuch abzustatten. Ich wagte es noch nicht einmal, auf die dortigen Preise zu schauen.
Nunmehr hatten wir mit 13.30 Uhr den frühen Nachmittag erreicht, so dass wir uns endlich in Richtung Hauptbahnhof zum Auto zurück bewegten. Wir dokumentierten die schöne Idylle aber noch mit einigen Schnappschüssen der Pferdekutschen und bunten Häuserzeilen.
Kurz bevor wir den Bahnhof und damit das Parkhaus erreicht hatten, kehrten wir vorsichtshalber doch noch einmal in einem typischen belgischen Cafe ein. Auf der Außenterrasse konnten wir das milde Wetter genießen und die freundliche Bedienung brachte meiner Löwin einen notwendig gewordenen Milchkaffee, für den ich mich auch erwärmen konnte.
Die Krönung für mich jedoch war Folgendes: Passend zum Milchkaffee genoss ich endlich eine der berühmten belgischen Waffeln. Ohne Puderzucker, dafür mit lecker Vanilleeis. So weit meine Erinnerung. Die Waffel war leider dermaßen mmhmm gewesen, dass ich doch glatt vergessen hatte, ein Photo davon zu schießen.
Derart gestärkt, ging es ab zum Auto und auf den kurzen Weg nach Brüssel, wo wir zunächst unser Hotel finden und dort einchecken mussten. Vorher tankten wir noch einmal schnell und schon ging es nicht durch Brüssel, sondern über schlechte Nebenstraßen in den verschlafenen Vorort von Brüssel, in dem wir ein Ibis Budget für zwei Nächte gebucht hatten.
Von großer weiter Welt war hier nichts, aber auch gar nichts zu spüren. Der besagte Vorort heißt Ruisbroek, die Gemeinde davor nennt sich Drogenbos. Es sah hier alles so wie in den späten Schimanski Filmen (die ohne Thanner) aus, welche ja auch zum großen Teil in Belgien spielten. Abgeranzt und menschenleer - zumindest an diesem Nachmittag kurz nach 16.00 Uhr präsentierte sich Brüssel nicht von seiner besten Seite.
Wie es bei Ibis häufig der Fall ist, erreichten wir das Ibis Budget über eine Nebenstraße und eine fast versteckte Zufahrt. Der Parkplatz vor dem Hoteleingang gemahnte an das wohlige Gefühl einer verlassenen Industriebrache. Die überwiegend osteuropäischen Kennzeichen schärften die Konzentrationsfähigkeit; Unsere Schlüssel, die Wertsachen und das Gepäck vergaßen wir nicht zu kontrollieren.

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