Dienstag, 30. August 2016

Udorallala: Werner Momsen

August/September ist ja immer die Zeit für „Kultur im Zelt“. Trotz meiner Bedenken bezüglich des Caterings bei den Veranstaltungen dieses Events hatte ich mich letzte Woche von Pocke zu einem Besuch breitschlagen lassen. Per Whatsapp fragte er an, ob ich Montag Zeit hätte.
Wenn er schon so fragt, gab es für mich nur eine Antwort: Ja!
Werner Momsen sollte es sein, ein Auftritt anlässlich „Kultur im Zelt“. Mir sagte der Name nichts, aber ich sagte den Termin zu, als ich etwas gegoogelt hatte. Der „Klappmaul-Komiker“ ist eine lebensgroße Puppe aus Schaumstoff, der vor dem Puppenspieler Detlef Wuschik hängt. Wuschik bedient mit der rechten Hand den Mund und gestikuliert mit dem linken Arm, der in den Arm der Schaumstoffpuppe übergeht. Wuschik trägt dazu einen schwarzen Ganzkörperanzug, so dass sich der Zuschauer voll auf Werner Momsen konzentrieren kann.
Die Videos auf YouTube fand ich nicht schlecht, aber auch nicht überragend. Werner Momsen ist in den dritten Programmen wie des Regionalfernsehens im Norden eine feste Größe und wird in Magazinen wie „DAS“ gern als Spaßreporter beschäftigt. Ein echtes Nordlicht, das machte ihn mir gleich sympathisch.
Nun steh ich ja nicht wirklich auf den Trend, Puppen im Metier der Comedy einzusetzen. Die Muppets, das ganz große Vorbild aus den Siebzigern, wirken heute nur noch im Bereich des Kinderfernsehens, was sie ja ursprünglich groß gemacht hatte. Insbesondere bei RTL haben sich Rene Marik und Sascha Gremmel mit ihren Figuren zu eigenen Shows durchgesetzt. Aber insbesondere Gremmel ist vor allem eines: Nicht witzig.
So ging ich dann mit gemischten Gefühlen in diese Veranstaltung, die ich auch anhand der Videos schwer einschätzen konnte. Pocke und ich schlorkten 2 Bier vorab, dann nahmen wir unsere hervorragenden Plätze in der vierten Reihe ein. Plüschsessel, Plüschsofa, Stehlampe mit Fransen. Damit ist der Bühnenaufbau hinreichend beschrieben.
Und da kommt er auch schon auf die Bühne. Werner Momsen ist Rentner, die Klamotten erinnern auch entfernt an Herbert Knebel. Er redet sehr viel von früher, wie es da so war. Zeiten, in denen man z.B. eine „Manchesterhose“ so lange in der Öffentlichkeit trug, bis man die Riefen mit den Fingerspitzen nicht mehr erspüren konnte. Pocke und ich waren sofort gefesselt, denn wir wussten: Genau so war es früher!
Werner Momsen nimmt unser aller Alltag aufs Korn. Ob es um das Verhalten von Touristen auf Kreuzfahrten geht oder warum Energiesparlampen nun wirklich Blödsinn sind. Schließlich werden die Altenpfleger bald die ersten Arschgeweihe reinigen dürfen. Momsen erinnert uns daran, dass unser Leben voller Widersprüche steckt, mit denen wir zurechtkommen müssen. Political Correctness hilft da nicht wirklich weiter.
Genau das ist eine wesentliche Erkenntnis dieses Abends, denn ich habe für mich schon seit geraumer Zeit festgestellt, das mich das politische Kabarett nicht mehr antörnt. Auch wenn z.B. die Anstalt gesellschaftliche Fehlstellungen wie auch politische Entgleisungen messerscharf aufspießt, bringt mir das nicht viel. Ich habe eh dieselbe Meinung, die dort nur bestätigt wird. Mehr als ein gemütliches Bauchpinseln kommt da nicht mehr bei rum. Und auch gute politische Kabarettisten fangen an zu eiern, wenn es um die Flüchtlingsfrage geht. Die dem Thema innewohnenden Widersprüche können sie nicht auflösen, ja sie müssten sogar konsequenterweise Angela Merkel zur neuen Heldin erklären, was aber nicht geht, da sie Angie ansonsten immer (zu Recht) verteufeln.
Da liegt mir mittlerweile Werner Momsen, wie Angela ein Kind der Hansestadt Hamburg, erheblich näher. Wenn er von seiner Ehefrau Liesbeth erzählt und dann die ewigen Klischees des Rollenverhaltens von Mann und Frau bedient, dann ist das zwar ein alter Hut, aber dafür einer, der Pocke und mir inzwischen passt.
Er bietet die gehobene Qualität der nicht-politischen Comedy, die Leuten wie Mario Barth, Ingo Appelt oder Atze Schröder schon seit langem abgeht. Da weht stellenweise ein Hauch von Werner Finck durch den Saal, dem großen Mann des Kabaretts, der vor allem in den 50er Jahren den Alltag mit philosophischen Weisheiten beschreiben konnte.
Momsen ersparte dem Auditorium moralisierende Eskapaden und verschonte das Publikum mit politischen Statements, die keiner mehr braucht. Pocke und ich fühlten uns einfach nur noch wohl, trotz der engen Sitze. Die 2 Pils in der Pause waren unserer Stimmung auch nicht ganz abträglich, so dass wir kurz nach 23.00 Uhr das Zelt verließen in der Gewissheit, einen sehr guten Auftritt erlebt zu haben.
Eines noch: Ich hatte letztes Jahr über das Catering geklagt; Diese Kritik erhalte ich aufrecht. Wenn ich an einer Kasse erst Getränkebons in Form eines stinknormalen Kassenzettels erwerben muss, um das Pils 143 Zentimeter weiter links zu bestellen, dann ist das einfach nur Panne. Der Zapfer dazu war zwar nett, aber langsam. Das Catering ist, mit einem Wort, ineffektiv.
Egal. Werner Momsen will angeblich noch dieses Jahr mit einem neuen Programm in der Brunsviga auftreten. Auf der Seite der Brunsviga ging dies leider nicht hervor, aber wer weiß. Vielleicht passiert da noch was. Und wenn ja, dann sind wir dabei. Und Du, meine Löwin, kommst dann mit. Genau Dein Ding.

Dienstag, 23. August 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 10/17

Ich kenne dies bereits durch meine Recherchen bezüglich Arthritis und erzählte Horst von der entzündungshemmenden Wirkung des grünen Tees. Wir blieben aber nicht bei Krankheiten stehen. Wieder die Geschichten aus der Kindheit und immer wieder die Sorge um seine Frau. Deren schleichende Erblindung durch eine schleichende feuchte Makula bekümmerte ihn fast noch mehr als sein eigenes Problem mit den Nierensteinen.
Auf alle Fälle sollte seine Frau Landesblindengeld beim Sozialamt sowie einen Behindertenausweis beim Versorgungsamt beantragen. Hierbei wollte ich Horst noch mit Kontaktadressen helfen, um es den Beiden zu erleichtern.
Ich bot Horst an, den Kopfhörer für ihn auszutauschen, da ich mir noch ein Ticket fürs WLAN besorgen wollte und deshalb sowieso die Anmeldung besuchen musste, wo er seinen kaputten Kopfhörer erstanden hatte. Horst war froh, das ich ihm den Gang abnahm. Es hätte auch keine Eile, meinte er.
Nach einer knappen halben Stunde war es Zeit fürs Mittagessen, dem Höhepunkt des Tages; auch für Horst. Zügig ging ich in mein Zimmer zurück. Rechtzeitig genug, denn das Essen war noch nicht im Zimmer. Sven war immer noch nicht zurück, Karina machte sich auf in die Stadt. Sie wollte dort noch etwas erledigen und sich was zu Essen besorgen.
Mein Mittagessen nahm ich also alleine ein. Mein Essen mundete mir, insbesondere das Karottengemüse. Kaum hatte ich fertig und das Bein wieder vorschriftsmäßig hochgelegt, tauchte Karina wieder auf. Sie hatte sich Börek mitgebracht und Laufe genüsslich darauf herum. Wir unterhielten uns noch ein wenig, dann war wieder Lesen angesagt.
Am frühen Nachmittag war es dann soweit. Die Schwester schob das Bett mit Sven ins Zimmer, die Operation war vorüber und der gute Sven auch leidlich gut aufgewacht. Er hatte nicht um sich geschlagen, also alles in Butter auf dem Kutter. Allerdings wimmerte er leise vor sich hin, er hatte Schmerzen am Popo. Karina hielt seine Hand, reichte ihm auch Wasser. Das beruhigte ihn etwas.
Zwischendurch tauchte Horst mit seiner Frau kurz auf. Er wollte seinen Kopfhörer jetzt doch selbst tauschen und holte diesen bei mir ab. So lernte ich noch kurz seine Frau kennen, mit der ich mich am Nachmittag zuvor anlässlich dreier kurzer Telefonate sehr nett unterhalten hatte. So ging Horst wenigstens auch mal wieder ein Stück und kam besser in die Gänge. Seine Frau hatte er ja bislang schmerzlich vermisst.
Nach kurzer Zeit schlief Sven ein, an Konversation war für ihn nicht zu denken, dazu war er zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Karina versuchte ihn zu beruhigen oder auch aufzumuntern. Sie trug wesentlich zu seiner Beruhigung bei. Für sie war das sicherlich anstrengend, denn im irgendwann war sie total erschöpft und legte ihren Kopf auf sein Bett.
Der flüchtige Beobachter hätte aufgrund der Lage ihres Kopfes an Oralverkehr gedacht, ich fand es einfach nur niedlich. Zeit genug, um in meinem Roman weiter zu kommen. Allein an diesem Nachmittag schaffte ich 50 Seiten am Stück, zweifelsohne der Spitzenwert während meiner Zeit im St. Vinzenz.
Der anschließende Besuch bei der Anmeldung, um mir ein Ticket fürs WLAN zu kaufen, verlief erfolgreich. 2,50 € fùr 24 Stunden war der Preis. Ich wollte einfach nur irgendwelche Serien auf Netflix sehen, da hatte ich Bock drauf. Das normale TV Programm ist eh nicht so prall, und ein Fernseher für 2 Leute ist auch nicht der Hit. Dass Ticket bestand aus einem Pappzettel in Größe einer Visitenkarte mit einer schlechten Druckqualität.
Auf dem Zettel war eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen. Das waren denn Benutzer und Passwort. Mühsam gab ich die Kombination in mein Tablet ein, ohne Erfolg. Keine Verbindung zum Hotspot, scheiße was, die Station hatte überhaupt keinen Hotspot. Vielleicht war das Netz auch einfach überlastet, ich würde es am Abend nochmal probieren müssen.
Am späten Nachmittag, Sven war zwischenzeitlich aufgewacht, verabschiedete sich Karina und ließ uns allein. Ich besorgte für uns Wasser vom Flur, Sven fielen selbst das Aufsetzen im Bett schwer. Mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht ließ er sein Kopfteil hochfahren.
Meine Löwin schaute auch wieder vorbei. Wir ließen Sven, der zwischendurch immer wieder sanft entschlummerte, in Ruhe. Jetzt, wo die Betäubung nachließ, ging es ihm nicht so gut. Er stöhnte und wimmerte relativ häufig. Ich denke, er war gedanklich auch schon bei seinem ersten Stuhlgang nach der OP. Das ging natürlich noch nicht, da er vor der OP vollständig per Einlauf entleert wurde. Von dem Tampon im Arsch ganz zu schweigen, der löste ein unangenehmes Druckgefühl bei Sven aus, wie er mir in der kurzen Wachphase erzählte.
Am Fahrstuhl machten wir es uns bequem, dort standen 3 Stühle herum. Meine Löwin hatte am nächsten Tag einen wichtigen Termin beim Kieferchirurgen vor sich. Ihr sollte in 2 Wochen ein Weisheitszahn gezogen werden, dementsprechend war sie auch etwas nachdenklich, aber tapfer wie immer. Bei der Arbeit setzten ihr die Kollegen nach wie vor zu, am liebsten würde sie sofort in Rente gehen. Ich merkte ihr an, das sie eine harte Woche hatte und schlug ihr vor, sich eher auszuruhen, wenn der morgige Tag zu stressig wird, als mich zu besuchen.

Mittwoch, 17. August 2016

Hartmudo: Mutter 2/x

Am Sonntag radelte ich dann mit der Löwin in die Salzdahlumer. Kopfschmerzen hatte ich keine, so dass sich die Fahrt trotz des schwülen Wetters bei stechender Sonne gut bewältigen ließ. Es war wohl auch diese Wetterlage, die da bereits seit einigen Tagen vorherrschend war., die für Mutters Zusammenbruch verantwortlich zeichnete.
Seit bald zwei Tagen lag Mutter jetzt schon auf dieser Station, zusammen mit zwei anderen älteren Damen. Aber im Vergleich zum Dienstag, an dem ich sie zuletzt gesehen hatte, war sie nicht wiederzuerkennen. Sie sah schon erheblich besser aus. Sie hing ja auch am Tropf und bekam Flüssigkeit eingeträufelt. Sie konnte sogar schon wieder meckern. Über das schlechte Essen hatte sie viel zu erzählen, dazu hätte man sie stundenlang in der Notaufnahme unbehandelt liegen lassen, nachdem sie gestürzt war und dann lange in ihrem eigenen Blut gelegen hätte.
Als ich den Pfleger darauf ansprach, wurde er sofort elektrisch. Er zeigte mir irgendwelche Protokolle, durch die ich eh nicht durchstieg, und versicherte mir hoch und heilig, dass dies nicht so gewesen sein könne und Mutter dies verwechseln müsste. Ich halte es auch für wahrscheinlicher, dass Mutter noch in ihrer Wohnung hingefallen ist, so schwächlich, wie sie wohl war.
Gebetsmühlenartig versuchte ich ihr beizubiegen, dass sie nicht wegen eines Fehlverhaltens ihres Hausarztes dort eingeliefert werden musste. Dieses fantasierte sie sich zusammen, weil sie eben der Wahrheit schon immer entsagt hatte. Sie war schlichtweg dehydriert und hatte noch dazu kaum etwas gegessen, wenn überhaupt. Und dann waren im Krankenhaus die Kartoffeln zu hart, das Fleisch war auch nicht richtig und und und. Ich bin ja schon mäkelig, aber Mutter toppt alles.
Meine Löwin und ich versuchten ihr eine Kurzzeitpflege nahe zu bringen. Ein betreutes Wohnen konnte sich Mutter zu diesem Zeitpunkt schon vorstellen, in ein Altersheim wollte sie aber partout nicht. Der soziale Dienst des Krankenhauses sollte sich um die Beantragung einer Pflegestufe kümmern. Derweil versprach ich Mutter, sie am Dienstag wieder zu besuchen.
Und so machte ich das dann auch. Am Dienstag stieg ich wie gewohnt aus dem Zug, ging aber zuerst zu Rossmann, um für Mutter eine Kiste Raffaello mitzubringen. Macht man ja, wenn man jemanden im Krankenhaus besucht. Auch heute stach die Sonne wieder mächtig, als ich dann mit dem Fahrrad in die Klinik Salzdahlumer fuhr.
Mutter sah noch einmal besser aus. Die Infusionen mit Flüssigkeit zeigten halt die erhoffte Wirkung. Das hinderte Mutter natürlich nicht am Meckern. Sie würde die falschen Medikamente bekommen, meinte sie. So zum Beispiel eine blaue statt einer gelben. Ich formuliere das hier so überspitzt, um zu verdeutlichen, dass Mutter den Unterschied zwischen Wirkstoff einer Medikation und dem Hersteller eines Medikaments nicht wirklich klar ist. Egal ob rund oder eckig, auf den Wirkstoff und die Dosierung kommt es an. Das will sie aber partout nicht verstehen.
Zwischendurch musste ich noch das Zimmer verlassen, weil eine ihrer Zimmergenossinnen den WC Stuhl neben dem Bett benutzen musste. Das formschöne Teil, in einem dekorativen Dunkelblau gehalten, stand quasi genau vor Mutters Nase. Warum es Mutter im Krankenhaus nicht gefiel, wusste ich jetzt immer noch nicht….
Anschließend die übliche Litanei über das Essen und meine „bösen“ Schwestern. Die Nachbarin, die die Treppenwoche nicht machen wollte. Immer, wenn ich versuchte, sie für die Zeit nach dem Krankenhaus zu sensibilisieren, faselte sie von der Nachbarin, dem schlechten Krankenhausessen oder die Medikation. Sie fühlte sich im Stich gelassen, war aber nicht bereit, sich der Zukunft zu stellen. Oder war sie schon am Anfang der Demenz?
Letzteres würde ich erst einmal verneinen, da sie schon immer rumfantasierte, wenn es eng wurde. Das ist für mich nichts Neues.
Jedenfalls fuhr ich hinterher unverrichteter Dinge nach Hause. Der Sozialdienst war immer noch nicht da gewesen. Und schon zum Wochenende sollte sie wohl entlassen werden, da sie nicht mehr akut gefährdet war und durch die Infusionen etwas aufgepäppelt worden war.
Am Freitag, dem 29.7., schaute ich wieder vorbei. Diesmal hatte ich Jaffa Cake dabei. Als ich das Zimmer betrat, schlief Mutter gerade. Ich wollte sie nicht wecken und versuchte mein Glück im Schwesternzimmer.
Und Hurra, der Arzt war da. Ein Dr. Vogel sollte der behandelnde Arzt sein, so hatten es mir meine Schwestern im Vorfeld gesagt. Und jetzt hatte ich die Gelegenheit, mich mit ihm persönlich zu unterhalten. Er sagte mir, dass er schon dabei sei, Mutter auf die Kurzzeitpflege einzustimmen. Für ihn war das Ganze die übliche Routine mit den Geronten, dasselbe gilt auch für den Umgang mit den Angehörigen wie mir. Jedenfalls war ich jetzt frohen Mutes, das wir Mutter von der Notwendigkeit einer Kurzzeitpflege überzeugen könnten. Dr. Vogel stimmte mit mir auch überein, dass sie sich dort hoffentlich so wohl fühlen möge, dass ein anschließender dauerhafter Heimaufenthalt gesichert wäre.
Uns allen, bis auf Mutter natürlich, war schon längst klar, dass dies der einzig mögliche Weg sein dürfte. In ihre Wohnung im 3. Stock kommt sie schließlich nicht mehr alleine hoch, sie würde ihre Wohnung nie mehr verlassen können. Würde Mutter sich aber dieser Wahrheit auch stellen können, oder würde sie weiter zicken wie ein kleines Mädchen?
Ich war erstaunt, dass sie an diesem Tag einsichtig war. Ihre Gespräche mit Dr. Vogel hatten wohl doch geholfen. Ich hatte ein gutes Gefühl, das es jetzt angehen könnte. Es fehlte nur noch das Engagement des sozialen Dienstes und schon könnte es losgehen. Mutter sperrte sich nicht mehr gegen die Kurzzeitpflege, war allerdings beim Thema einer dauerhaften Unterbringung nicht wirklich begeisterungsfähig.
Wenigstens schien es ihrer Bettnachbarin besser zu gehen. Während meines vielleicht halbstündigen Aufenthaltes im Zimmer benutze sie den WC Stuhl gleich zweimal. Beim zweiten Mal, da war ich eigentlich schon im Aufbruch, kam Mutter selbst mit nach draußen. Sie benutzte den Rollator, den ihr Sunny freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte. Eine Leihgabe von Grace.
Apropos Grace: Kaum war ich hinterher zu Hause, ging es auch gleich weiter nach Dettum zum Hoffest von Frankie und Grace. Unser Kegelverein war ja eingeladen; leider kamen nur noch Berta und Bud mit. Es gab dort wieder Eierlikör satt und gezapftes Bier. Wir hatten dort einen sehr schönen Abend. Meine Schwestern und ich schafften es sogar, nicht über Mutter zu reden. Gut benuschelt (ich, nicht sie) fuhr uns meine Löwin hinterher heim.

Samstag, 13. August 2016

Hardrock Gunter 1/x

Sidney Louie Gunter wurde am 27. Februar 1925 als ältestes von drei Kindern in Birmingham, Alabama geboren. Obwohl sein Vater während der großen Depression immer Arbeit hatte, war die Familie nicht auf Rosen gebettet.
Trotzdem reichte es an einer Weihnacht zu einer Gitarre für den kleinen Sidney, mit der er zunächst allerdings nichts anfangen konnte. Völlig unbekümmert haute er in die Saiten und sang mehr schlecht als recht dazu. Nur dank eines glücklichen Zufalls lernte er doch noch das Gitarrenspiel.
Der Gasinstallateur Buck Weaver war ein guter Freund von Goebel Reeves, der auch als Yodeling Rustler bekannt war, wer auch immer das gewesen sein mag. Sagen wir mal einer frühen Countrylegende, egal. Jedenfalls fragte Weaver den Bengel freundlich, ob er ihm etwas auf der Gitarre vorspielen könne.
Nach der erwartet grauenvollen Vorstellung stimmte Weaver erst einmal die Gitarre und schrieb dem Bengel ein paar Grundakkorde auf braunes Packpapier. Aus einem Streichholz bastelte er ein Plektrum und spielte damit dem Jungen die Akkorde auf der Gitarre vor. Fortan probte Sidney die 3 Akkorde in jeder freien Minute und variierte diese über die Jahre, so dass aus ihm schließlich ein fähiger Gitarrist wurde.
Anfang der dreißiger Jahre hörte Sidney Goebel Reeves aufmerksam im Radio zu. „Texas Drifter“ war der Spitzname vom Reeves zu jener Zeit. Er war eher ein Balladensänger, wurde später aber dem Hillbilly zugerechnet. Er bezeichnete sich selbst als Hobo und trug außerdem eigene Gedichte vor. Der achtjährige Sidney war mächtig beeindruckt und bezeichnete Reeves deshalb später als einflussreiches Vorbild für sein künstlerisches Schaffen.
Ungleich wichtiger für den aufstrebenden Musiker sollte jedoch Hank Penny werden. Diese Countrylegende feierte seine größten Erfolge in der Western Swing Ära nach dem zweiten Weltkrieg. Dieser Wegbereiter des Western Swing wurde zu Sidneys Idol; er ahmte sogar dessen Gang nach und hörte dessen sämtliche Songs an. Dieser außergewöhnlich starke Einfluss konnte sich natürlich nur dank der Freundschaft zwischen beiden Männern entfalten.
Dies war im Jahr 1938 für den 13jährigen Sidney ein Grund, eine Band auf die Beine zu stellen. Die „Hoot Owl Ramblers“ benannten sich nach dem Stadtteil „Hoot Owl Holler“ in Birmingham, weil die Bandmitglieder zu jener Zeit dort lebten. Die Besetzung der Band ist für Hillbilly klassisch: Gitarre, ein selbst gebauter Bass, Rhythmusgitarre, Mundharmonika und natürlich die unverzichtbare Fiddle.
Der Zeremonienmeister Sidney brachte Songs und Stories seines Idols Hank Penny, die Hoot Owl Ramblers blieben hierbei dezent im Hintergrund. Lokal wurden sie schnell populär, aber Sidney wollte mehr. Er war glücklich über die Unterstützung durch seine Band und versuchte daher sein Glück in den verschiedenen Talentshows, die es in jenen Jahren reichlich in und um Birmingham gab.
Sidney trat hierbei unter dem Pseudonym „Goofy Sid“ auf. Im comicartigen Western Outfit trug er Hank Penny Stories vor, während er auf der Gitarre neue Melodien vortrug. Das Publikum konnte er grundsätzlich begeistern, und auch die Kritiken der lokalen Presse fiel überaus positiv aus. Im Frühjahr 1939 erfuhr Sid großen Zuspruch bei einer Talentshow in Irondale, Alabama. 13 Wochen lang konnte er hier den ersten Preis einheimsen.
Die Veranstalterin Sy Wages war so stark vom jungen Sid beeindruckt, das sie ihn „Happy Tex Wilson“ vorstellte. Der Radiomoderator und Country Legende aus Alabama suchte Musiker für eine Show und fragte Wages, ob sie ihm entsprechende Talente empfehlen könne. Wages zögerte nicht und brachte so Sidney Gunter ins Spiel.
Happy Tex Wilson war gerade aus Hollywood zurückgekehrt, wo er in einigen Filmen mitgewirkt hatte. Happy war immer viel unterwegs und nutzte Birmingham als Basis, wenn er gerade mal nicht filmte. Er folgte Wages` Empfehlung und fragte Sidney telefonisch an, ob er bei einer Zwei Tagesshow in Atlanta, Georgia jeweils samstags und sonntags mitspielen würde.
Das Format dieser Shows war relativ simpel. Nachmittags startete das Programm mit der Vorführung eines Films von Happy. Danach trat Happy Tex Wilson mit seiner Band für 30 Minuten live auf die Bühne. Danach wurde der Film wiederholt und anschließend gab es wieder 30 Minuten Live mit einer anderen Band. Danach wieder der Film… und so weiter. Wird wohl eher ein kurzer Film gewesen sein, nehme ich an.
Sidney zögerte nicht lang und nahm das Angebot dankend an. Sein Transport samstags morgens über 200 Meilen nach Atlanta wurde irgendwie organisiert, Happy Wilson würde ihn mitnehmen. So saß der vierzehnjährige Sid auf der Veranda vor seinem Zuhause und träumte von seinen zukünftigen Auftritten, bis Wilson mit Jack Baggett, einer anderen Country Legende der Region, noch vor der Dämmerung auftauchte. Sidney beeilte sich, sein Equipment und das Bühnen Outfit in das Auto zu verstauen. Dabei fiel ihm der durch einen Unfall defekte Kofferraumdeckel auf den Kopf.
Sidney zuckte nicht mal zusammen, drehte sich zu Wilson um und sagte: „Gib mir das Banjo“. Wilson und Baggett waren erst konsterniert, mussten dann aber lachen. Als sich die Aufregung gelegt hatte, entfuhr Happy Wilson der Spruch „Meine Güte, sein Kopf ist härter als ein Fels“. So kam Sidney zu dem Spitznamen „Hardrock“ und musste sich den ganzen Weg bis Atlanta die Spötteleien der beiden anhören.
Das ist die Geschichte zu „Hardrock“ Gunter. Diesen Namen behielt er bei, er wurde während seiner weiteren Karriere sein unverwechselbares Markenzeichen. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens nannten sie ihn vereinfacht „Hardrock“ und auf den Plakaten stand dann immer „Hardrock`s Coming“.

Freitag, 12. August 2016

Contramann: kurz gesehen im August

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bertelsmann-migranten-schaffen-millionen-jobs-in-deutschland-a-1106650.html#ref=rss
Der Klopfer vorweg. Migranten schaffen Millionen Jobs in Deutschland – so titelt Spiegel Online diese Interpretation einer Studie der Bertelsmann Stiftung. Die Studie untersuchte die Zeit von 2005 bis 2014 und hat also mit der aktuellen Flüchtlingswelle nichts zu tun.
Spiegel Online suggeriert dies aber, wenn die Studie derart unreflektiert dargestellt wird. Der sprichwörtliche Gemüsehändler wie auch die vielen Gastronomiebetriebe, auf die sich die Studie bezieht, dürften sich nicht gerade über neue Konkurrenz durch die Flüchtlinge der letzten 2 Jahre freuen.
SPON schreibt ja selbst, das das Einkommen dieser Selbstständigkeit von Migranten niedriger ist als das von Einheimischen. Hier ist höchstens ein Verdrängungswettbewerb nach unten sichtbar, was eben weniger für einen weiteren Zuzug von Flüchtlingen zur Belebung des deutschen Arbeitsmarktes spricht.
Die Migranten als Jobmotor, das ich nicht lache. Dank solcher tendenziösen Meinungsmache werden oder sollen Stimmungen erzeugt bzw. gesteuert werden. In solch krasser Form hatten wir dies in Deutschland schon öfter. Am Ende des Kaiserreiches, während der Naziherrschaft und während des DDR Regimes. Bei allen wurde der mediale Druck auf die Untertanen gegen Ende des jeweiligen Systems verstärkt. Genützt hatte es gottlob in keinen Fall.
Ist „unser“ System noch reformierbar oder endet es wie die vorgenannten Beispiele im Orkus der Geschichte?

http://www.focus.de/immobilien/mieten/es-wird-zu-wenig-gebaut-weil-800-000-wohungen-fehlen-mieten-steigen-2016-weiter_id_5175623.html
Im Juni letzten Jahres wurde von unserer Regierung eine Mietpreisbremse beschlossen. Wie üblich eine Luftnummer, wie man an diesem Artikel sieht. Da die vollmundig angekündigte Regelung zugunsten der Geringverdiener von vornherein wachsweich gestaltet wurde, trat erwartungsgemäß das Gegenteil der Ankündigungen ein.
Zum Zeitpunkt des Artikels, im Dezember 2015, fehlten also 800.000 Wohnungen. Das treibt nach unserem Wirtschaftssystem die Preise nach oben. Deshalb besteht ja die Möglichkeit, das der Staat per Gesetz ordnend eingreift. Aber dank der vielen Lobbyisten erklärt die Mietpreisbremse lediglich die Bedingungen, bei denen ein Vermieter erhöhen kann.
Das ist ein Gesetz Marke „Orwell at his Best“, wenn das Gegenteil vom Markennamen geschieht. Eine Besserung ist leider nicht in Sicht.

http://www.focus.de/politik/experten/bkelle/schreckliche-taten-in-koeln-sexuelle-gewalt-gegen-frauen-warum-der-aufschrei-gegen-die-taeter-nicht-ausblieben-darf_id_5189307.html
Endlich bin ich in dieser Kolumne im Jahr 2016 angekommen. Dieser ungewöhnlich gute Kommentar befasst sich mit den Geschehnissen vom Silvester auf der Kölner Domplatte. Und der Vorwurf, das hinterher der Migrationshintergrund der Täter heruntergespielt wurde und der sonst übliche feministische Aufschrei ob der sexuellen Gewalt ausblieb, war Anfang diesen Jahres eher seltener zu lesen.
Insbesondere nicht in den Medien, die ich ansonsten eher positiv erwähne.

http://www.huffingtonpost.de/sebastian-matthes/liebe-frau-merkel-es-ist-_b_8621030.html?obref=outbrain-www-fol
Dieser Artikel ist noch aus 2015, aber gut – obwohl von der deutschen Huffington Post. Der Vorwurf an unsere Bundeskanzlerin, das sie schlechte Zustände einfach ignoriert oder beschönigt darstellt, ist dennoch nach wie vor aktuell.
Richtigerweise erwähnt der Kommentator, das bei den Pegida Demonstrationen ab Ende 2014 auch berechtigte Klagen an den sich verschlechternden sozialen Bedingungen in diesem Land gebrüllt wurden, das war eben nicht nur die reine Fremdenfeindlichkeit.
Das Beispiel mit dem Taxifahrer, der sich lieber einen Toyota statt eines Mercedes oder Volkswagen kauft, weil er einfach nicht so reparaturanfällig ist, sagt mehr als alles andere aus. Deutschland ist bereits auf dem absteigenden Ast. Wir haben es bloß noch nicht gemerkt.

http://www.derwesten.de/staedte/essen/der-essener-norden-schafft-das-nicht-id11442282.html
Anfang Januar äußerte sich der Essener SPD-Ratsherr Guido Reil negativ über die Prognose zur Integration von Flüchtlingen. Im Essener Norden lag der Migrantenanteil mit 40% schon vorher hoch. Und dass 2013 davon mehr als 90% Hartz IV erhalten müssen, lässt erahnen, das es bei der Integration mit schönen Worten nicht getan ist.
Schon seit den 90er Jahren haben sich wohl viele Libanesen in Essen konzentriert. Verständlich, das sich einzelne Nationalitäten auf wenige Orte konzentrieren. Wenn dazu aber noch nach zwei Jahrzehnten eine derart hohe Arbeitslosigkeit besteht, dann darf man da schon mal von einer gescheiterten Integration sprechen.
Reil beklagt die zunehmende Religiosität der arabischen und türkischen Migranten, was zu einer Abnabelung auch der früher besser integrierten Türken führte. Seine persönlichen Erfahrungen haben diesen SPD Man verbittert gemacht, das ist insbesondere an seinen Ausführungen fürs Bundesgebiet zu merken.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/tatverdaechtige-in-koeln-warum-viele-marokkaner-unter-den-koelner-verdaechtigen-sind-1.2814644
Ein weiterer nachdenklicher Artikel kurz nach den Vorfällen der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte. Die Spur führt nach Düsseldorf, wohin sich nach Kenntnisstand der Polizei Migranten aus Nordafrika gern zurückziehen.
Die Polizei hatte schon Sonderermittlungsgruppen gebildet, da sich die „Absolventen“ der nordafrikanischen „Schulen“ gerne mit syrischen Pässen in Deutschland anmelden. Es ist mir bis heute unverständlich, wieso solche Vorkommnisse immer noch mehr oder weniger beiseite gedrückt werden.
Gerade durch dieses Ausblenden von Missständen macht man die AfD stark. Und das ausgerechnet die Linke hierbei mitspielt, stimmt mich besonders traurig.

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/vorsorgen-fuer-das-alter/nachrichten/deutsche-rentner-sind-schlecht-abgesichert-14014324.html
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung ergab, dass die Deutschen Im OECD Vergleich schlecht abschneiden. Insbesondere die Österreicher scheinen im Schnitt 50% mehr Rente zu erhalten, das Ganze noch bei 14 Monatsrenten im Jahr. Vollkommen überraschend stellt die Studie fest, das sich die Erwartungen in die kapitalgestützte Altersrente a la Riester nicht erfüllt hat. Na so was aber auch…
Der Beitragssatz in Österreich ist höher, auch zahlen dort Selbstständige und Beamte in die Kasse ein. Diese beiden Unterschiede musste die FAZ natürlich rein nehmen, war ja klar. Für mich zeigt diese Studie nur, das es ein Armutszeugnis für eine der reichsten Volkswirtschaften des Planeten darstellt, wenn es in dieser Gesellschaft Menschen im Alter anscheinend nicht mehr verdient haben, nach dem Erwerbsleben ein adäquates Auskommen zu haben.

http://www.welt.de/regionales/hamburg/article151097419/Extrem-fordernd-unzuverlaessig-und-aufdringlich.html
Wieder ein negativer Artikel zur Integration von Flüchtlingen, diesmal aus der Welt. Der Titel des Artikels sagt es bereits, dem ist nichts hinzuzufügen. In dieser Extremität kann ich allerdings die Erfahrungen einer ehemals engagierten Flüchtlingshelferin nicht bestätigen.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ttip-abgeordnete-duerfen-geheime-dokumente-lesen-a-1073893.html
Eine Lachnummer, wenn es nicht so traurig wäre. Siggi Pop brüstet sich damit, dass es Anfang des Jahres den deutschen Parlamentariern ermöglicht wurde, in die TTIP Verhandlungsunterlagen Einsicht zu nehmen.
Das Ganze in einem Leseraum im Wirtschaftsministerium. Kopieren verboten. Solche Geheimverhandlungen sind meiner Auffassung nach grundsätzlich zu beanstanden und abzulehnen, selbst wenn es hinterher Manna vom Himmel regnen sollte.

http://www.spiegel.de/sport/sonst/handball-europameister-sie-haben-es-geschafft-kommentar-a-1074952.html
Sportliches zum Abschluss. Deutschland ist Europameister geworden – im Handball. Wenn Außenseiter siegen, ist es immer schön. Aber der Bezug zu Merkels „Wir schaffen das“ ist dann leider vollkommen überzogen Das richtige Leben ist eben kein Spiel.

Samstag, 6. August 2016

Hartmudo: Mutter 1/x

Am 22.7.2016 war es soweit. Meine Schwestern Berta und Sunny hatten es schon lange befürchtet; auch meine Löwin erhob des Öfteren ihre mahnende Stimme. Mutter rief mich total verzweifelt an, weil es ihr nicht gut ging. Ihr war schwindlig und kodderig, keiner würde sich bei ihr melden.
Nun war dies für mich nicht wirklich neu, weil ich bereits am Dienstag vorher wegen der Beantragung einer Zuzahlungsbefreiung bei der Krankenkasse bei ihr war. Schon da fiel mir ihr schlechter Allgemeinzustand auf. Sie sah wirklich aus wie ein Zombie und wirkte auf mich sehr fahrig. Dies war ja auch kein Wunder, da sie seit Wochen jeden Montag zur Chemo wegen ihres Krebses geht.
Berta hatte dieses Problem vor über 15 Jahren und hatte Mutter dementsprechend eingeimpft, das sie immer viel trinkt und gut isst. Denn beides war ja noch nie ihr Ding. Außer Kuchen und Grafschafter Goldsirup aß sie nichts, das weiß ich noch aus meiner Kindheit. Und Wasser, Saft, Tee… war für sie eine elende Quälerei, das kennt man ja von älteren Damen.
Doch an jenem Dienstag habe ich das wieder nur registriert, aber unmittelbar nach Verlassen ihrer Wohnung wieder vergessen, besser gesagt: verdrängt. Dies ging mir schon seit längerer Zeit so, meinen Schwestern ebenfalls. Wir sind es schließlich zeitlebens gewohnt gewesen, dass Mutter ihren eigenen Kopf hat und äußerst aggressiv reagiert, wenn man ihr etwas vorschlägt oder sie sich bevormundet fühlt.
In unserem Elternhaus – da war mein Vater auf derselben Linie unterwegs – war es üblich, den Kindern nichts zu erzählen. Daran hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn Berta als älteste Tochter mittlerweile selber Rente bezieht. In den Augen Deiner Eltern bleibst Du Dein ganzes Leben lang ein Kind, das nicht alles wissen darf. Das Du erwachsen bist und ein eigenes, selbstständiges Leben führst, wird nur dann interessant, wenn Mutter irgendetwas zu schwierig ist.
Die Zuzahlungsbefreiung zum Beispiel. Da hatte ich ihr vor Wochen haarklein erklärt, warum sie dies machen soll. Sie verschenkt locker 300 – 400 Euro pro Jahr, weil sie ihre Zuzahlungen nicht bei der Krankenkasse, sondern dank ihres verf***ten Steuerberaters bei den außergewöhnlichen Belastungen in der Steuererklärung, wo dies natürlich bei einer Eigenbeteiligung von 2500 Euro jährlich untergeht.
Da saß sie nur stumm rum und guckte wie ein Auto, dann war ihr alles zu viel. Ich sagte ihr, das sie sich das überlegen solle und mich anrufen möge, wenn ich das für sie beantragen soll. Wenigstens fürs nächste Jahr. Und was hat sie gemacht? Bei der Krankenkasse angerufen, nichts verstanden und mir dann am Telefon vorgeworfen, ich hätte sie im Stich gelassen.
Deshalb war ich Dienstags da und versuchte es erneut. Diesmal wollte sie das machen, sie musste noch vom Arzt eine Bescheinigung der chronischen Erkrankung ausfüllen lassen, dann könnte ich den Antrag für 2017 und auch eine Rückerstattung abgeben. Das war das Ergebnis vom Dienstag, aber am Freitag war das nun wirklich nicht mehr wichtig.
An diesem 22.7. sprach ich insgesamt drei Mal mit ihr und redete auf sie ein, das sie den Ärztenotdienst anrufen soll. Nach dem zweiten Mal wollte sie endlich dort anrufen, als ich ihr erklärte, das der Notarzt zu ihr in den 3. Stock kommt und sie nicht zuerst mit der Taxe dorthin fahren muss. Vollkommen zu Recht wies meine Löwin mich danach darauf hin, dass ich nicht mehr rumeiern und zu ihr fahren sollte. Ich war wie vernagelt gewesen, eigentlich hätte ich das sofort machen sollen.
Andererseits wiederum war das genau richtig, weil Mutter doch tatsächlich den Arzt angerufen hatte. Dies sagte sie mir gehetzt beim dritten Anruf, weil sie da gerade Wäsche für eine Krankenhaustasche zusammenpackte. Zu einem vierten Gespräch kam es nicht mehr, weil da schon niemand mehr an der Leitung war. Ich informierte Berta über die Lage, da war aber besetzt, weil sie mit Sunny sprach. Kurz danach erreichte ich sie und da klärte sich die Lage.
Mutter wurde vom Arzt abgeholt und in die Klinik Salzdahlumer Straße verfrachtet. Berta und Sunny würden am Samstag dorthin fahren und nach dem Rechten schauen. Ich selbst nahm mir einen Besuch für Sonntag vor, damit wir nicht alle zur gleichen Zeit dort auflaufen. Ein bisserl verteilen ist da besser, zumal meine Löwin und ich am Samstag mit Detzer und Nelling in die Tschechei fahren wollten.
Zwischendurch: Die Zugfahrt in die Tschechei war super. In Johanngeorgienstadt waren wir in einem großen Supermarkt zum Kaufrausch animiert worden, anschließend gab es in einem Biergarten reichlich tschechisches Bier und den einen oder anderen Obstler. Mein paniertes Seelachsfilet war o.k., die Puffer mit der Knoblauchsoße dazu waren sogar richtig geil. Nach einem kleinen Rundgang durch die vietnamesische Modewelt ging es anschließend zur Rückfahrt zum Bahnhof. 2 Halbliterdosen quälte ich mir auf der Rückfahrt noch rein – ich brauchte sie wirklich nicht mehr.

Montag, 1. August 2016

Contramann: Die Linke schafft sich ab

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-linke-schaeumt-nach-aussagen-zu-fluechtlingen-a-1104864.html
Als ich in der Überschrift las, dass Riexinger und Kipling Sahra Wagenknecht wegen ihrer neuen Äußerung zu den letzten Anschlägen in München, Ansbach und Würzburg kritisiert haben, klickte ich diesen Artikel sofort an. Selbst in der Zusammenfassung ihrer Äußerung kann ich nichts Verwerfliches entdecken. Damit Du Dich selbst überzeugen kann, hier Wagenknechts Pressemitteilung vom 25.7.2016 im genauen Wortlaut:

„Meine Gedanken und mein Mitgefühl sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Auch wenn die konkrete Aufklärung der Hintergründe des Anschlags von Ansbach noch abgewartet werden muss, kann man doch schon so viel sagen: Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Flüchtlingen und Zuwanderern mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als Merkels leichtfertiges ‚Wir schaffen das‘ uns im letzten Herbst einreden wollte“, erklärt Sahra Wagenknecht nach dem jüngsten Anschlag in Ansbach.
Die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE weiter: „Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können. Das setzt voraus, dass wir wissen, wer sich im Land befindet und nach Möglichkeit auch, wo es Gefahrenpotentiale gibt. Ich denke, Frau Merkel und die Bundesregierung sind jetzt in besonderer Weise in der Verantwortung, das Vertrauen der Menschen in die Handlungsfähigkeit des Staates und seiner Sicherheitsbehörden zu erhalten.“
 


Der ehemalige stellvertretende Parteivorsitzende und außenpolitische Sprecher der Linken, Jan van Akeren, twitterte hierzu: „Wer Merkel von rechts kritisiert kann nicht Vorsitzende einer linken Fraktion sein.“ Neben dieser unverhohlenen Aufforderung zum Rücktritt äußerten sich auch Dietmar Bartsch, Riexinger und Kipping kritisch zu ihrem Statement.
Die Pressemitteilung kannst Du oben nachlesen. Wo ist da die Kritik von rechts, wo werden „Asylbewerber unter Generalverdacht“ gestellt? Fakt ist doch, dass es sich beim Täter von Ansbach um einen abgelehnten Asylbewerber handelt. Auch an vielen anderen Ereignissen seit der Silvesternacht oder den Anschlägen in München oder auch Würzburg wird deutlich, dass die Integration mit Problemen verbunden ist.
Wollen die genannten Granden der Linken etwa das Gegenteil behaupten. Steht bei ihnen auch die Auffassung „Wir schaffen das“ an erster Stelle? Anstatt die deutsche Regierung unter Merkel und Gabriel anzugreifen und zu fragen, was die Regierung genau zu tun gedenkt, um eine Integration der vielen Flüchtlinge endlich voranzutreiben, fallen sie ihrer eigenen Vorsitzenden in den Rücken. Unfassbar.
Offensichtlich geht es den Granden, aber auch vielen Anhängern der Linken, wie einige Twitter Einträge erkennen lassen, nicht mehr um konkrete Lösungen für die nicht mehr zu verschweigenden Probleme, sondern um ein Festhalten am Status Quo. Weil nicht sein darf, was längst schon ist. Glaubt denn jemand, der noch alle Schüsseln im Schrank hat, das man jeden auf Zuruf in Deutschland aufnehmen und alimentieren kann? Leute wie Frau Kipping propagieren das und blenden die sich ergebenden Probleme aus.
Außer Sprüchen zum Integrationswillen hat die Regierung seit letztem Jahr nichts unternommen. Es fehlt noch ein Jahr später an Personal für die Integration, Unterkünften und Perspektiven für die Flüchtlinge. Diese wurden seit einem Jahr von Frau Merkel im Regen stehen lassen. Länder wie Gemeinden sollen es auf eigene Kosten richten, derweil sich Frau Merkel selbst in linken Kreisen als Menschenfreund feiern lässt.
Die AfD konnte nur deshalb erstarken, weil niemand aus dem Kreis unserer Regierung den Abgehängten unserer Gesellschaft erklären konnte oder wollte, warum z.B. für die Flüchtlinge auf ein Mal Milliarden von Euro locker gemacht werden können, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Stattdessen wird von den Qualitätsmedien wie dem Spiegel die Nazikeule geschwungen, wenn man dies einfach nur kritisiert.
Und jetzt ist Sahra Wagenknecht dran. Selbst die TAZ beteiligt sich an dieser Schelte. Ich bin deshalb stark konsterniert. In welchem Wolkenkuckucksheim leben denn diese Linksintellektuellen, die jetzt Wagenknecht in die rechte Ecke stellen wollen. Beim Diskutieren in alternativen Cafes ist man schließlich unter sich und muss nicht als Frau durch einen Pulk von jungen Marokkanern gehen.
Ein polemisches Beispiel, keine Frage. Aber schon seit geraumer Zeit stößt mir die Haltung vieler Linksintellektueller sauer auf. Es geht da nur noch um das Wahren einer strengen humanen Gesinnung, die es um jeden Preis zu bewahren gilt. Sachlich kann man mit solchen Leuten nicht diskutieren, da kommt sofort die Nazikeule. Diese Pflaumen kriegen gleich Schnappatmung, wenn man sie auf die Widersprüche zwischen den ach so friedlichen muslimischen Flüchtlingen und den pöbelnden Erdogan Anhängern unter diesen aufmerksam macht.
Damit keine Missverständnisse entstehen: So wie Frau Wagenknecht vertrete auch ich die Auffassung, das nicht alle Muslime verkappte IS oder Erdogan Anhänger sind. Es sind sicherlich die wenigsten, aber das welche von diesen Idioten unter den Flüchtlingen sind, muss man noch sagen dürfen.
Und das solche Leute hier nicht willkommen sein können, sollte sich von allein verstehen. Wer den Kampf gegen die westlichen Aggressoren in Syrien und sonstwo hier in Deutschland austragen möchte, der ist nicht auf der Flucht und muss beschützt werden, der kann auch für seine Ideale in Syrien direkt lämpfen.
Sahra hat wenigstens einen Arsch in der Hose, weil sie diese simplen Wahrheiten ausspricht. Der Rest der Führungsriege ihrer Partei verharrt in der Theorie, mögen diese Salonlinken niemals Verantwortung übernehmen dürfen. Witzigerweise sind sich die Leser von z.B. Spiegel Online einig, was man an den Forumsbeiträgen erkennen kann. Ca. 99% der Foristen schlagen sich auf die Seite von Sahra Wagenknecht und vertreten damit die genau gegensätzliche Meinung der SPON Redaktion.
Ansonsten findet hier eine üble Hexenjagd durch die Medien statt. Mein Glaube an die „Vierte Macht im Staat“ ist jetzt endgültig zerstört. Letzte Hoffnung Telepolis, möchte man meinen:
http://www.heise.de/tp/artikel/48/48950/1.html
Ein guter Kommentar. Das dachte ich anfangs beim Lesen, aber gegen Ende ließ meine Begeisterung stark nach. Richtigerweise geißelt dieser Kommentar die Kritik eines Peter Ritter oder einer Katharina König. Beide Linken Politiker (aus MeckPomm und Thüringen) verorten Wagenknecht in AfD Nähe, dabei sind die Linken in beiden Ländern in Regierungsverantwortung und standen dort schon selbst wegen der jeweiligen Abschiebepraktiken in der Kritik. Wer im Glashaus sitzt…
Leider verweist der Autor dann am Ende auf die Grundsätze zur Flüchtlings- und Asylpolitik des Parteiprogramms der Linken von 2011. Da ist u.a. von offenen Grenzen und einem allgemeinen Abschiebeverbot die Rede. Dieses Argument zielt zwar scheinbar auf Ritter und König, gibt aber andererseits diesen beiden in Bezug auf Wagenknecht Recht. Leute wie Kipping oder van Akeren können sich ebenfalls bestätigt fühlen.
Diesen Kommentar habe ich letzten Freitag abgeschlossen. Es kommen sicher noch mehr schlimme Kommentare seitens der Qualitätsmedien. Am Ende tritt Sahra Wagenknecht wirklich noch zurück. Oder schlimmer, sie backt kleine Brötchen und knickt ein.
Im Moment ist bei mir Katerstimmung. Erst knickt Bernie Sanders ein, jetzt wird Wagenknecht gemobbt. Warum schaffen die Linken es einfach nicht mehr, kurz vor der Ziellinie nicht aufzugeben und weiter zu machen?