Donnerstag, 28. April 2016

Udorallala: Top Songs 2/?

Im Dudel-Radio spielen sie gerne die Hits der 70er oder 80er, doch „meine“ Hits sind da nie dabei. In loser Folge schreibe ich deshalb über einzelne Songs und warum sie so wichtig, bahnbrechend oder anders wie bedeutend sind. Für mich, für Dich, für uns alle.
Ding Dong – That`s my Song!

The Damned – New Rose
“Is she really going out with him?”
Fragt Dave Vanian zu Beginn des Songs, eine Hommage an „Leader oft he Pack“ von den Shangri-Las. Danach erst setzen Gitarre und Schlagzeug holpernd ein und spielen diesen wunderschön schlechten und schrägen Lick herunter. Vier Schläge mit der Snare, Vanian schreit noch ein „Aah!“ ins Mikro. Und dann wird es mit dem Bass erbarmungslos schnell. Noch heute läuft mir ein wohliger Schauer den Rücken herunter, wenn ich den Anfang von „New Rose“ höre.
Dieser bahnbrechende Song wurde am 22. Oktober 1976 in England auf Stiff Records veröffentlicht. Die Damned orgelten den Song in den Pathway Studios innerhalb eines Tages ein. Der Produzent Nick Lowe brauchte einen weiteren Tag zum Mixen.
Wobei mich auch heute noch überrascht, dass hier überhaupt irgendwas nachbearbeitet werden musste. Nick Lowe war ja ansonsten eher bekannt für glasklar produzierte und anspruchsvolle Popmusik, bei „New Rose“ jedoch blies der für den damaligen Zeitpunkt brachial-dumpfe Sound einen förmlich die Ohren weg.
Der stellenweise schrille, aber auch schräge Gesang war für die damaligen Hörgewohnheiten sicherlich schmerzhaft, schaut man auf die Top Songs in der Woche der Veröffentlichung des Songs. Auf Platz 1 befand sich in jener Woche „Mississippi“ von „Pussycat“ – bitte jetzt nicht mitsingen. Erwähnenswert ist noch „Sailing“ (Onkel Rodney) auf Platz 3 sowie „Dancing Queen“ (Abba) auf Platz 6. „New Rose“ dagegen sucht man in den Charts vergebens, der Sound war selbst für englische Ohren zu roh.
Wir reden hier immerhin über die angeblich allererste Punk Single, das ist aber nicht der Grund, weshalb „New Rose“ zu meinen Lieblingssongs gehört. Es ist diese spürbare Unprofessionalität der Musiker, auf alle Fälle der holpernde Beginn. Auch diese extrem schnell gespielte Gitarre begeistert mich auch heute noch. Einfach Genial.
Die Damned waren übrigens noch vor den Pistols von Malcolm Mclaren zusammengestellt worden. Während Brian James von den legendären „London SS“ kam, von denen leider lediglich ein Demo Band existiert, begann der Rest der Band in der nahezu vergessenen Formation „Masters of the Backside“, die es lediglich zu einem Miniauftritt in einer Kirchengemeinde brachte. Neben Dave Vanian, Captain Sensible und Rat Scabies gehörte die junge Chrissie Hynde zu dieser Combo. Und Chrissie hatte später ja nun wirklich eine große Karriere geschafft.
Die Damned dagegen starteten leider nicht so raketenhaft durch wie die Pistols, sie waren dazu auch nicht provokant genug, was ihr Auftreten anging. So verlor Mclaren schon früh das Interesse an den Damned und konzentrierte sich auf die Pistols. Dabei waren die Damned ja nun nicht völlig erfolglos in ihrer langen Karriere.
14 Singles in den britischen Hot Hundred sprechen da eine deutliche Sprache. Das Cover von „Eloise“ war 1986 am erfolgreichsten; „Love Song“ von der 3. LP schaffte es 1979 immerhin auf Platz 20 der Charts. Captain Sensible wiederum hatte solo mit „Happy Talk“ einen Nr. 1 Hit in Großbritannien. Unsterblich, weil weltweit ganz vorne in den Charts, hat er sich allerdings mit „WOT!“ gemacht, einem Rap, den heute noch jeder kennt.
So vielseitig die Band auch in ihrem Schaffen all die Jahrzehnte war und – Überraschung! – ist, die erste LP mit knapp über 30 Minuten Spieldauer ein musikalischer Meilenstein. Nicht Protest und Aufruhr wie bei den Pistols oder Clash standen bei ihnen auf dem Programm, sondern Spaß am Leben. Auf das das Ale niemals alle wird.
Dazu kleideten sie sich faschingsgemäß bunt. Dave Vanian gern im Bela Lugosi Outfit, der Captain gern mal als Krankenschwester. Aber auch das war erst später, denn bei alten Videos wie „New Rose“ sieht man eine Live Band par excellence auf der Bühne toben, das es eine wahre Freude ist.

Samstag, 23. April 2016

Hartmudo Spezial: Die dicke Wade 6/17

Kurz darauf wurde er für die OP abgeholt und ich war allein im Zimmer, aber nur kurz. Denn kurze Zeit später wurde Mr. Maco hinein gerollt. Mr. Maco kam 4 Monate zuvor aus Mali, war im der zentralen Aufnahmestelle untergebracht und sprach kein Wort Deutsch. Ein ca. 25 Jahre alter Afrikaner also, Horst würde begeistert sein.
Auf einmal tauchte der Chirurg vom Vortag mit einer Kollegin aus seiner Abteilung auf, Marke strenge Erzieherin. Von ihm erfuhr ich jetzt, das sich der Verdacht einer Thrombose gottlob nicht bewahrheitet hätte, es sei wohl doch ein Muskelfaserriss mit Einblutungen.
Ich würde auf die chirurgische Station verlegt werden, noch an diesem Tage. Sagte er und weg waren die beiden. Auf Nachfrage bestätigte die Schwester, das ich schon mal packen könnte.
Zwischenzeitlich kam Horst zurück. Er hatte einen Beutel am Bauch hängen, in dem der blutige Ausfluss über seinen Katheter gesammelt wurde. Offenbar war ihm nicht nach Reden zumute, denn er drehte sich zur Seite und machte die Äuglein zu. Ich ließ ihn in Ruhe, genau wie Mr. Maco, der ebenfalls in seinem Bett vor sich hin dämmerte. Zeit, meine Sachen zusammen zu packen.
Mit der Tasche und meinen Straßenschuhen in der Hand, Jacke über Arm, Schlafmaske in der Tasche an der anderen Hand, ging ich zum Schwesterzimmer, um mich in die chirurgische Station im 2. Stockwerk abzumelden.
Was für ein Irrtum. Die Schwestern waren irritiert, ich solle in meinem Zimmer bleiben, ich würde samt meines Bettes abgeholt werden. Also ging ich ins Zimmer zurück und begrüßte Mr. Maco, von dem ich mich 1 Minute zuvor verabschiedet hatte. Horst schlief ja noch.
Dies geschah noch kurz vor dem Mittagessen, das kurze Zeit später serviert wurde. Horst war da natürlich wach, er hatte Schmacht. Ging mir übrigens ähnlich, so dass mir der Anblick des blutigen Plastikbeutels, welcher an seinem Bauch herrunterhing, den Appetit nicht verderben konnte. Ich weiß noch, das ich 3 vegetarische Gemüsetaler auf dem Teller hatte, Soße dazu. Die Kartoffeln... Na ja.
Für Horst wurde es dann aber Zeit, in die Salzdahlumer zu fahren. Er war zum MRT angemeldet, das geht im St. Vinzenz nicht, weil es ein eher sehr kleines Krankenhaus ist. Hort war nicht sehr erfreut über diese Untersuchung, allerdings nicht, weil sie so schmerzhaft oder nervig wäre.
Nein, er wartete eigentlich auf seine geliebte Frau, die mit der Tochter am frühen Nachmittag vorbeikommen wollte. Beim letzten MRT in der Salzdahlumer hätte er fast 4 Stunden gewartet. Zum Glück wollte sie anrufen, bevor sie sich auf den Weg machen wollte. Als der Taxifahrer ihn abholte, versprach ich ihm, seine Frau von ihm zu grüßen.
Dann war er weg und ich war mit Mr. Maco wieder allein im Zimmer. Wenn ich ihn auf Englisch ansprach (meine Sprachkenntnisse sind stark verbesserungswürdig), antwortete er freundlich, stieg aber selbst nicht in eine Konversation ein. Ihm ging es mit Englisch sicher ähnlich wie mir.
So schwiegen wir so vor uns hin, als die Schwester pünktlich um 14.00 Uhr das Zimmer stürmte, um die nächste Infusion zu setzen. Gleichzeitig kam der feuchte Verband endlich ab, wurde aber nicht erneuert. Wieder hatte ich diese unangenehme Gefühl, als das Penizillin in meinen Körper tröpfelte.
Auch diesmal sollte die Aktion über eine Stunde dauern. Dies war erneut eine Geduldsprobe für meine Nerven, ich kann so etwas einfach nicht ab. Um meine Stimmung nicht vollends ins Depressive abgleiten zu lassen, schnappte ich mir mein Buch und las die ganze Zeit. Ein wenig half es, um mich abzulenken, jedoch nicht so viel, als das es mich beruhigte.
Heilfroh war ich, als die Schwester mich endlich nach dieser so empfundenen Tortur vom Tropf der Injektionsflasche nahm. Ob Horst seine Frau vorher oder erst danach anrief, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls ging ich an Horst sein Telefon (sie hatten ihm Geld für die Freischaltung der Fernbedienung zu externen Gesprächen abgeknöpft) und erklärte seiner Frau die Lage. Sie wollte später nochmal anrufen.
Was soll ich sagen - insgesamt dreimal sprach ich mit ihr. Horst war lange noch nicht zurück. Er war auch nicht zurück, als ich so gegen halb sechs abends endlich auf die andere Station verlegt wurde. Und wieder musste ich meine Klamotten am Fußende des Bettes verstauen, weil ich mal wieder gefahren wurde.
Meine dicke Jacke musste ich verkrampft festhalten, denn dank der Taschen hatte ich kaum Platz, um meine Füße zu lagern. Ich dachte geistesgegenwärtig noch daran, der Helferin im freiwilligen sozialen Jahr, die mich mit einiger Mühe über den Flur schob, zu berichten, dass Horst seine Frau schon öfters angerufen hatte und erst am nächsten Tag ins Krankenhaus kommen würde. Sie wollte aber nochmal anrufen. Mr. Maco wünschte ich noch alles Gute.
Wieder war es gegen 18.00 Uhr, als ich vor mein neues Zimmer gerollt wurde. Station 2, Zimmer 201, 2. Stock. Das war das Erste, was ich als Whatsapp an meine Löwin schickte. Eine Antwort darauf erhielt ich von ihr nicht, denn sie war erneut bereits unterwegs und fand den Weg alleine zu mir. Ich hatte das Zimmer noch nicht mal betreten, die Helferin rollte das Bett noch, da tauchte meinen Löwin schon aus dem Fahrstuhl auf.

Montag, 18. April 2016

Contramann: von wegen unabhängig

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/studie-staatliche-ueberwachung-fuehrt-zu-selbstzensur-im-netz-14150024.html
Interessant an diesem Artikel finde ich die Aussage, das sich auch unabhängige Blogger einer vorherrschenden Meinung, dem sogenannten „Mainstream“, anpassen, wenn sie die Gefahr einer Überwachung durch staatliche Stellen wittern. Sehr schön finde ich die Formulierung „ich habe nichts zu verbergen“.
Wie verwirrend (entlarvend) dies doch ist. Angesichts des Einheitsbreies, den die „Qualitätsmedien“ wie Spiegel, Stern, FAZ, Süddeutsche und Welt, ja sogar die TAZ mittlerweile, verkaufen, war Contramann der Meinung, dass eine kritische Presse lediglich noch im Internet existiert.
Auf die sicherlich real existierenden Ausnahmen möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen. Wenn ich mal nur die Nachdenkseiten, Spiegelfechter oder adsinistram nehme – diese 3 stellvertretend für viele, ganz viele ernstzunehmenden Portale, sind gerade im Netz viele kritische Stimmen zuwege, denen man eine professionelle Arbeitsweise ohne Probleme unterstellen kann.
Das dort erreichte Niveau würde Contramann gern selbst erfüllen, wie so viele andere Blogger auch, die meinen, ihren Senf auch noch dazugeben zu müssen. Und nicht immer ist der Sermon, den solche Amateure absondern, genießbar. Selbst ich kann nicht immer das angestrebte hohe Niveau erreichen, das die wenigen Leser dieses Blogs erwarten (dürfen). Noch dazu muss ich mir den Platz auf dieser Seite noch mit hartmudo selbst, Uncle Fester und zu meinem großen Bedauern mit Udorallala teilen.
Dieser FAZ Artikel spricht mich natürlich selbst auch an, da ich mich unter den Bloggern wähne, von denen die FAZ spricht. Denn ob ich meine Meinung im Blog oder über Facebook und Twitter in die Welt hinaus posaune, ist zweitrangig. Es geht um die Meinungsäußerung von „einfachen Bürgern“, die dank der Technik eben öffentlich erfolgen kann.
Und im ersten Moment sollte man ja auch glauben, das abseits jeglicher Professionalität die extremen Äußerungen nur so sprießen müssten. Denn die Profis von den Nachdenkseiten beispielsweise recherchieren gründlich und vermeiden sprachliche Entgleisungen. Hier stehen sie den Qualitätsmedien in nichts nach. Handwerklich ist da also alles in bester Ordnung.
Bei meinen Beiträgen ist das nicht immer der Fall. Manchmal geht es da mit mir durch, auch grammatikalische Fehler treten da wegen der fehlenden Kontrolle von Lektoren gehäuft zu Tage. Doch ich hüte mich – so gut es geht – davor, bei aller emotionalen Erregung rüde Schimpfkanonaden und Fäkalsprache außen vor zu lassen. Ihr wisst, dass mir das nicht immer gelingt.
Doch in der Studie geht es nicht um Beleidigungen oder Qualität der Beiträge, sondern um eine Selbstzensur aus Angst vor staatlichen Repressalien. Das Ergebnis überrascht mich nicht, denn dieser Effekt ist mir in den letzten Monaten nicht nur in allen möglichen Medien, sondern auch in meinem persönlichen Umfeld – Arbeit, Freunde, Familie – aufgefallen.
Es geht da konkret um das Vorgehen in der Flüchtlingskrise. Woll`n mer se reilasse oder nicht?
Ich selbst als ansonsten eher Altlinker habe mich da Monat für Monat trotz einiger Bauchschmerzen zu einer kritischen Haltung gegenüber einer undifferenzierten Aufnahme von Flüchtlingen positioniert. Wenn ich meine Beiträge der vergangenen Monate jetzt noch einmal gezielt durchlese, fällt mir eine Annäherung an politischen Ansichten auf, die ich in der Vergangenheit vehement abgelehnt hatte.
Meinen „inneren Kampf“ ob des Widerspruchs zwischen meiner allgemeinpolitischen „linken“ Gesinnung und der von mir gemachten (beruflich bedingten) Erfahrungen könnt Ihr über Monate verfolgen, ich habe da nichts gelöscht und werde dies wohl auch nicht tun. Eine Selbstzensur hat bei mir ergo (bisher) nicht stattgefunden.
Die Stimmen in den Medien wie in meinem Umfeld, die eine ungebremste Einreise für Flüchtlinge vehement unterstützt hatten und jeden, der die „Einladung“ von Frau Merkel letzten Sommer kritisch sah, in die rechtsradikale Ecke drängten, sind spätestens nach der Silvesternacht und den Anschlägen in Brüssel leiser geworden.
Eine merkwürdige, eine „unruhige“ Stille breitet sich aus, in meinem Umfeld beobachte ich dies mit großem Interesse, bei den Medien eher nicht. Die sind eh (fast) alle gleichgeschaltet und geben nicht die Meinung der Bevölkerung wieder, wie bei den letzten Landtagswahlen zu beobachten war.
Mein Eindruck ist, dass sich zur Zeit niemand mehr offen über dieses Thema äußern möchte. Jeder, auch ich, scheint abzuwarten, wie es weitergeht und möchte sich nicht auf eine Meinung festnageln lassen. Wer möchte hinterher denn auch auf der falschen Seite stehen?
Ich denke nicht mal, dass hier eine Selbstzensur aus Angst vor einer staatlichen Verfolgung vorliegt. Denn nicht nur in mir tobt der Kampf zwischen den alten linken Idealen und der grausamen Realität, die uns Menschen irgendwann einholt. Dann, wenn Entscheidungen zu fällen sind, die auf alle Fälle weh tun, egal, ob man dafür oder dagegen ist.
Die Althippies hatten dieses Erlebnis mit den Grünen in den 80ern und 90ern gehabt; Spätestens mit dem Kosovo Einsatz der Bundeswehr unter dem grünen Außenminister Joschka, dem ehemaligen Steinewerfer aus der Sponti Szene, war es vorbei mit der Unschuld. Die „Atomkraft, nein danke“ Aufkleber auf der Heckscheibe der S-Klasse sind für mich seither ein symbolhaftes Bild der gescheiterten Träume der 68er.
Und nicht nur ich, sondern eigentlich alle Leute, die mit der „Political Correctness“ aus der Endphase der Bonner Republik aufwachsen durften, mussten jetzt erkennen, dass Frau Merkel letzten Sommer urplötzlich diese political Correctness an den Tag legte, dass man sie dafür eigentlich knutschen müsste.
Das schmerzt. Und auf einmal gibt es dann nur noch schwarz und weiß, nichts ist mehr mit ruhiger Diskussion und Argumente austauschen, sich andere Meinungen anhören usw. Entweder bist Du ein Nazi oder ein Gutmensch, dazwischen gibt es nichts. Das alleine ist schon schlimm genug.
Aber diese Stille… Wir zensieren uns selber, trauen uns nicht mehr, mit unseren Freunden zu diskutieren. Daran erkenne ich vor allem, das „wir“ auch nicht besser sind als unsere Eltern, die „CDU Wähler“. Gerade und aufrecht, sich nicht verbiegen lassen - SO wollten wir sein, so haben wir uns seit Jahrzehnten gefühlt und verächtlich auf die „Normalos“ geschaut. Auf die Menschen – auch unserer Generation – die schon immer unpolitisch waren, so wie unsere Eltern halt.
Und jetzt verhalten wir uns selbst untereinander genauso. Bloß nichts Falsches sagen, was man hinterher vielleicht bereut. Nein, streiten wollen wir nicht. Nur wenn man weiß, dass der andere die gleiche Meinung hat, redet man über dieses Thema. Dafür sich selbst dann aber am liebsten stundenlang in Rage.
Erschreckt habe ich dies Verhalten an mir selbst entdeckt, werde es aber nicht ändern. Weil ich für mich selbst die Erkenntnis gewonnen habe, das das besser so ist. Denn Diskussionen bringen eh nichts, hier geht es tatsächlich eher um Glaubensfragen. Und in der Religion werden bekanntlich keine Gefangenen gemacht. Da überzeugst Du keinen.
Oder rede ich mir dies nur selber schön, um noch in den Spiegel schauen zu können? Der Selbstzweifel nagt in mir, mit großer Wahrscheinlichkeit geht dies den Meisten so. Zumindest, wenn Du diesen Beitrag liest, könntest Du für Dich selbst ins Grübeln kommen. Und abschließend noch zur Selbstzensur:
Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn der Staat bei „missliebigen“ Ansichten durchgreift und z.B. Berufsverbote oder gar Gefängnisstrafen verhängt. Aber was ich dank der Flüchtlingskrise gelernt habe, ist folgendes: Es geht ganz schnell und schon überlegt man sich, ob man seine Meinung offen kund tut. Zur Zeit äußere ich mich offen zu diesem Thema fast nur noch im Blog, ansonsten fahre ich mit gezogener Handbremse. Das ist mein Alibi, das ich ja was gesagt habe, wenn es später mal heißt: „Wo warst Du denn damals, als Mutti die Flüchtlinge integrieren wollte?“ Ich hoffe, das man mir das abnimmt, wenn ich auf meinem Gebetsteppich gen Mekka sitze.

Mittwoch, 13. April 2016

Johnny Burnette Trio 4/5

Die dritte und damit letzte Aufnahmesession der Band datiert aus dem März 1957, ebenfalls in Nashville im Studio von Owen Bradley. Dieser nahm sich ein Beispiel an Elvis und den Jordanaires; Für den Refrain stellte er eine Backing Vocals Gruppe zusammen, die auf den letzten beiden Singles des Johnny Burnette Trios zu hören sein sollten - „Butterfingers“ und „If you want it enough“.
Der zweite Song wurde im Dezember 1957 veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt existierte das Johnny Burnette Trio schon nicht mehr in der Originalbesetzung. Die Neubesetzung nach der Trennung bestand nur kurz. Die nach heutigen Maßstäben eher erfolglose Karriere des Johnny Burnette Trios auf Vinyl endete mit dieser eher Doo Wop lastigen Nummer, die überhaupt nur wegen Burlison`s grandiosem Gitarrenspiel erwähnenswert ist.
Im April 1960 veröffentlichte Coral zwar noch „Blues stay away from me“ als Reaktion auf Johnny Burnette`s Erfolge als Popmusiker für Liberty, aber dieser Song stammte eigentlich aus der zweiten Session aus dem Juli 1956 und kam 1960 definitiv zu spät.
Aber warum kam es überhaupt zur Trennung? Nun, als der erhoffte und eigentlich verdiente Chart Erfolg ausblieb, kam es immer öfters zu Streitereien in der Band. Und als Henry Jerome den lediglich angestellten Drummer Tony Austin als Vorwand nahm, um bei den Abrechnungen die Band sowohl bei Konzerten wie auch bei den Plattenaufnahmen als „Johnny Burnette & the Rock & Roll Trio“ zu bezeichnen, kam es zum Streit mit Dorsey.
Dieser war sehr erzürnt und fühlte sich zurückgesetzt, da er nicht nur die meisten der Eigenkompositionen schrieb, sondern auch auf einigen Songs wie z. B. „Sweet Love on my Mind“ die Lead Vocals sang. Dies ungeachtet der Tatsache, das die Band zumindest auf der Bühne mit dem festen Drummer Tony Austin als Quartett auftrat. Andererseits hatte Dorsey natürlich Recht.
Denn Austin war lediglich für die Live Gigs gemietet, bei den Studioaufnahmen saßen Eddie Gray und Buddy Harman Jr. An den Drums, denn diese waren Angestellte des jeweiligen Studios und die Band bestand ja irgendwie nur aus den Dreien. Austin selbst kam nur durch Zufall zum Engagement bei dem Burnette Trio.
Er spielte 1953 einige Gigs mit seinem Cousin Carl Perkins in ihrer Heimatstadt Jackson, ehe Perkins W.S. Holland als festen Drummer einstellte. 3 Jahre später fragte das Burnette Trio Perkins, ob er nicht einen Drummer wüßte. Perkins wusste einen und die Burnettes pickten Austin bei der Durchfahrt in Jackson auf.
Soviel zum „Quartett“. Dorsey bestand darauf, den Namen „Rock & Roll Trio“ beizubehalten, um die Gleichberechtigung der Musiker zu betonen. Doch Dorsey konnte sich nicht durchsetzen, da es in den 50ern noch üblich war, die Musik über einen Solokünstler mit Begleitband zu verkaufen.
Schließlich eskalierte der Streit in der Nähe der Niagara Fälle und Dorsey verließ die Band gerade mal eine Woche, bevor ihr Auftritt in Alan Freed`s Film „Rock! Rock! Rock!“ anstand. Kurzerhand organisierten Paul Burlison und Johnny Burnette Bill Black`s Bruder Johnny als Ersatz.
Bill Black spielte bekanntlich zusammen mit Scotty Moore für Elvis am Bass, auch sein Bruder beherrschte dieses Instrument. Die von Dorsey zurückgegebene Band Uniform wurde auf Johny Black`s Größe heruntergeschnitten. Aus den Resten der Pajad Corporation kauften sie für Black einen akustischen Bass und setzten ihn auf die Gehaltsliste. Alles in der Woche, bevor die Band ihren Part in Alan Freed`s Film aufnahm – mit Johnny Black.
Dorsey kehrte in seine Heimatstadt Memphis zurück, wo er einen Lead Gitarristen sowie einen Bassisten fand. Dorsey selbst wechselte an die Rhythmusgitarre und übernahm natürlich auch die Vocals. Interessanterweise akzeptierte er auf einmal die vorherrschende Praxis, den Namen einer Gruppe nach dem Sänger zu benennen.
Dorsey Burnette and the Rock & Roll Trio tourten jedoch lediglich kurz durch den Süden, ehe sie sich 1958 auch schon wieder trennten. Dorsey versuchte sich in der Folge als Solo Act zu etablieren und nahm das Angebot an, in der Town Hall Party in Kalifornien aufzutreten. Er ging in den Westen mit seiner Familie, obwohl er die Chance hatte, beim Louisiana Hayride, einer der bekanntesten Country Shows im amerikanischen Hörfunk aufzutreten.
Mit ihm ging auch Johnny – man hatte sich wohl ausgesöhnt – nach Kalifornien. Johnny nahm in jenen Jahren keine Platten mehr auf. Dorsey kämpfte hart, um sich und die Familie durchzubringen, indem er wieder als Elektriker arbeitete, während er in seiner knapp bemessenen Freizeit weiter Songs schrieb.
So war es denn Dorsey`s Hartnäckigkeit zu verdanken, dass die Brüder wieder ins Geschäft kamen. Unangemeldet besuchte er Ozzie und Harriet Nelson, die Eltern von Rick Nelson und selber bekannte Entertainer im Hörfunk und Fernsehen. Sie sollten Ricky überreden, Songs von ihm zu singen, um seinen Durchbruch als Songwriter zu ermöglichen.
Ricky Nelson fuhr daraufhin im wahrsten Sinn des Wortes mit seinem Motorrad vor und akzeptierte Dorsey`s Vorstellung. Er besorgte Johnny und Dorsey kurzfristig ein Vorsingen und arbeitete fortan mit den Brüdern zusammen, welches mit der Aufnahme von einem Dutzend Burnette Songs endete; Die meisten hiervon stammten aus der Feder von Dorsey.

Sonntag, 10. April 2016

Uncle Fester: grad gelesen April 2016

Andreas Eschbach - Ausgebrannt
Ich hatte dieses Buch schon mehrere Jahre bei mir liegen, gekauft habe ich es seinerzeit vom Grabbeltisch bei Karstadt. Der Plot hatte mich interessiert: Was passiert, wenn das Erdöl zur Neige geht? Wahrscheinlich lag es an den spärlich bis gar nicht vorhandenen Science Fiction Elementen, das ich diesen Roman so lange Jahre verschmähte.
Eindeutig ein Fehler, denn der Held dieser Story, Markus Westermann, führt sich mit all seinem Opportunismus gleich gut ein. Der eher mäßig begabte Softwareentwickler will eine Green Card für die USA, denn er träumt von Ruhm und Reichtum. Nur in den USA kann er seinen Traum verwirklichen, als eigentlich Unbegabter eine Geschäftsidee ohne Eigenkapital aufzureißen und Sponsoren zu finden.
Eine herrlich unsympathische Flitzpiepe also, dieser Markus, der anlässlich eines USA Aufenthalts alles auf eine Karte setzt, auf gut Glück durch die Staaten cruist und durch Zufall Karl Walter Block, einem österreichischen Sonderling trifft. Dieser hat eine besondere Gabe entwickelt, um Erdölquellen zu entdecken, wo es nach herkömmlichen Messmethoden gar kein Öl geben dürfte. Markus ist obenauf, findet Geldgeber und dazu noch eine total heiße Frau. Amy-Lee hat einen megareichen chinesischen Vater und soll ihm das Geheimnis von Block entreißen, verliebt sich aber in Markus.
Kurz und gut: Als Markus nach diversen Irrungen und dem Zusammenbruch der Weltwirtschaft dank des versiegenden Erdöls Amy-Lee durch Zufall wiedertrifft, trägt sie sein Kind in ihrem Leib. Ja, es wird kitschig gegen Ende. Markus ist geläutert und entdeckt sogar noch die verloren gegangene Erfindung seines Vaters , der natürlich mit Block bekannt war.
Ein alter Scheich in Saudi Arabien sowie ein ehemaliger CIA Agent spielen auch noch wichtige Rollen in der Story. Der ganze Roman schreit förmlich nach einer Verfilmung in einer 10teiligen Serie bei Netflix und Co. Von dem ganzen Kitsch abgesehen, sind die Charaktere prägnant beschrieben. Nebenbei beschreibt Eschbach die einzelnen Szenen derart plastisch, das ich diese direkt vor Augen beim Lesen hatte. Das passiert mir nicht häufig.
Meine liebste Nebenhandlung im Roman ist jedoch Dorothea, die Schwester von Markus, mit ihrem Mann Werner, der in der Erdölbranche im Schwäbischen schafft. Beide haben sich ein viel zu großes Haus mit Ölheizung andrehen lassen und kommen in der Ölkrise in Schwierigkeiten. Allerdings hat Dorothea mehr aus Langeweile im Dorf einen Lebensmittelladen übernommen, der gerade wegen der Ölkrise boomt. Werner arbeitet am Ende als Hilfskraft im Laden.
Die Erfindung ist übrigens eine effektive Methode, um aus Pflanzenabfällen Alkohol als Brennstoff zu gewinnen. Da werden dann alle Hippieträume wahr. Und obwohl trotzdem noch Erdöl in Saudi Arabien und anderswo gefördert wird, wenn auch nicht mehr soviel, ist die Macht der Ölkonzerne gebrochen und der Grüne in seinem Audi A8 kann sich nach der Lektüre dieses Buches befriedigt zurücklehnen.
Die wenigen, eben beschriebenen Schwächen im Roman können aber nicht darüber hinwegtäuschen, das Eschbach seine Leser zu fesseln vermag. Auch mich, jetzt bin ich gespannt auf „das Jesus Video“.


                        
Safia Monney – Am Ende ist noch längst nicht Schluss
Eher zufällig entdeckte ich diesen Mainstream Roman in der Buchhandlung am Bahnhof. Das Abbey Road Buchcover und der Handlungsabriss auf der Rückseite verpflichteten mich zum Kauf des mit knapp 280 Seiten eher kurzen Romans. Lediglich 3 bis 4 Tage brauchte ich für diesen leicht zu lesenden Roman.
Ralph ist 70, ehemaliger Roadie und lebt mit seiner Zimmerpflanze und der obligatorischen Plattensammlung alleine in seiner siffigen Bude. Wehmütig denkt er an die gute alte Zeit vor über 40 Jahren zurück, als er mit seinen 2 Kumpels Roy und Gonzo einen Schwur geleistet hatte, das sie sich spätestens mit 50 – 60 Jahren zusammen umbringen wollten. Bloß nicht alt und schwach werden war das Ziel.
Mehr durch Zufall befreit er den im Rollstuhl sitzenden Piet aus dem Altersheim, denn der hat die nötige Kohle. Zuerst fahren die beiden nach Paris, wo Roy seinen Träumen als Schauspieler immer noch nachhängt. Mit Roy reisen sie weiter zum Starnberger See. Gonzo hat ein Vermögen mit Überwachungskameras gemacht und hat als einziger eine Frau und offenbar ein immer noch reges Sexualleben.
Der Showdown findet in Wien statt, dort wollen sie jetzt endlich zusammen aus dem Leben scheiden. Natürlich ist das eine Farce, denn der einzige Tote ist Piet, der immerhin schon über 80 Lenze zählte und Roy und Gonzo überredete, einen gemeinsamen Selbstmord vorzutäuschen. Denn der gute Ralph braucht lediglich Abwechslung, ja ein Ziel zum Leben. Die findet Ralph in Edda, einer Hippietante, die er in Wien zufällig trifft. Happy End also.
Mittlerweile stehe ich auf solch einfache Botschaften, bin ja auch schon Mitte 50. Die Autorin Safia Monney ist Halbfranzösin, studierte in München und Wien und lebt mittlerweile in Paris. Wie man an den Städten unschwer erkennt, hat sie dies in ihrem bislang einzigen Roman verwurstet. Die Figur des Ralph hatte mich zum Kauf des Buches inspiriert. So wie Ralph würde es Hartmudo in 15 Jahren gehen, hätte er nicht seine Löwin vorher kennengelernt.
Auf the Who wird im Roman Bezug genommen – gute Wahl. Wie das Buch auch.

Daniel Suarez – Control
Den hatte ich mir aufgehoben. Und erneut schafft Suarez es nicht, mich zu enttäuschen. Laut Buchrücken schließt Suarez hier die Lücke, die Tom Clancy und Michael Crichton hinterlassen haben. Anbetracht der wie bei Eschbach eher spärlichen Science Fiction Elemente ist dieses Lob angezeigt. Ein richtig gutes Ding halt.
Und eine schöne Idee. Der Physiker John Grady entwickelt eine Apparatur, mit dem er die Schwerkraft in eine beliebige Richtung drehen kann. Darüber erhält er eine Antigravfunktion und träumt vom Nobelpreis. Als er in seiner Hinterhofwerkstatt seine Erfindung potenten Geldgebern vorstellt, wird er einer weltweit bekannten Antitechnik Terrorgruppe überfallen und scheinbar getötet. Aber nur scheinbar.
In Wahrheit steckt eine geheimnisvolle Organisation namens BTC, die Behörde für Technologiekontrolle, dahinter. Der Direktor Graham Hedrick lässt mit solchen Aktionen Erfindungen verschwinden, für die die Menschheit noch nicht reif sei. Der Terrorist heißt Richard Cotton und ist tatsächlich der Einbrecherkönig und ein Hackergenie, der von Hedrick in die Rolle des Terroristen gezwungen wird.
John Grady erwacht in einer unterirdischen Zelle, die von der Außenwelt hermetisch abgeschirmt ist. Von einer Maschine wird Grady monatelang bestialisch gefoltert, weil seine Gehirnwindungen in einer bestimmten Art verlaufen, die ihn zu dieser Erfindung befähigt hat. Befreit wird er dank eines Netzwerkes anderer Erfinder, u.a. dem Besieger des Krebses. Grady wird die Flucht ermöglicht, er soll Hilfe holen, um alle zu befreien.
Denise Davis war ermittelnde Beamtin des FBI und schafft es mit ihrem Assistenten, Cotton festzusetzen. Grady kontaktiert sie und zusammen schaffen sie es irgendwie, dem BTC zu entkommen und noch Cotton zu befreien. Das Netz zieht sich immer enger und schließlich sterben Davis und ihr Assistent unvermittelt nach zweidrittel des Romans. Ein Haupterzählstrang ist somit unvermutet weg.
Stattdessen rückt Alexa, ein genetisch aufgebesserter Klon von Hedrick und dessen Geliebte, in den Vordergrund. Als sie irgendwann merkt, dass Hedrick sie belogen hat und die Welt vernichten will, weil er vollkommen durchgeknallt ist, wechselt sie die Seiten und hilft Grady und Cotton bei der Zerstörung eines Satelliten im All, von wo aus die Gravitationswellen auf ausgewählte Ziele auf der Erde geschickt werden.
Selbst Homeland Security ist da machtlos, aber zuguterletzt gewinnen die Guten und Hedrick und sein Assistent Morrison werden in bester James Bond Manier zur Strecke gebracht. Die Erfinder werden befreit und Cotton schafft es sogar, das Erfindergen aus dem Kontrollzentrum zu klauen und als Virus unter die Menschheit zu verbreiten.
Ein Roman für den Paranoiker, zweifelsfrei ein Bond Liebhaber, der Suarez. Bemerkenswert ist auf jeden Fall der Wechsel der weiblichen Hauptperson mitten im Geschehen. Wirkt aufgrund des Happy Ends dann doch etwas zahm.

Jon Wallace – Barrikaden
Noch ein Engländer mit Gewaltphantasien. Was für eine Wohltat nach den 70ern mit dem verschnarcht-verkopften John Brunner oder später Ian Banks, um nur 2 Beispiele zu nennen. Diese Dystopie bietet ein schönes Szenario und liest sich flüssig. Das Ganze ist als Triologie angelegt, hoffentlich werden die 2 Folgebände noch übersetzt und bei Heyne auch aufgelegt. So wie sich der Buchmarkt auch dank Eigenveröffentlichungen entwickelt, scheint das nicht mehr sicher zu sein. Bei einem anderen Dreiteiler habe ich es schon erleben müssen, das der 3. Band nicht mehr übersetzt wurde. Wohl mangels Verkaufszahlen.
Bei der Barrikaden Serie wäre das sehr bedauerlich. Hier hat die Menschheit den Planeten unter Zuhilfenahme von Atombomben unbewohnbar gemacht, lediglich die englische Insel wurde verschont. Hinzu kommt, das ein Dr. Pander Androiden, hier Fizielle genannt, entwickelt hat. Diese sind dank Nanotechnik unempfindlich gegen Strahlungsschäden und verfügen über enorme Selbstheilungskräfte. Es gibt Soldatenmodelle zur Abwehr von Flüchtlingen, die vom Festland auf die Insel strömen (ein aktueller Bezug) und andere spezialisierte Modelle. Die Fiziellen wurden von den Menschen wie Sklaven behandelt; Deshalb beschließen sie irgendwann den Aufstand. Eine mysteriöse „Kontrolle“, wohl eine künstliche Intelligenz, koordiniert den Aufstand. Aber die Menschen lassen sich nicht einfach „selektieren“, also töten (auch in Lagern durch Gas, eine weitere historische Parallele) und wehren sich.
Zu Beginn des Romans hat der Atomkrieg auch die Insel erreicht. Die überlebenden Menschen leiden unter Strahlenschäden und leben auf Mad Max Niveau. Die Fiziellen haben sich in den Städten verbarrikadiert und warten auf Anweisungen von Kontrolle, die schweigt jedoch, existiert wohl auch nicht mehr. Der Fizielle Kenstibec, ursprünglich als Bauarbeiter konzipiert, ist als „Transporter“ unterwegs. Sein „Paket“ ist die Journalistin und ehemalige Lustsklavin Starvie, die er von Edinburgh nach London durch die von marodierenden Menschengangs schleusen soll. Unterwegs sammeln sie noch den Menschen Fatty ein, der unter der unheilbaren Krankheit „blauer Frosch“ leidet und die Gegend kennt.
Beim Durchbruch eines Kontrollpostens laufen sie in eine Falle und geraten in die Fänge des „Königs von Newcastle“, der eine tausende Köpfe zählende Schar von Mad Max mäßigen Hools befehligt. Dabei taucht kurz noch Dr. Pander auf, stirbt aber schnell. Er hatte noch ein Gift für die Fiziellen entwickelt, welches die Nanomaschinen lähmt und die Fiziellen genauso anfällig für Strahlenschäden wie die Menschen macht. Starvie hat offenbar die Seiten gewechselt, ist als Königin die Freundin des irren Königs, der über Fernsehshows seine Anziehung auf seine Fans ausübt. Sie spritzt Kenstibec das Gift; Zusammen mit Fatty soll dieser in die Stadt York vordringen und den dort lebenden und mit dem Gift schon infizierten Fiziellen ein Ultimatum unterbreiten, natürlich von Kameras aufgezeichnet.
In York ist alles tot, lediglich Shersult, ein Soldatenfizieller und der Auftraggeber von Kenstibec, lebt noch. Zusammen mit Fatty fliehen die beiden per Flugzeug, während Starvie eine geschmuggelte Atombombe zündet und damit sich und die gesamte Schar um den König vernichtet. Auch Shersult stirbt bei der Landung vor Brixton.
Kenstibec trennt sich kurz darauf von Fatty, der durch das verstrahlte Wasser nicht schwimmen kann. In Brixton wird er in Quarantäne von den Fiziellen gesteckt, die dank seines eingeschleppten Virus ein Gegenmittel für die Fiziellen entwickeln können. Jetzt endlich wird er zu „Kontrolle“ gebracht, und die Geschichte erfährt nochmals eine Wendung.
Starvie lebt, sie ist „Kontrolle“! Beziehungsweise benutzt sie in ihren Körper, um Kenstibec gegenüberzutreten. Es stellt sich heraus, das sie mit dem Virus die Fiziellen komplett auslöschen möchte, damit sich die Menschheit nach vielleicht Tausend Jahren wieder regeneriert. Dank eines simplen Tricks – Kenstibec sagt ihr, sie soll auf den grünen Knopf der Kamera drücken – explodiert sie und damit auch der gesamte Kontrollmechanismus.
Aus dem Chaos kann sich Kenstibec retten und trifft wieder auf Fatty, der sich zum Herrscher über eine Schar von Menschen aufgeschwungen hat. Sie reiten dann wohl ab Band 2 zusammen, ich freue mich schon drauf. Wie gesagt, hoffentlich wird der Rest auch übersetzt. Die Story ist fesselnd und Wallace fügt auch immer wieder überraschende Wendungen ein.
Erinnert sogar etwas an Dick, wenn die Androiden menschlicher sind als die abgestumpften Menschen.

Donnerstag, 7. April 2016

Contramann: kurz gesehen im April

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ttip-frankreich-droht-mit-aus-fuer-freihandelsabkommen-a-1081745.html
Jawohl, die Franzosen! Die haben wenigstens noch Eier!

http://www.focus.de/politik/videos/verachtenswertes-weltbild-ihr-ex-lehrer-spricht-ueber-afd-chefin-warum-ich-frauke-nie-wieder-sehen-will_id_5360200.html
Nach dem Wahlsonntag vom 13. März, der für die etablierten Parteien ernüchternd endete, brauchten wir nur 2 Tage zu warten, bevor die „Qualitätsmedien“ den Dreckkübel ausschütten. Focus hat hier wirklich den Vogel abgeschossen.
Petry`s alter Lehrer, der sie nicht mehr sehen will, weil sie behauptet hatte, das es in Bergkamen, wo sie zur Schule ging, schon vor der Flüchtlingskrise Viertel gegeben habe, in die sich die Polizei nicht reintrauen würde.
Das stimme natürlich nicht. „Lügen-Petry“ nennt sie deshalb Focus.
Ich warte jetzt auf die Fickvideos oder wenigstens Nacktbilder a la Pauli.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/horst-seehofer-warnt-angela-merkel-gigantisch-scheitern-a-1082265.html
Das ist mein Horst! Klare Kante in den Verhandlungen mit Erdogan, der uns die Flüchtlinge vom Hals halten soll. „Die CSU erwartet von der Bundesregierung, dass die schwierige Menschenrechtslage in der Türkei offen angesprochen wird“. Mensch Horst, Du meinst das doch nicht ernst, oder? Es sei denn, Du willst das sinkende Unions Schiff verlassen und bei den Linken anheuern. Wenn ich Dir doch nur glauben könnte…

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-erfolge-landtagswahl-triumph-schwaecht-petry-a-1082257.html
Hhm. Mal sehen, wie sich die AfD nach ihren großen Erfolgen bei den 3 Landtagswahlen vom 13. März präsentiert. Dank vieler Proteststimmen haben sie die etablierten Parteien in helle Aufregung versetzt. Wenn sie es schaffen sollten, extreme Nationalisten aus ihrer Partei zu kegeln und sich ansonsten an Horst seinen „lichten“ Momenten orientieren würden, hätten sie langfristig eine Chance, sich rechts von der CDU zu etablieren. Dann könnte Horst und die CSU einpacken, eine CDU würde in Bayern drohen. Wie gesagt wenn. Aber die Linken haben es auf der anderen Straßenseite ja vorgemacht, wie man sich über Jahre etabliert. Unmöglich wäre es nicht, der Untergang des Abendlandes auch nicht. Wie gesagt… die Extremisten sind das Problem der AfD. Kriegen die das in den Griff, ist mit ihnen zu rechnen. Wenn sich aber die Extremisten durchsetzen und die Wahlerfolge trotzdem weitergehen… dann gute Nacht, Deutschland.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/afd-wirtschaftsprogramm-streichen-kuerzen-abschaffen-a-1082252.html
Das ist jetzt mal eine Information, die hilfreich ist. Sollte die AfD auf diesen Positionen beharren, wird sie über kurz oder lang zu Recht aus den Parlamenten verschwinden. Allerdings sehe ich in diesen Artikel im Moment zuvorderst die Absicht der Altparteien, Schadensbegrenzung zu betreiben und die AfD zu diskreditieren. Also alles wie gehabt: Anstatt die Probleme, die selbst das dusselige Wahlvolk inzwischen derart ernst nimmt, das es zurück an die Wahlurnen geht, anzugehen, wird der politische Gegner, der die Problemlösung, wie sie dem Volk vorschwebt, ausspricht, angegangen. Es geht mir hierbei nicht um richtig oder falsch in der Flüchtlingsfrage, sondern um konkretes Handeln. In den letzten Monaten war lediglich zu beobachten, das sich die etablierten Parteien der AfD und Pegida Meinung annähern. Mittlerweile vertreten selbst die Grünen oder auch Linken Standpunkte, die Pegida vor eineinhalb Jahren skandierte. Stichwort geregelte Einreise, Abschiebung von Straftätern. Das Beharren auf den Humanismus sind da lediglich Rückzugsgefechte. Klare Richtlinien sind da gefragt. Frau Merkel, ihre Aufgabe!
Im Übrigen: warum fallen den Medien diese unsozialen Programmpunkte erst NACH dem Wahltag auf? Eigentlich wäre ein Pochen darauf VOR den Wahlen ein gutes Argument gewesen, um den Leuten die Augen zu öffnen. Ich befürchte da mal, das die AfD viele der Vorwürfe hätte entkräften (Parteiprogramm soll angeblich diesen Monat erst erarbeitet werden, die Dinger auf der Webseite stammen wohl noch aus der Zeit von Lucke. Hab ich aber nicht gegengecheckt) oder aber den Fokus auf die Altparteien zurückwerfen können, welche ihrerseits ja den eigenen Programmpunkten auch nicht entsprechen. Stichwort SPD. Sozial, ha ha ha.

http://www.heise.de/tp/artikel/47/47707/1.html
Selbst Telepolis steigt ins beliebte Bashing von Sarah Wagenknecht ein. Diese hatte doch frecherweise nach dem Wahlsonntag vom 13. März als Reaktion auf den AfD Erfolg gesagt, dass es „Kapazitätsgrenzen und Grenzen der Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung“ geben würde. Hier verkürzt der Autor übrigens unfairerweise ihre eigentliche Aussage, das ein ungezügelter Zuzug von Flüchtlingen und die „schwarze Null“ des Herrn Schäuble eben nicht zusammenpasst, zumal dabei mal wieder die schon bisher Gearschten wie Hartz IV Empfänger oder auch Rentner auf der Strecke bleiben.
Nein, der Autor versucht lieber, Wagenknecht in die Querfront (Zusammenarbeit rechter und linker Gruppierungen) zu verorten. Sein Verweis auf das Verhalten der KPD am Ende der Weimarer Republik, die damals vergeblich versucht habe, der NSDAP auf einer „nationalen Linie“ Wähler abspenstig zu machen, flutscht nicht. Denn man könnte dann mit Fug und Recht ebenfalls behaupten, dass das 3. Reich verhindert worden wäre, wenn die KPD nur erheblich früher auf nationalistische Befindlichkeiten eingegangen wäre.
Oder so: Je eher die Linke begreift, dass ein unkontrollierter Zuzug von Linken nicht machbar ist und stattdessen Konzepte vorstellt, die Flüchtlingsursachen bekämpft und Ungerechtigkeiten bei der Aufnahme verhindert, indem man rechtzeitig Flüchtlinge, die eben keine sind, aussortiert und damit Platz lässt für die wirklich Berechtigten, umso reeller ist die Chance, das große Teile der Bevölkerung dies als Alternative zur Vorgehensweise von Frau Merkel anerkennen und sich von der AfD abwenden.
Weiter so, Sarah! Links bleiben! Teddybären an Bahnhöfen sind auch nur Teletubbies!

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fluechtlinge-geschlossene-grenzen-sind-ein-irrweg-a-1083231.html
„1990 hatten die Bürger es satt, in kleinen, stagnierenden Volkswirtschaften zu verharren“. Allein dieser eine, kleine Satz hat mich gleich wieder erzürnt. Die Bürger hatten das satt und wollten ein aufgeblähtes EU Parlament ohne Entscheidungsbefugnisse, das sich gerade mal auf den Krümmungsgrad von Bananen einigen kann? Und die Bürger wollten den Euro? Wohl kaum, denn wirklich gefragt wurde seinerzeit ja niemand. Das hindert den Kommentator aber nicht, eine derartige Behauptung als Fakt zu präsentieren. So sieht heute der Qualitätsjournalismus aus…
Die vermeintlich negative Rückbesinnung auf die Nationalstaaten ist natürlich dem Schutzbedürfnis der Bürger geschuldet, da hat der Kommentator gar nicht mal Unrecht. Aber was er nicht sieht oder aber verschweigen möchte, ist die unglaublich große Unfähigkeit des trägen Apparates EU, wenn es um Entscheidungen geht. Niemand, auch sicher der Kommentator nicht, wollte der EU die Macht eines Staates, sprich Gewaltmonopol und Gesetzkompetenz über das gesamte Staatsgebiet zugestehen. Und solange dies nicht gewährleistet ist, ist die EU eben nicht handlungsfähig.
Manchmal sind die Antworten auf schwierige Fragen eben so einfach. Man darf sich nur nicht von dumm sabbelnden Kommentatoren oder vermeintlich korrekten Statistiken blenden lassen. Nennt sich auch gesunder Menschenverstand.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/wolfgang-schaeuble-plant-bis-2020-ohne-neue-schulden-a-1083658.html
Ja, ja. Die schwarze Null muss stehen, auf Teufel komm raus. Dabei sitzt die schwarze Null doch im Rollstuhl. Volkswirtschaft ist gefragt, Kollege. Nicht die schwäbische Hausfrau und das Sparen aufs Gogomobil. Denn nie waren die Kredite günstiger als jetzt, 0% - wer da nicht zugreift….
Damit Investitionen tätigen, die dann eben langfristig zu einem höheren Bruttosozialprodukt, höheren Steuereinnahmen und damit zur Kredittilgung führen. Das ist sicher graue Theorie, aber wenn z.B. das „Tafelsilber“ wie Bahn und Post in der Vergangenheit privatisiert wurde, um von den Einnahmen Investitionen tätigen zu können, dann passte das merkwürdigerweise.
Ich habe da aber einen ganz üblen Verdacht und zitiere hierzu wörtlich aus dem Forum:
„Dobrint, Gabriel und Schäuble, lassen sich das Geld für die Autobahn Sanierungen von Versicherungen vorstrecken, zu 4% Zinsen! Obwohl sie das Geld auch für 0% Zinsen bekommen könnten, machen sie den Deal, damit unsere Enkelkinder diesen Pfusch bezahlen“
Wenn dann Schäuble nach seinem Rücktritt bei einer Versicherung im Aufsichtsrat sitzen sollte, dann bin ich beruhigt. Weil das verstehe ich dann, schließlich gucke ich mit wachsender Begeisterung „House of Cards“.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wie-mit-der-afd-umgehen-vorbild-linkspartei-kolumne-a-1083554.html
Ach Fleischi, jetzt die Linke und die AfD in einen Topf zu werfen, mag intellektuell ja interessant sein. Zielführend ist es aber nicht. Der wesentliche Unterschied besteht eben in der Einstellung zu Fremden oder anderes abweichenden Vorlieben. Der Trick, Sarah Wagenknecht vorzuschieben mit der alten Leier, weil sie angeblich den Bau der Mauer befürwortet hatte, ist hierbei perfide. Wenn man ein sozialistisches Staatssystem a la DDR als besser erachtet, liegt der Focus eben nicht auf dem Mauerbau. Gleichberechtigung, Vollbeschäftigung und eine vernünftige Kinderbetreuung nebst Bildungspolitik hatte die DDR uns voraus, trotz aller negativen Begleiterscheinungen wie die Mauer, Bespitzelung und das Ausreiseverbot.
Die Mitte, von der Fleischi immer noch träumt, reitet uns ja geradewegs in die Gülle. Der Turbokapitalismus fordert seinen Preis – und immer mehr Menschen geraten da unter die Räder, sprich Arbeitslosigkeit oder Billigjobs, während wenige (die sprichwörtlichen 1%) gar nicht mehr wissen, wohin sie mit ihren zusammengerafften Vermögen sollen.
Immer mehr Leute merken das und wählen extrem. Leider rechts, weil dem Establishment ein rechter Rattenfänger lieber ist als die Gleichmacherei der Kommunisten. Deshalb hauen die Medien nach wie vor in Richtung links drauf, während nach rechts lediglich darauf geachtet wird, das keiner mehr „Negerkuss“ sagt.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/rockefeller-familie-trennt-sich-von-oelriesen-exxon-a-1083917.html
So ist es recht: Erst ein Imperium auf fossile Brennstoffe wie Öl oder Kohle aufbauen und dann später, hier zugegebenermaßen 100 Jahre, einen auf Öko machen und dann die Anteile abstoßen, weil sie wenig oder keinen Gewinn mehr abwerfen.
"Wir können nicht mit einem Unternehmen in Verbindung gebracht werden, das dem öffentlichen Interesse anscheinend Verachtung entgegenbringt" so die scheinheilige Begründung des Rockefeller Family Fund. Dann spendet wenigstens ein paar der mehreren Milliarden, wohl eher schon Billionen, Dollar Gewinn aus den vergangenen 100 Jahren Umweltorganisationen. Oder unterstützt derartige Projekte. Erst dann wäre es glaubwürdig.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fluechtlinge-warum-uns-die-angst-vor-zuwanderung-teuer-kommt-a-1084285.html
Erneut so ein dämlicher Kommentar auf SPON. „Damit uns die Arbeitskräfte nicht ausgehen, müssen Jahr für Jahr etwa eine halbe Million Menschen mehr ein- als auswandern.“ Wie kann man als Wirtschaftsredakteur nur so einen Stuss schreiben und nebenbei noch für ein Buch über Wirtschaft werben, wenn man offensichtlich so wenig von der Materie versteht?
Wenn ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland schon offiziell knapp unter 3 Millionen Arbeitslose zählt und trotzdem noch einen Facharbeitermangel beklagt, dann passt eine unkontrollierte Zuwanderung von größtenteils bildungsfernen Flüchtlingen nicht dazu. Dank zunehmender Automatisierung fallen noch dazu immer mehr qualifizierte Arbeitsplätze ersatzlos weg, wo sollen diese Menschen dann tätig sein? Oder ist es Voraussetzung, dass ein Einkaufswagenschieber oder eine Kassiererin kein Deutsch sprechen dürfen, damit der in Deutschland gewohnt schlechte Kundenservice nicht auch noch kommuniziert werden muss?
Flüchtlinge sollten keine billigen Arbeitskräfte, andere würden Sklaven sagen, sein, sondern aus humanitären Gründen hier versorgt werden, bis sie wieder zurück in ihr Heimatland können. Erst wenn wirklich klar ist, das dies wegen einer unveränderten Situation dort nicht mehr in absehbarer Zeit möglich ist, wird es Zeit, sich über Integration Gedanken zu machen. Alles andere ist Humbug und schafft nicht einen Arbeitsplatz, gefährdet eher Arbeitsplätze durch überbordende Sozialkosten.

Samstag, 2. April 2016

Hartmudo: Aggri

Abends am 19. März musste ich leider wieder feststellen, dass mein Nervenkostüm doch arg dünn geworden ist in den letzten Jahren. Es braucht nicht viel, um mich aus der Haut fahren zu lassen. In erster Linie muss meine Löwin unter meiner Übellaunigkeit leiden, zumeist wenn ich den Müll hinausbringen soll. Vor allem, wenn ich ein anderes Hemd anziehen soll oder es mal wieder heißt: „Nicht diese Jacke!“
Dann kriege ich Schnappatmung und reagiere unwirsch. Ich erfülle dann zwar ihren Wunsch, weil ich weiß, dass meine Löwin Recht hat. Aber knörig bin ich trotzdem und brauche dann eine Zeitlang, um mich runterzuregeln. Am Wochenende um den 19. herum trat das wieder besonders auffällig zu Tage.
Am Freitag ließ es sich ja erst einmal gut an. Nach der Arbeit bin ich ganz entspannt in die Mukkibude gefahren und habe dort meine Runde gedreht. Dann ging es schnell nach Hause, dort nicht lange fackeln, denn: Die Trantüten treffen sich zur Weihnachtsfeier.
Berta und Bud holten uns um halb sieben ab, so dass ich mich noch frisch machen konnte und sogar selbstständig ein schönes Hemd aussuchte. Da brauchte meine Löwin nicht meckern. Doch tief in mir drin saß der kleine Aggri und versprühte schon wieder sein ätzendes Gift.
Meiner Löwin ging es schon die ganze Woche nicht besonders, so dass sie sich fast jeden Abend schon früh zu Bett begab. Wie lange würde sie die Weihnachtsfeier durchhalten? Berta und Bud haben beim „gemütlichen“ Teil der Weihnachtsfeier meist eh keinen Spaß mehr und wollen früh nach Hause.
„Ich nicht ! Notfalls fahre ich mit dem Taxi nach Braunschweig und dann mit der Tram nach Hause. Nach der stressigen Woche will ich mit Ralle und Ulf ein Bier trinken und Spaß haben, die Woche zuvor beim Spargeltheater hatten wir unsere Kegelbrüder auch schon nach der Vorstellung stehen lassen ohne Abschiedsgetränk.“
mein erwichteltes Wichtelgeschenk

Das geisterte so durch meinen Kopf und vergiftete meine Laune. Ich bzw. Aggri packte schon mal sicherheitshalber den MP3 Player in die Jackentasche – für die Rückfahrt. Es brauchte lange, bis ich mich so weit im Griff hatte, dass ich meine Löwin sowie Berta und Bud im Auto auf der Hinfahrt nach Wolfenbüttel nicht mehr anmuffelte.
Aggri war natürlich vollkommen deplatziert. Mit den schon seit Wochen gepackten Wichtelgeschenken (wir brauchen immer etwas länger mit der Weihnachtsfeier, deshalb Trantüten) rauschten wir bei Ralle auf. Nach dem Essen waren wir alle immer noch sehr gut drauf, auch Berta und Bud, so dass ich nach einigen Bieren und Raki (jaa, ich weiß… vielleicht denk ich nächstes Mal dran) war Aggri endgültig eingesperrt und das Geschenk, welches am Schluss meins blieb, trug ebenfalls zur Erheiterung bei.
Und es wurde beim „gemütlichen“ Teil noch besser. Ralle zeigte ganz alte Fotos in seiner Kellerbar. Wir lachten sehr viel und mussten dieses Jahr auch nichts mehr essen, also keine Schmalzbrote. Ich zapfte dazu noch einige Biere und gegen halb eins waren wir dann zu Hause. Kein früher Aufbruch; keine Taxifahrt vonnöten. Ich hatte mich mal wieder vollkommen umsonst aufgeregt.
Gut, am nächsten Morgen ging es mir nicht besonders. Der Raki halt. Deswegen hätte ich aber trotzdem nicht so bölken müssen, als Berta uns um halb sechs abholte. Ich hatte natürlich die falsche Jacke an und wechselte dann wutentbrannt zum Wollmantel. Unnötig, Aggri hier einzuschalten.
Wir fuhren nach Schladen ins Restaurant der Schlangenfarm. Dort war „Dschungelnacht“. Afrikaabend mit Musik und Buffett. Nina und Ulf hatten das aufgerissen. Die Gruppe „Barikoo“ machte Musik, bzw. trommelte. Die von Afrika begeisterten Mitteleuropäer im rentenfähigen Alter motivierten das Publikum zum Mitmachen und legten auch Rasseln und Klöppelstöcke auf die Tische.
Der Renner aber war das Buffet. Zebraroulade, Antilopengulasch und natürlich das unvermeidliche Straußensteak fanden reißenden Absatz, bei mir blieb das Bobotie in besonderer Erinnerung. Ein Hackfleischauflauf aus Südafrika, ursprünglich aber aus Indonesien. Unten Reis, die Gewürze…. Und als Knaller die Rosinen darin! Das ist genau das Richtige für meiner Mutter ihren Sohn.
Der Nachtisch war auch sehr schokoladig, alles gut also. Wir unterhielten uns angeregt und es machte mir, wie am Vorabend auch, so richtig Spaß. Bis ich mit Ulf auf das Thema Müllabfuhr kam. Ihn nervt es insbesondere, das viel Müll einfach achtlos in den Wald geschüttet wird, bloß weil die eigenen Mülltonnen voll sind.
Es ging dann ziemlich schnell. Meine Löwin und ich können uns da eben nicht einfach mal so mit den Nachbarn abstimmen. Außerdem steh ich dazu, den Aussieb vom Katzenklo in den Papierkorb an der Bushalte zu bringen, wenn unsere Tonne mal wieder voll ist. Beim Thema Müllabfuhr in privater (Alba) oder öffentlicher Hand wurde mein Ton dann lauter und aggressiver; ich warf Ulf vor, Quatsch zu erzählen.
Bobotie ist links

Darauf meinte er, das ich ihn doch nicht beleidigen (wg. Quatsch) müsse. Da kam ich glücklicherweise sofort wieder runter und entschuldigte mich für den Ton und meine aggressive Argumentation während der Diskussion.
Denn, so erklär ich es Euch auch jetzt, in letzter Zeit ist mir bei politischen Diskussionen an mir selbst aufgefallen, das ich irgendwann lauter und aggressiver reagiere, wenn ich eine andere Meinung vertrete. Mich nehmen vor allem politische Themen seit 1-2 Jahren emotionell sehr mit, der kleine Aggri in mir gibt dann keine Ruhe mehr und explodiert irgendwann.
Das möchte ich selber nicht, hab das aber nicht unter Kontrolle. Bei dem Gespräch mit Ulf hatte ich mich gar die ganze Zeit sogar noch zurückgehalten, weil ich da schon früh merkte, wo die Reise hingeht. Zumal die Argumente von Ulf… aber lassen wir das.
Ich versuche seitdem, Streitgesprächen, insbesondere wenn es um Politik geht, aus dem Wege zu gehen. Das ist zwar nun wirklich nicht mein Anspruch, aber mit Anpöbeln von Freunden oder Ehefrau hört es halt auf. Solange mir nichts besseres einfällt, versuche ich es damit.
Ob der kleine Aggri sich so austreiben lässt? Ich weiß es nicht, wir werden sehen. Ich werde aber weiterhin hier Dampf ablassen, versprochen.