Sonntag, 28. Oktober 2012

Contramann: Faschos im Stadion

Der Autor fragt, „warum parolengrölende Proleten nicht auch aktive Nazis sein können.“
Ich sage: Können Ja, aber müssen?
Eintracht ist äußerst erfolgreich in diese Saison gestartet, da tauchen Anfang Oktober schwarze Wolken über dem Stadion auf.
„Kurvenlage“ ist ein Flyer u.a. der Ultras Braunschweig 2001, die ihrerseits seit 2008 Stadionverbot haben, weil sie gewalttätig gegen andere Fangruppierungen auftraten. Seitdem haben sich die „UBs“ der Antifa – auch überregional – angeschlossen. Der Verein wittert nunmehr Rachegelüste ob des Verbots und will sich politisch nicht vereinnahmen lassen.
Diese unglückliche Reaktion hatte dann u.a. auch Spiegel Online alarmiert.
Anzeichen für rechtsradikale Umtriebe finden sich leider im Stadionbereich, das fängt bei den „Thor Steinar“ Klamotten der Ordner an und hört mit der Anwesenheit öffentlich bekannter Neonazis auf. Dies ist allerdings nicht nur in Braunschweig so – der Artikel im Spiegel wie auch in Publikative tut aber so.
In den 70ern und 80ern war ich permanent im Eintracht-Stadion und habe viel Randale und auch viel Neonazis gesehen. Ab der Jahrtausendwende haben Verein und Fangruppierungen diesem Spuk ein Ende bereitet. Auf dem Stadiongelände wird heutzutage kein Neonazi seine Parolen brüllen können. Dies ist übrigerns nicht nur in Braunschweig so.
Das Fußballfans gewaltbereit sein könnten und politisch eine Nähe zu Neonazis da ist, unterschreibe ich. Das setzt aber voraus, das sich diese Leute für Politik interessieren. Tun sie aber nicht. Außer Eintracht passiert da nichts im Hirn.
Ich weiß nicht, was „Publikative.org“ vom Verein Eintracht Braunschweig eigentlich erwarten. Hier wird wirklich nur eine „linke“ Retourkutsche gefahren in der Hoffnung, irgendwen an den Pranger stellen zu können. Was für Alice Schwarzer die Männer, sind für diese Leute alle, die nicht jede Minute ihres Lebens gegen Neonazis kämpfen wollen. Also 99,9 % der Mitbürger.
Ich bin selbst bekennender „Linker“, aber kein Dogmatiker. Die Dogmatiker haben es bis Ende der 80er in Westdeutschland geschafft, den Begriff „links“ der Lächerlichkeit preiszugeben. Aber ich schweife ab.
Heute ist Spitzenspiel gegen Hertha. Die Hütte ist ausverkauft und über 22000 Zuschauer, auch Berliner, freuen sich auf ein schönes Spiel. Dem Verein vorzuwerfen, auf dem linken Auge blind zu sein, obwohl im Stadion keine Faschoaktionen stattfinden werden oder falls doch, von ALLEN Zuschauern zusammengepfiffen werden (so auch jüngst erlebt), ist für die antifaschistische Idee eher kontraproduktiv.
Die Klamotten der Ordner finde ich auch bedenklich, scheint aber nicht verboten zu sein. Dass Nazis ins Stadion gehen, ist auch nicht verboten. Indem aber Publikative.org dies anprangern, outen sie sich ihrerseits als Faschisten. Schließlich sind Faschisten per Definition Menschen, die keine andere Weltanschauung neben ihrer eigenen dulden.
Als Antwort zu den Vorwürfen von Publikative.org dies:
Vielleicht seh ich das Ganze ja zu sehr durch die Eintracht-Brille. Trotzdem: In ALLEN Bundesligastadien gibt es Probleme mit Fans. Fußball ist halt Religionsersatz für viele. Zumal, wenn die Zeiten auf Lau stehen.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Udorallala: Gin Wigmore

Zum Tode von Haui hatte ich bereits einen Link zu Gin Wigmore eingestellt. Da mittlerweile ebay mit „don`t stop“ einen Titel aus ihrer ersten CD als Werbemusik eingesetzt hat, wird hier vielleicht doch noch die verdiente Weltkarriere der außergewöhnlichen Neuseeländerin gestartet.
Gin gewann 2004 die International Songwriting Competition in den USA gegen 11000 Konkurrenten aus 77 Ländern mit einem Song über den Tod ihres Vaters. Der Song wurde dann wohl fürs Staffelfinale einer amerikanischen Fernsehserie verwendet. Die damals 17jährige Gin startet da aber noch nicht durch.
Es brauchte noch ca. 5 Jahre, bis sie weiter auffiel. Smashproof hieß die Rap-Formation, zu deren Song „Brother“ sie 2009 den weiblichen Gesang beisteuerte. Soll nen Hit gewesen sein. An mir geht sowas natürlich vorbei.
Aber: Vor 2 Jahren auf einer meiner Lieblingsseiten stolperte ich über sie. Der Kommentator des Blogs betonte, das dies gar nicht sein Sound sei. Aber die Platte sei so gut ….
So kam ich zu „Holy Smoke“, der ersten CD von Gin nach einer EP, die eher schwächer ist. Egal. Die erste Cd ist ein Hammer und die zweite aus dem letzten Jahr, „Gravel & Wine“, ist genauso gut. Ich bin nach wie vor begeistert. Ain`t no Filler, just a Killer ! So begeistert über eine Sängerin war ich seit Sheryl Crows` ersten beiden Platten nicht mehr!
Black Sheep“ war die erste Single aus dem zweiten Album und ist bei Youtube für Deutschland gesperrt. Guck bei Vimeo, es ist ein nettes Musikvideo. Hier also ne Akustikversion des Songs mit ihrer „Hausband“. Die anderen Videos waren mit den Cardinals, der ehemaligen Begleitband von Ryan Adams.
Genau! In Neuseeland und Australien waren beide CDs verplatint. Aber in Übersee und insbesondere in Deutschland kennt sie keiner. Universal, ihr Label, unternimmt immerhin jetzt oder Anfang nächsten Jahres die Initiative und wird versuchen, sie in Deutschland zu verkaufen.
Ich bin gern dabei behilflich und preise diese außergewöhnliche Songwriterin und Sängerin an wie Sauerbier oder auch Wolters.
Wenn ihr mir nicht glaubt, glaubt „the Man“, meinem alten Musikexperten aus Berlin. Womit ich letztem auch meine besten Grüße übermittle.

Samstag, 20. Oktober 2012

Uncle Fester: grad gelesen Oktober 2012

Carl Reiner Holdt - Gezeitenwechsel
Wäre es nicht schön, einen deutschen Science Fiction Roman zu lesen, der im Schwarzwald spielt? Und – booom – da isser auch schon!
Die R`rall haben die Erde erobert. Die „Liga“, deren Mitglieder unerkannt unter den Menschen lebten, haben verloren und verlassen die Erde – bis auf wenige Agenten. Die R`rall erinnern übrigens stark an die Kzinti aus Nivens` Ringweltuniversum. Sie haben ihr Hauptquartier natürlich im Schwarzwald aufgeschlagen.
Und da kommt auch schon unser Held. Major a.D. von Reuters ist Afghanistanveteran (so weit ist es schon) und genießt im Schwarzwald seinen Ruhestand. Durch Zufall duelliert er sich mit einem R`rall Warlord und nimmt ihm den Ring ab. Dieser ist Statussymbol und birgt gewisse Kräfte.
Der etwas schüchterne von Reuters verliebt sich im Laufe der Story in Marcella, eine Agentin der Liga. Um es vorwegzunehmen: Es wird geheiratet und im allerletzten Absatz des Romans wird der drohende Koitus angekündigt.
Der Autor ist in Rom geboren, verbrachte 20 Jahre im Kloster und lebt heute – verheiratet – in der Nähe des Schwarzwaldes. 20 Jahre Kloster – was sich da für ein Druck aufbauen muß zwischen den Lenden...
Der adlige Held des Romans erinnert leider an die Offiziersgarde der deutschen Wehrmacht. Der heroische Schreibstil, kurz und knapp, verstärkt leider den leicht faschistoiden Gesamteindruck des Romans. Schade.
Trotzdem glaube ich, das dieser negative Eindruck aus den fehlenden Erzählerqualitäten des Autors resultiert. Kein Vergleich zu Brandhorst.
              
Charles Sheffield – Das dunkle Universum
Aaah, was für eine Erlösung. Sheffield ist ein Profi. Da wird eine Geschichte erzählt und nicht abgearbeitet. Die Spannung wird stetig erhöht und Du willst das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Herr Holdt – so geht’s !
Das dunkle Universum umfaßt 3 Romane; mehr hat Sheffield bis zu seinem Tod 2002 nicht mehr schreiben können. Die Romane spielen ca. 50 bis 60 Jahre in der Zukunft. Die Menschen haben das Sonnensystem bis zum Jupiter und seinen Monden kolonialisiert. Mitte der 60er Jahre des 21. Jahrhunderts kommt es dann zum großen Krieg zwischen dem Asteroidengürtel und den inneren Planeten (Mond, Mars und Erde). Milliarden sterben, die nördliche Erdhalbkugel ist verwüstet. Aber die Menschen etablieren nach der Niederlage des Asteroidengürtels das gute alte kapitalistische System.
Hatte ich erwähnt, dass Sheffield Ami war? In allen 3 Romanen, die jeder für sich allein stehen, ist lediglich eine Hauptfigur immer präsent: Rustum Battachariya, genannt Bat. Alias Megachirops (große Fledermaus). Menschenhasser und großer Meister des Puzzlenetzwerkes. Er erinnert an Rex Stouts Nero Wolfe und löst die kniffligsten Rätsel – deshalb Puzzlenetzwerk. Es gibt keinen Archie Goodwin und statt Orchideenzucht sammelt er Reliquien des großen Krieges. Aber sonst …
… ist er nur eine von vielen Hauptfiguren. Überhaupt sind die 3 Romane sehr nah an der Kriminalliteratur. Zwar ist auch hier der „Sense of Wonder“ spürbar, löst sich aber gegen Ende der Romane jeweils auf. Der kriminalistische Aspekt steht hier doch im Vordergrund.
Dank der gesponnenen Intrigen und der Vielzahl an Charakteren ist das geschilderte Universum gut vorstellbar. Die Problemlösungen, um die Habitate auch auf den unwirtlichsten Planetoiden noch wohnbar zu halten, sind alleine schon lesenswert. Das ist weniger Science Fiction als vielmehr eine realistische Zukunft.
Und es gibt hier – im Gegensatz zu Holdt – Schmuddelsex. Er war ja auch Mathematiker und eben nicht im Kloster. Die Romane sind lesenswert und insbesondere für Krimifans ein guter Einstieg in Science Fiction.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Hartmudo: Herbstlaub

So langsam geht die Freiluftsaison zu Ende. Draußen sitzen ist nicht mehr. Zu kalt. !8.00 Uhr, draußen scheint die Sonne und die Kids von Gegenüber nehmen ihren Fussball mit ins Haus. Abendessen. Ich aber werde gleich mit meinem alten Verstärker – Onkyo – zu Ulli radeln. Von dort geht es ins „Hohe Tor“. Das Puttchen hat Studentenbegehung, da ist es einfach zu voll.
Jedenfalls wechselt der Onkyo seinen Besitzer. Und das weil ….
Eintracht. Sie spielen bislang eine überragende Saison und stehen zur Zeit mit 5 Punkten vor Hertha an der Spitze der Tabelle. Und in zweieinhalb Wochen ist es endlich soweit; Ich erwähnte es bereits: Das Spitzenspiel Eintracht gegen Hertha steht an. Und Ulli hat 9 Karten organisieren können. Nordkurve Sitzplatz. Für Urmel und Kroll und meine Löwin und Kinder und Väter. Nicht zu vergessen Ilka ist auch dabei, was mich besonders freut. Jetzt fehlt nur noch Jenny, meine beste alte Freundin und schon lange mit Kroll verheiratet.
...Mehr zu Jenny, die ich bisher sträflichst unerwähnt liess, demnächst in der entsprechenden Rubrik...
Dafür, das das mit den Karten überhaupt klappt, hatte ich Ulli meinen Onkyo versprochen. Ulli hat den Vorverkaufsmenschen gegenüber und das klappte ja hervorragend.
Es ist 18.23 Uhr. Zeit zum Aufbruch. Der Onkyo ist zu groß für die Fahrradtasche, zum Glück habe ich im Keller ne größere Tasche. Umpacken, kein Problem. Sch... der hintere Reifen hat wenig Luft.
Also aufpumpen. Und bücken, was zur Folge hat, das der Reißverschluß der Jacke den Geist aufgibt. Gnargl! Alles stehen und liegen lassen und ne neue Jacke holen. Oben, in der Wohnung, alles umpacken. Jetzt aber schnell, denn Geld für die Eintrittskarten muß ich auch noch ziehen aus dem Automaten bei der Tanke.
Die – Tasche – mit – dem – Onkyo – ist – umgefallen - ! Rrrrrrr....
Jetzt, um 23.59 Uhr weiß ich nicht, ob der Onkyo nicht doch nen Schaden genommen hat. Egal now. Bin breit vom Wolters und Wodka-Sangrita-Mix. War wieder schön. Hab die Karten, auch bezahlt. Knabbere jetzt Zwiebelringe.
Die kaputte Jacke ist im Müll und wir sitzen gegn Hertha hinterm Tor. Herz, was willst Du mehr?
Im Herbst...
Frischer Wind, heißen Tee vorm Kamin und das Laub wirbelt draußen herum. Gell, Jenny?

Samstag, 13. Oktober 2012

Bill Haley 3/3


Seine Filme „Außer Rand und Band“ - beide Teile – wurden im Ausland, insbesondere Deutschland zum Renner. Bill Haley war denn auch im Ausland populärer als in den Staaten. Dort dominierte Elvis die Szene. Im Ausland aber lag der Erfolg sicher nicht in der Sexy Ausstrahlung von Haley, sondern eher am neuen Sound der Musik. Die Agressivität übertrug sich häufig aufs Publikum. Die folgenden Jugendkrawalle führten in Deutschland häufig zum Abbruch oder Verbot der Filme.
Im Januar 1957 brach Bill Haley als erster Rock `n` Roller zu einer Tour ins Ausland auf. In Austrlien kam es so zur Geburtsstunde der „Open Air Konzerte“. 3 Tage hintereinander füllte er das Stadion in Melbourne mit jeweils 40.000 begeisterten Fans. Danach war der „Haley-Sound“ und die hervorgerufene Hysterie kreischender Teenager und gewalttätiger Jugendlicher in Europa eine Bedrohung der bestehenden Ordnung.
Für die Musikindustrie war das egal. „Bill Haley and the Comets“ waren die ersten Superstars einer neuen Musikrichtung, die sich ausschließlich an Jugendliche richtete. Bis heute ist die Musikindustrie von dieser Strategie beseelt.
Die Medien jedoch zerrissen den Sound jedoch in der Luft. „Krawallmacher“, Radaumusik“ oder auch „nur für Underdogs“ waren Bezeichnungen, um Haley zu verunglimpfen. Wenn man heute alte Videos mit dem dicklichen Haley sieht, muten diese Beschimpfungen umso lächerlicher an.
Negativer Höhepunkt waren die Vorkomnisse vom 26.10.1958 im Berliner Sportpalast. Das Rock `n` Roll begeisterte Publikum bestand aus kreischenden Mädchen und „Halbstarken“. Die glorreiche Idee der Veranstalter, den 1. Teil des Abends vom Orchester Kurt Edelhagen bestreiten zu lassen, würde heutzutage niemand mehr haben. Hatten bereits vor Konzertbeginn ca. 1000 „Halbstarke“ den Eingang gestürmt und sämtliche Scheiben eingeschmissen, so wurden jetzt Kurd Edelhagen und sein Orchester von der Bühne geprügelt. Der Schutz durch einen Ordnungsdienst war damals wohl nicht existent.
Die Veranstalter waren ratlos. Bill Haley mußte vorzeitig aus dem Hotel geholt werden, damit er sein Konzert vorzog und so das Publikum beruhigte. So der Plan. Zum „Abkühlen“ wurden Schlager von Bill Ramsey aufgelegt. Bill Haley kam auch, mußte aber nach 40 Minuten den Gig abbrechen, da sich das Publikum nicht mehr beruhigte. Jetzt war das Publikum nicht mehr zu halten; Sozusagen außer Rand und Band. Die Zuschauerrän ger wurden kaputtgetreten, Lautsprecheranlage und ein Konzertflügel kurz und klein gemacht. Die wenigen Saalordner wurden von den enttäuschten Jugendlichen vor sich hergetrieben. Ziel: Die Künstlerkabinen. Zum Schlimmsten kam es dann doch nicht, weil die Polizei anrückte und die Jugendlichen auseinanderdrosch. 50 Verletzte und 18 verhaftete „Halbstarke“ schockten die junge Republik.
Bill Haley hat dies nicht geschadet. Artur Brauner baute Haley sogar noch in einen Film ein, in dem es zu einem wunderbaren Duett mit Catarina Valente (Viva la Rock and Roll) kam.
Aus dem Jahr 1958 datiert auch Haleys letzter großer Hit in den Staaten - „Skinny Minnie“. Er wechselte zu Wqarner Bros., aber in den USA kam er nie mehr in die Charts. Er konzentrierte sich in den 60er und 70er Jahren auf Tourneen im Ausland, wo er in all den Jahren eine große Fangemeinde hatte. 1964 gab es ein „Wiedergutmachungskonzert“ im Berliner Sportpalst. Und 1968 landete Haley vollkommen überraschend mit „Rock around the Clock“ in England und Deutschland in den Charts. Das „Rock `n` Roll Revival“ vom 5.8.1972 im Wembley mit Little Richard, Chuck Berry, Jerry Lee Lewis und Bo Diddley war der Höhepunkt dieser Phase und gleichzeitig sein letzter großer Auftritt.
Es gab zwar 1974 noch eine kurze Tour durch Australien und Neuseeland mit seinem Saxophonisten Rudy Pompilli. Dieser verstarb leider 1976, woraufhin sich Haley depressiv zurückzog. Am 26.11.1979 spielte er nochmal im Londoner Theater Royal vor der Queen, aber ein inoperabeler Hirntumor durchkreuzte Haleys weitere Pläne. Am 9.2.1981 verstarb Bill Haley in seinem Haus in Harlingen, Texas.
Meine persönlichen Lieblingssongs von Bill Haley sind „Thirteen Women“ und Skinny Minnie“. Letzterer wurde mir von meiner älteren Schwester nahegebracht; den Gitarrenlick finde ich immer noch unerreicht. Aufgrund seines großen Erfolges und der stark am Mainstream orientierten Produktion seiner Songs schon in den 50ern wird er heuer erst in zweiter Linie genannt, wenn man Musiker nach ihren Vorbildern fragt. Aber Bill Haley war es zu verdanken, dass Rock and Roll weltweit zu einer neuen Musikrichtung wachsen konnte. Ein Sound mit erheblichen kommerziellen Potential. Leider taugte der dickliche Familienvater schon in den 50ern nicht als Rock-Idol a la James Dean oder Marlon Brando.
Hörenswert sind auch die 1955 aus den Comets hervorgegangenen Jodimars. Obwohl sie es nie in die Charts schafften, zeigte die Band durch ihren Sound eindrucksvoll, warum man Bill Haley nicht vergessen sollte, wenn man über die Roots des Rock `n` Roll redet.
Zum Schluß noch Bill Haley himself, aus seinem Fan-Mag „Haley News“:
Ich dachte mir, wenn ich eine Dixieland-Melodie nehme und den ersten und dritten Rhythmusschlag weglasse, dafür aber den zweiten und vierten betone und einen Beat hinzugebe, nach dem die Zuhörer klatschen oder auch tanzen können – das wäre dann genau nach ihren Wünschen“.

Montag, 8. Oktober 2012

H Lecter: Deutsche Wellen

Aus den Erinnerungen eines Musikjunkies Teil 3
Anfang der 80er Jahre ging es endlich auch los mit dem Deutschpunk. Neue Deutsche Welle wurde es von Anfang an genannt, aber als Fräulein Menke, Markus und Co ihre Runden drehten, wurde es kommerziell und somit ideologisch nicht mehr tragbar.
Bis heute verbindet mich mit Urmel die Liebe zur Musik von Peter Hein. Family Five und Fehlfarben – unzählig sind die Konzerte über 30 Jahre hinweg, die wir zusammen erlebt haben. Auch wenn meine Löwin ihn Sch... findet, so sind die Texte und damit die Parolen immer zitierbar, auch wenn sie für Außenstehende keinen Sinn ergeben. Hauptsache, Urmel und ich verstehen uns.
Ich hatte dann auch Singles und Maxis von kleinen Versänden wie dem Zensor bestellt. Darunter waren die Limburger Pest (3 Singles/Schallfolie von den Radierern, Wirtschaftswunder und Siluettes 61) und die Bommerlunder Single von den Toten Hosen. Da war Campino noch sensationell gut.
Die Informationen über neue Bands zog ich aus dem Sounds oder der Spex. Beide Zeitschriften hatte ich irgendwann abonniert. Denn im Gegensatz zu Heute gab es kein Internet und „freies“ Radio. Was im Spex oder Sounds nicht stand, existierte auch nicht.
Eine Single kostete Sechs Mark. MaxiSingle lag bei zehn bis zwölf. LP über Versand wie Zensor, Rip Off oder ZickZack kostete sechszehn, Siebzehn oder Achtzehn. Und alle diese Scheiben kaufte ich blind nach einer überschwänglichen Kritik von Harald InHülsen oder wem auch immer. Bei Govi oder gar Gabi brauchte ich gar nicht erst gucken. Wahrscheinlich hätten die mir die benötigten Scheiben auch bestellt – Aufschlag inbegriffen.
So war wenigstens die Vorfreude garantiert, wenn nach ein bis zwei Wochen der Postbote das Versandpaket brachte. Beziehungsweise den Zettel in den Briefkasten schmiß, weil ich nicht zu Hause war.
Logischerweise hatte ich die Platten dann andächtig abgehört. Zu der Zeit hatte ich wohl noch bei meinen Eltern in Melverode gewohnt. Dazu gab es natürlich auch immer das eine oder andere Bierchen. Mitwippen, ja mitsingen inbegriffen.
Die dazugehörigen selbst gemixten Musikcassetten liefen dann im Auto. Zwei Boxen, die eigentlich für Stereoanlagen gedacht warten, lagen auf dem Rücksitz. Nicht angeschnallt. Bei einer Vollbremsung hätten die mir in den Nacken schießen können, aber diesbezügliche Vorbehalte ließ ich damals nicht gelten.
Die wirklich guten Sachen der NDW - sprich der nicht-industrielle Teil – fand von ca. 1979 bis 1983 statt. Statt nicht-industriell kann man auch Independent sagen. In 500er bis 1000er Auflage erschienen überwiegend Singles und Maxis, die von Musik und Texten her besser durch den Begriff Deutschpunk charakterisiert werden. Die Platten erschienen auf Kleinstlabels. Aber rasch bildeten sich auch größere Labels wie ZickZack aus Hamburg oder No Fun aus Hannover heraus.
Von diesen beiden Labels hatte ich zeitweise alles; Der Jäger und Sammler blickte da durch.
Wenn ich dann im Sommer mit offenen Fenster in meinem BMW (!) durch die Stadt fuhr, dröhnte „Die U-Bahn rollt“ von Saal 3 aus meinen Boxen. Die Leute, die dachten: „Was ist das für ein Bekloppter?“ sah ich durch die schwarze Sonnenbrille ja nicht.
Schwarzes und gebrauchtes Nadelstreifensakko waren angesagt. Badges gehörten dazu. Ich hatte sogar eine Streifenhose (blau-weiß), die ich so lange trug, bis sie wirklich nicht mehr passte. Aber da war es mit dem „Deutschpunk“ eigentlich schon vorbei. NDW und damit Nena und Konsorten waren angesagt. Da gab es auch viel gutes, aber leider auch viel Schrott.
Was blieb – insbesondere nachdem Peter Hein Fehlfarben verlassen hatte – war Family 5 und vielleicht noch die Straßenjungs. Mehr über die „schöne Zeit“ kannst Du in Teipels „Verschwende Deine Jugend“ nachlesen. Vorsicht vor dem gleihnamigen Spielfilm – das ist NDW und hat mit dem Buch nichts zu tun.

Freitag, 5. Oktober 2012

Contramann: kurz gesehen im Oktober

Kaum ist Steinbrück zum SPD Kanzlerkandidaten mutiert, da kommt auch schon Kritik auf. Das er für hohe Honorare Vorträge u.a. für die Anwaltskanzlei hielt, die das Bankenrettungsgesetz für den Bund verfaßte, ist für den aufmerksamen Beobachter nichts Neues. Das diese Kritik in der Woche nach seiner Inthronisierung als Kanzlerkandidat im Focus steht, schon.
Weiß denn Focus nicht, dass Steinbrück die Rückversicherung für die Troika (Angela Merkel, Friede Springer, Liz Mohn) darstellt. Wenn Steinbrück wider Erwarten doch die Wahl nächstes Jahr gewinnt, dann ist gerade er doch der Garant dafür, dass alle unsere Freunde auch weiterhin ihre Geschäftchen tätigen können und scheffeln, scheffeln, scheffeln...
„Wir müssen den Finanzstandort Deutschland erhalten!“ So Peer Steinbrück, als er 2005 zum Finanzminister mutierte. Das er sich im Wahlkampf neuerdings als Kreide fressender Wolf gebärdet, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir hier einen typischen Lakaien der Finanzindustrie vor uns haben.
Aber der deutsche Wähler ist ja vergeßlich, wie wir wissen. Ich seh ihn schon als Vizekanzler neben Mutti. Was für ein Paar. Gute Nacht, Deutschland.

Ein bisserl älter zwar, aber auch Jokus-Focus. Das Honnecker sich Lafontaine Ende der 80er als Bundeskanzler wünschte, glaube ich gerne. Aber wen interessiert das heute noch? Es geht doch wieder nur darum, Lafontaine und natürlich die Linke zu diskreditieren. Als ob Eduard Zimmermann noch aus seinem Grab heraus uns allen Märchen erzählt.

Uff. Bettina Wulff soll im Rotlichtmilieu gearbeitet haben? Ein heißer Feger ist sie ja. Ich könnte sie mir gut in Latex mit Peitsche vorstellen, so wie sie häufig guckt. Aber halt, falscher Alarm:
Sie hat ein Buch geschrieben und will es natürlich promoten. Alles klar. Was hat sie bloß angestellt, dass selbst die Springer Presse auf sie eindrischt? Hängt das immer noch mit dem Anruf ihres Mannes auf den AB von Kai Diekmann zusammen?
Das alles interessiert mich nicht. Ich will wissen, ob und mit wem sie ab wann liiert ist. Ihr Mann ist ja wohl im Kloster sicher vor ihr. Wie gesagt: Heißer Feger.

Auch Julia Schramm, Beisitzerin im Vorstand der Piraten, hat ein Buch geschrieben. Der Verlag zückt einen Vorschuß von 100.000 € für knapp 200 Seiten. Sie selbst (auch nen heißer Feger) bezeichnet sich schon mal als Privilegienmuschi und gegann ihre politische Laufbahn 2005 bei den Jungliberalen. Bezeichnend.
Dass der Verlag versucht, gegen illegale Downloads des Buches vorzugehen, überrascht nicht. Überrascht ist Frau Schramm über den Wirbel, der jetzt über sie hereinbricht:
Worüber wundert sie sich? Die Piraten stehen für frei zugängliche Kopien von Medien zum privaten Gebrauch, da können Piraten rumargumentieren, wie sie wollen. Wasser predigen und Wein trinken – das ist das Bild, welches Julia Schramm und damit die Piraten nunmehr ausstrahlen. Eine kritische Stellungnahme der Piraten zu den Äußerungen von Julia Schramm, die dilettantisch versuchte, die Geschichte zu retten mit „http://www.sueddeutsche.de/digital/promi-piratin-schramm-und-das-urheberrecht-jetzt-krakeelt-wieder-der-mob-1.1470935 , fehlt.

Da ham wirs wieder: Die Lebensversicherer können ihre Prämienversprechungen sprich Überschußbeteiligungen (klasse Begriff) nicht mehr schultern. Der Gesetzgeber ist gefordert; Die private Altersvorsorge muß stärker gefördert werden.
Ist schon klar. Das Geschäftsmodell mit der privaten Altersvorsorge erfüllt die Versprechungen nicht, also mehr davon. Hölle, Hölle, Hölle. Laßt die Versicherungen bloß krachen gehen. Dann können wir endlich wie in der Flensburger – Werbung „vollkommen bei Null beginnen.“

Genau. Die Schienen liegen schließlich überall noch. Die Schiene kann im Regionalverkehr größere Orte schnell verbinden. Für Pendler ist das Top. Busse sollten eher als Zubringer zur Schiene eingesetzt werden. Also da, wo keine Schienen sind.
Das sind Vorschläge, die ich eher von den Grünen erwarte. Aber da sind eh alle abgeschlafft.

Das Schlußwort gehört natürlich Spiegel Online und Doris Schröder-Köpf, Ex-Kanzler-Gattin. Die Agenda 2010 müsse vollendet werden. Kettenverträge und Leiharbeit sollen eingedämmt werden. Hört sich erstmal gut an, reicht aber nicht mehr.
Liebe Doris: Der Philip Rösler, der kleene Jung, würde jetzt antworten...
„Mehr Netto vom Brutto.“
Contramann meint: Höhere Löhne, Steuern auf ALLES, was arbeitet. Maschinensteuer ist das Stichwort. Zusammen mit der Eindämmung der Ausbeutung durch Leiharbeit wäre das ein Anfang. Die Agenda 2010 braucht dann keiner mehr.

Montag, 1. Oktober 2012

Contramann: Helmut Kohl

Heute sind es genau 30 Jahre her, dass Helmut Kohl per Mißtrauensvotum vom Bundestag zum neuen Bundeskanzler gewählt wurde. Dieser Tage wurde dies schon ausgiebig in den Medien gewürdigt. Meinem „Freund“ Jakob Augstein blieb es allerdings vorbehalten, mich wachzurütteln und meinen Senf zum unsäglichen Geschreibsel von Augstein hinzuzufügen. Hier ist der Artikel von Augstein:
Zitat Augstein: “Kohl ist der bisher erfolgreichste deutsche Bundeskanzler – gemessen am einzig gültigen Maßstab, nämlich der Dauer seiner Amtszeit.“ Geht`s noch, Augstein?
Im Zweifel links – unter diesem Motto schreibt Augstein seine Kolumnen auf Spiegel Online. Sein Vater hatte als Spiegelchef gegen Kohl jahrelang angeschrieben und dreht sich jetzt wahrscheinlich mit 3000 U/Min im Grab. Gerade junge Leute, die nach Kohls Inthronisierung geboren wurden, sollten hier genau aufpassen. Kohl als Einiger von Europa? Lächerlich. Eher Totengräber.
Kohl betrieb die Wiedervereinigung, zu deren Zeitpunkt er zufällig Kanzler war, als Ausverkauf Ost zugunsten westdeutscher, auch westeuropäischer Konzerne. Leuna und der französische Mineralölkonzern Elf seien hier als Beispiel genannt.
Die dadurch startende Orientierung des vereinten Deutschlands (und eben nicht Europas) an den Welthandelsmächten USA, Japan und China bzw. der Konkurrenz auf dem Weltmarkt zog ausgerechnet Europa nicht mit. Das vorher in Europa vorherrschende Gleichgewicht zwischen Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland wurde unter der Regierung des Dicken aus Oggersheim zerstört. Das wirtschaftliche Wachstum des vereinten Deutschlands wurde auf Pump und durch Verzicht auf Lohnzuwächse erzielt. Europa als politische Einheit, wie sie u.a. Mitterand vorschwebte, wurde als Folge durch den Euro zu einem reinen Wirtschaftsverbund umgedeutet. Jetzt, wo die südlichen Länder vor der Pleite stehen, rächt sich das.
Tag des Mißtrauensvotums
 Augstein meint, dass Kohl Grenzen eingerissen hätte. So ein Quatsch. Deutsche Fahnen brennen in Athen und hier beklagen die Menschen die Mentalität der Griechen – alle faul. Das sind für mich neue Grenzen. Eingerissen wurden lediglich die Grenzen durch eine maßvolle Gewinnmaximierung. Gegeneinander statt Miteinander – dafür steht die Ära Kohl.
Zu meiner Schande muß ich gestehen, dass ich 1983 Helmut Kohl bzw. die CDU gewählt habe ! Danach ist mir dieser Fehler nicht mehr passiert. Ich weiß noch, dass Helmut Kohl damals in einer Fernsehsendung in einer holländischen Uni im Hörsaal vor mehr als 100 Studenten saß. Sie hatten ihn angepöbelt, gar als Nazi beschimpft. Und Helmut Kohl tat das, was er am besten konnte und wofür er später berühmt werden sollte: Er saß es aus. Sämtliche Kritik prallte an ihm ab. Damals fand ich das toll, heute weiß ich es besser. Wenn man aktuell sein „Mädchen“ als Teflon-Kanzlerin bezeichnet, so hat sich Kohl den Titel des Villeroy und Boch-Kanzlers verdient. Ihr kennt doch noch die Werbung mit der Kloschüssel, wo nichts drauf haften bleibt.
Von Anfang an wurde er wegen seiner Provinzialität als „Birne“ verspottet; Dies war – rückblickend betrachtet – wohl gemein und nicht korrekt. Was er tatsächlich auf den Kasten hatte, wurde gegen Ende seiner Regierungszeit deutlich. In der Flick-Affäre war er auch involviert. Als Krönung des Ganzen weigerte er sich seinerzeit, dem Untersuchungsausschuß die Namen der unbekannten Spender in die CDU-Kasse zu nennen. Er hatte sein Ehrenwort gegeben!
Zurecht wurde ihm anschließend der Ehrenvorsitz der CDU entzogen. Sein damaliges Verhalten finde ich heute noch unerträglich und wesentlich verwerflicher als alle Affären von Willy Brandt und Bill Clinton zusammen. Nur Berlusconi hat dies noch toppen können.
Apropos Mafia: Am schönsten bei der Flick-Affäre fand ich die Szene mit Walter Wallmann, seinerzeit CDU-Schatzmeister. Bei irgendeiner Bank – Ob Deutsche Bank, Commerzbank oder gar Dresdner weiß ich nicht mehr – holte sich Wallmann die Parteispende in Bar ab und stopfte sich die Geldbündel in seine Jacke, weil der Koffer schon voll war. So äußerte er sich damals vor dem Ausschuß. Und so und nicht anders stelle ich mir Mafiageschäfte vor.
„Hier ist meine Heimat, hier bin ich zu Hause“ sagt Kohl in Bild:
Unerträglich. Dieser Mann wird jetzt wieder hofiert und gelobt für Sachen, für die er selbst nichts kann. Vergessen sind die negativen Seiten seines Tuns.
Und dass Jakob Augstein als angeblich Linker auch noch in diesen Tenor verfällt, macht wieder erschreckend deutlich, wie schlecht es in unserer Medienlandschaft um kritischen Journalismus bestellt ist.
Das Ganze liegt aber vielleicht mit an der unter Kohl und Schwarz-Schilling begonnenen Privatisierung des Rundfunk und Fernsehens. Angeblich zur Meinungsvielfalt, im Ergebnis aber zum Spielball wirtschaftlicher Interessen und Beeinflussung der öffentlichen Meinung.
Viele der jüngeren Deutschen sind mittlerweile von Kindesbeinen an bei den politischen Prozessen in Berlin und in den Bundesländern nicht mehr zugegen. Desinteressiert.
Da passt es wunderbar ins Bild, wenn sich die junge Union stolz als „Generation Kohl“ outet. Als Kohl kürzlich bei der jungen Union eine Rede hielt, sang der ganze Saal:
„Und wir haben ein Idol, Helmut Ko – ohl !“
Autsch.
Nein – Der „Bimbes“kanzler Kohl verdient unseren Respekt eben nicht. Vor Freude singen können nur die ein Prozent, vielleicht auch zehn Prozent, die dank seiner Politik heutzutage die Früchte einfahren. Auf Kosten der restlichen Mitbürger.
Ich würde mir wünschen, dass nicht nur bei uns Älteren die Erinnerung an diesen Kanzler nicht durch die verlogene Verklärung der Ära Kohl durch die Medien bestimmt wird.