Samstag, 30. Juli 2011

hartmudo 2004

Mittwoch, 8.9.2004: Es war wieder mal soweit: Montagsdemo! In Magdeburg ist Woche für Woche eine große Demo angesagt - 20.000 Leute oder mehr. Und in Leipzig hat sich Oskar Lafontaine eingeladen. Keiner rief ihn, aber er hörte. Auch Sachsens Ministerpräsident Milbradt äußerte sein Verständnis für die Demonstranten und erwägt sogar selbst dabeizusein. Ist ja auch bald Landtagswahl. 
Währenddessen bemüht sich insbesondere das ZDF um Aufklärung. Mißbrauch des Markenbegriffs Montagsdemo monierte ein Kommentator vor Ort mit bitterböser Miene. 1989 ginge es schließlich gegen ein Unrechtsregime, jetzt handele es sich lediglich um wirtschaftliche Ängste. Diese würden ausgenutzt von der PDS, der NPD und Oskar Lafontaine - so der einhellige Tenor der Medien.
Hartz IV soll die Gemeinden durch Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe um 2,5 Milliarden entlasten. Die Leistung wird auf Sozialhilfeniveau runtergeregelt. Dazu paßt, das dem Finanzminister ab Januar 2005 2,5 Milliarden wegen der Senkung des Spitzensteuersatzes fehlen. Für mich ist das eine eiskalte Umverteilung von Unten nach Oben - insofern geht es nicht nur um wirtschaftliche Ängste. Das dies von einer SPD Regierung angeschoben wird, macht es nur noch schlimmer.
Sicher werden die Einschnitte von der Union ab 2006 noch härter sein. Aber die Zielrichtung des Neoliberalismus - Arbeit zur Mangelware machen, um Lohnkosten drücken zu können - wird mittlerweile auch von den ”Linken” unterstützt. Das den Leuten in Ostdeutschland dies an alte Zeiten erinnert, sollte eigentlich niemand verwundern.
Und wenn Personen wie z. B. Frau Christiansen weiterhin das Hohelied der freien (haha) Markwirtschaft predigen, besteht die Gefahr, das wirklich die falschen Leute den Schnitt bei den nächsten Wahlen machen. Da ist mir Oskar immer noch lieber.
Eins noch: Ich habe prinzipiell nichts gegen dieses Gesetz und die Höhe der gewährten Leistungen. Fordern ist schon gerechtfertigt. Aber das Fördern muß auch gegeben sein. Und da hat die Regierung nichts anzubieten. Außer wohldosiert lanzierte Meldungen über plötzliche verstärkte Nachfragen bei Zeitarbeitsfirmen. Als ob die Arbeitsplätze - über 4 Millionen - über Nacht da wären.
Insgesamt sehe ich es wie die Ostler: Das Neue Deutschland heißt jetzt Bild - der Kanzler adoptiert ein russisches Waisenkind, Karl-Eduard von Schnitzler Sabine Christiansen und im Fußball.... Die DDR war auch nur 74 wirklich gut.

Freitag, 29. Juli 2011

Udorallala: Coo Coo Coo

Ich weiß nicht mehr, in welchem Plattenladen ich diese LP damals gekauft hatte. Aber beim Wühlen durch die Sonderangebote stieß ich auf diese Perle:
The Good Rats – From Rats to Riches für 3,90 DM !
Schmierige Exilkubaner auf dem Cover; die Platte musste einfach gut sein. Und richtig. Songs wie „taking it to Detroit“ und insbesondere der „Coo Coo Coo Blues“ sind Klassiker und ich höre sie immer noch mit Begeisterung.
Wie ich jetzt durch Zufall herausfand, gibt es die Good Rats schon seit 1964. Die laut Rolling Stone Magazine als "the world's most famous unknown rock band" bezeichnete Combo veröffentlichte 1969 ihr Debütalbum. War dieses noch psychedelisch angehaucht, ging es ab 1974 in Richtung Hard Rock los.
From Rats to Riches war bereits die 5. Studio LP und wie die Scheiben vorher kommerziell erfolglos. Aus Long Island kommend, waren sie zwar in New York bekannt. Aber sonst nirgends.
Sie spielten als Vorgruppe für Ozzy, Grateful Dead, Kiss oder auch Springsteen. Folgerichtig wurden ab Anfang der 80er auch keine Platten mehr veröffentlicht.
Ich hatte bis vor 2 Jahren gedacht, dass die Rats to Riches ihr einziges Album sei. Dann entdeckte ich durch Zufall noch ein paar andere aus der Zeit Ende der 70er. Aber erst jetzt stieß ich auf eine Kurzbiography bei AllMusicGuide und als ich dann bei Youtube....
Jawohl ! Wohl aus dem Jahr 2002 stammt dieser Song. Die Good Rats haben – so die Biography – irgendwie nie aufgehört und seit Ende der 90er geht es wohl auch wieder in der Gegend um New York ab. Aber auch hier blieb – völlig unverdienterweise – der Erfolg aus. Schade.
Der Coo Coo Coo Blues hat es mir angetan. In dem Song baggert ein Typ eine Frau am Flipper in ner Kneipe an. Dann wird er vom Freund des Mädchens aus der Kneipe geprügelt, um dann in der letzten Strophe mit seinen Kumpels zurückzukommen. Das ist großes Kino; der aufgrund dieser Geschichte jedesmal leicht abgeänderte Refrain ist cool.
Such den Song auf Youtube und hör Dir den Text an. Das hier ein anderes Video steht, ist natürlich auch klar. Schau einfach rein; Außerdem ist der Song hitverdächtig. Demnächst in der Kneipe, Männer! Wir sehen uns.

Dienstag, 26. Juli 2011

Contramann: Das Existenzminimum

(zuerst veröffentlicht 10.09.2008)
Die beiden Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Thießen und Christian Fischer haben auf der Seite der TU Chemnitz eine Studie über das absolute Existenzminimum veröffentlich. Danach halten die beiden Zonenkracher einen Hartz-IV-Regelsatz von 132 Euro für das absolute Minimum, mit dem ein Hartz IV Empfänger den Monat fröhlich gestalten kann. Dies wäre nur rund ein Drittel der bisherigen Höhe.
Nach enormen Rauschen im Blätterwald – Bild war natürlich dabei – fühlten sich die beiden Granaten genötigt, noch eine Präambel nachzulegen, in der sie beteuerten, das es hier nicht um Kürzungen des Leistungssatzes geht, sondern um eine Aufwertung von Arbeitslosen durch Arbeit bzw. Arbeitsgelegenheiten. Denn eine solche Anerkennung macht die Menschen glücklich.
Contramann ist erstaunt; Es ist also wieder so weit: Arbeit macht frei !
Vielleicht sollte man Arbeitslose dann auch zentral unterbringen, um die Unterkunftskosten noch senken zu können. Man könnte dies dann ja Konzentrations.... Hilfäää!
Die Studie beginnt mit der Frage "Bekommen Sozialleistungsempfänger zu viel oder zu wenig Geld." Wie schon in den ersten Zeilen der Studie geschildert, geht es hier bewußt um den Hartz IV Regelsatz.
Eine "neutrale" Studie über den Bedarf, mit dem ein Mensch auskommen kann, könnte auf so eine Einleitung verzichten. Die beiden Professoren brauchen sich nicht zu wundern, wenn diese Studie "einseitig" ausgelegt worden ist. Selbst wenn ich die Präambel für bare Münze nehme, verbleibt ein schaler Beigeschmack.
Die Studie wurde von Bild & Co als machbare Korrektur des Hartz IV Satzes hingestellt - eine "Richtigstellung", das es sich nur um eine theoretische Untersuchung handelt, fehlt dort.
Das sowohl die Bildzeitung als auch die Linke die Studie für ihre Zwecke verwenden, ist sicherlich nicht überraschend. Aber das die Präambel schließlich auf die Sehnsucht nach Arbeit und Anerkennung der Betroffenen abstellt, empfinde ich bei dem Inhalt der Studie schon als abwegig.
Um das Bedürfnis der Betroffenen nach Arbeit und damit verbundener Anerkennung herauszufinden, hätte es wahrlich keiner Betrachtung über den geringstmöglichen Geldbedarf eines Hartz IV Empfängers bedurft.
Wieso die Studie laut der Präambel zu dem Ergebnis kommen soll, "dass die tatsächlich gewährten geldlichen Sozialleistungen leicht oberhalb des Rahmens liegen, der durch die festgelegten Ziele der sozialen Mindestsicherung abgedeckt wird", ist mir unerklärlich. Denn schon am Beginn der Studie steht, dass die Hartz IV Gelder nicht zu niedrig sind, sondern eher zu hoch.
Sicherlich ist es an sich interessant, den absoluten Mindestbedarf zum monatlichen Überleben zu bestimmen, ja selbst den Zusammenhang zur Hartz IV Leistung kann und muß man dann sogar machen. Ich finde allerdings schon, das es zu einer seriösen Untersuchung gehört, das man die Höhe der Leistung nicht einfach kommentarlos als zu hoch bezeichnet, wenn man angeblich nicht so verstanden werden will. Wenn den 2 Professoren die Hartz IV Leistungen zu hoch sind, dann sollen sie wenigstens dazu stehen.
Und dann noch dies: Beim Schreiben dieser Zeilen muß ich jetzt feststellen, das die Studie am 9.9.2008 von der Seite der TU Chemnitz entfernt wurde bzw. ersetzt durch die schon beschriebene Präambel. War der TU wohl doch zu peinlich ? Oder haben die Profs kalte Füßchen bekommen?
Contramann hat jedenfalls im Netz gestöbert und die Studie gefunden. Hier für Dich bald zum download.
Insbesondere bitte ich speziell auf Tabelle 5 der Studie zu schauen – Seite 18!
1 kg Brot für 50 cent. 1 kg Nudeln für 60 cent. Das habe ich hochgerechnet aus 100g – Beträgen.
Liter Milch 49 cent. Mineralwasser in der Minimalstzusammenstellung natürlich nicht. Gibt ja Leitungswasser.
Wer 1 kg Brot zu 50 cent in irgendeinem Laden sieht, melde sich bitte schnell bei Contramann. Wir essen es dann gemeinsam auf – Frischkäse zum Schmieren wird gestellt.
Weiter geht es in der Horrorshow. Vorhänge oder ein Staubsauger, wie unnötig! Beim Ausziehen kann man ja vom spannenden Nachbarn Eintritt verlangen. Aber aufgepaßt: Jegliches Einkommen ist zu melden beim Blockw... äh beim Amt.
Kinobesuch? Warum das denn. Die Filme werden eh immer schlechter.
Die Liste an Einschränkungen läßt sich noch weiter fortführen. Jeder möge sich das rauspicken, was ihm am heftigsten erscheint.
Zumindest eins wird die Studie erreichen: Aufkeimende Diskussionen über eine Erhöhung der Regelsätze aufgrund gestiegener Energiekosten können unterbleiben. Einfach billigeres Brot kaufen und von einem 1-Euro-Job träumen. Da ist doch jeder Arbeitslose glücklich!

Samstag, 23. Juli 2011

Udorallala: If the Money talks.

Als ich jetzt auf dem Fahrrad morgens aus meinem MP3 Player einen Song von Jason & the Scorchers hörte, mußte ich an eins meiner schönsten Konzerterlebnisse denken.
Jason & the Scorchers Ende der 80er in Berlin – West. Kurz vor der Grenzöffnung. Ulli und ich fuhren bei Citycar in Braunschweig und warten chronisch knapp bei Kasse. Wir reden hier über nen Job auf Provisionsbasis – das heißt keinen bezahlten Urlaub. Wenn wir mal nicht fuhren, fehlte das Geld. Bier und Co waren seinerzeit auch nicht umsonst und mußten erstmal eingefahren werden.
Ich erzähle dies, weil Ulli und ich echt urlaubsreif waren. So nahmen wir uns die Zeit, um nach West-Berlin durch die Zone zu fahren. Ron besuchen; Ein alter Kumpel von Ulli. Und da war ja noch nen Konzert. Jason & the Scorchers.
Auf dem Konzert war Ron nicht dabei; warum auch immer. In dem kahlen, weiß getünchten Raum war „rechts oben“ eine kleine Bühne aufgebaut. „Links hinten“ war die Theke. Der Saal war ziemlich leer. Bühne wie Theke waren die Eckpfeiler dieses Ensembles. Insgesamt wirkte die Halle doch recht trist, zumal nicht viel Leute da waren.
Bier 4 Mark, Schnaps 3 Mark. Teuer also. Wir hatten uns schon auf dem Hinweg abgesprochen, daß wir uns zurückhalten. Die Kohle war halt knapp. Also nuckelten wir an unserem Bier und warteten auf den Beginn des Konzerts.
Die Band betrat die Bühne, schlug die ersten Akkorde an und …
Wroarrrr. Ulli und ich guckten uns an, gingen an die Theke und bestellten Tequila. Es ging nicht anders, es mußte so sein.
3 Gitarren und ein Baß auf der Bühne, der Sound war hoffnungslos überdreht und wenn man die Songs nicht kannte, war es wahrscheinlich nur Krach. Aber es paßte in unsere Stimmung, hatte Energie und war straight. Nur noch geil.

If money talks I wish it'd speak to me
Because I need the conversation it's plain to see „
Jason & the Scorchers – If Money talks

Jason & the Scorchers brachten mit der Lost and Found eine bahnbrechende Platte heraus. Der als Cowpunk bezeichnete Sound verband Countryelemente mit Hard Rock bzw. Punk. Den Jungs blieb leider der verdiente Erfolg versagt. Im deutschen Wikipedia gibt es nicht mal eine Seite !
Was bleibt ? Ulli und ich hatten beim Konzert die ganze Kohle versoffen. Die Power der Band hatte uns dermaßen umgehauen, dass wir nicht anders konnten. Mehr davon bitte.

Donnerstag, 21. Juli 2011

Hartmudo: Frauen WM zum 3.

Sonntag 17.7.2011 kurz vor Mitternacht. Das Frauen WM Endspiel ist nach dem Elfmeterschießen vorbei. Den US Girls versagten die Nerven, lediglich Abby Wambach konnte einlochen. Dabei hatten sie während der vorangegangenen 120 Minuten die weitaus besseren Chancen, gingen zweimal in Führung – konnten es aber nicht halten. Die sehr diszipliniert spielenden Japanerinnen glichen beide Male aus, auch in der Verlängerung. Nicht unverdient, würde ich sagen, weil die Amis den Sack nicht zugemacht hatten.
Befremdlich fand ich, daß die auf der Tribüne versammelte deutsche Mannschaft samt Trainerin jedes Tor der Japanerinnen frenetisch feierte, mehr als die Japanerinnen selbst. In einen Forum vertrat jemand die Meinung, dass Deutschland im Turnier erheblich weiter gekommen wäre, wenn sie sich beim Fussballspielen genauso engagiert hätten. Dem kann ich mich nur anschließen.
Bezeichnenderweise wurde dies im Fernsehen gezeigt und wertneutral kommentiert, aber eine Erklärung wurde die Tage danach nicht nachgeschoben. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass dies gern unter den Teppich gekehrt wird, weil es keine „annehmbare“ Begründung für dieses Verhalten gibt. Die Vermutung, daß man jetzt sagen kann, gegen den Weltmeister aus dem Turnier geflogen zu sein, sei der Grund für die ausgelassene Freude bei den Toren der Japanerinnen, kann ich nicht nachvollziehen. Da halte ich die Mädels für professionell genug.
nochmals Wolfsburg - schönes Stadion
2 Tage nach dem Finale erhielt ich den Bundesligatippzettel per Mail für die neue Saison. In der Einleitung wurde die Freude geäußert, dass es jetzt endlich wieder los geht und die „Behinderten WM“ vorbei ist. Bei allen Schwächen im Verlauf des Turniers: Diese Ansicht teile ich nicht.
Als die Spielerin aus Äquatorial-Guinea den Ball im eigenen Fünfmeterraum in die Hand nahm und der Elfmeterpfiff ausblieb, war ich mehr als erstaunt. Die Schiedsrichterleistungen waren häufig der Veranstaltung nicht würdig. Gerade in der Vorrunde fielen die Fehlpaßorgien extrem auf und schmälerten das Vergnügen.
Als Krönung dann noch die Kommentierung eines Fernsehkommentatoren, als die deutsche Abwehrspielerin eher an den Ball kam als ihre Gegnerin und diesen zum wiederholten Mal ins Seitenaus dreschte. „Gut gemacht, jetzt kann sich die Viererkette wieder formieren.“ Annehmen, weiterleiten zur nächsten Mitspielerin oder wenigsten nach vorne schwacken – das lernen Jungens schon in der E-Jugend und dieser dusselige ZDF-Reporter labert so nen Schrott. Brrr.
Überhaupt fiel auch beim 2fachen Weltmeister Deutschland auf, dass die Spielerinnen den Ball beim Stoppen weit weg springen ließen. Ein direktes Weiterleiten war auch kaum zu sehen. Immer nur stoppen, 1 Meter weg springen lassen und dann mal sehen. Dies war bei den Japanerinnen erfreulich anders. Deshalb ist der WM Titel auch verdient.
Und die deutschen Mädels? War der Druck im Vorfeld zu stark? Haben Medien und Werbeindustrie zu stark angeblasen? Ich denke schon. Einige Mädels fühlten sich in der Starrolle offensichtlich wohl. Das verkrampfte Gekicke paßte dann nicht zu der Vermarktung als selbstbewußte Heldinnen.Wenn sie zukünftig zu ihrem athletischen Spiel noch Ballsicherheit und schnelle Kombinationen hinzufügen können, werden sie auch Japan oder USA wieder vom Platz fegen können. Mit so nem Vogts-Ribbeck-Völler-Rasenschach wird es aber nichts.
Zum Ende hin versöhnten spannende und gute Spiele den genervten Fernsehfußballfan. Behindert war das wirklich nicht, aber optimierbar.
Und ab sofort gibt es ja wieder „richtigen“ Fußball. Eintracht startete in die Zweite Liga mit einem sicheren Heimsieg gegen 1860 und ist – leider – Tabellenführer. Jetzt werden schon wieder die ersten Aufstiegsfeiern geplant. Cool bleiben! Drin bleiben ist angesagt diese Saison, nichts anderes.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Ersel Hickey

(zuerst veröffentlicht 08.04.2002)
Ersel wurde am 27.06.1934 in Brighton, New York geboren. Er war 4 Jahre alt, als sein Vater die Familie sitzen ließ – typisch Ire. Zusammen mit seinen 7 Geschwistern kam er dann ins Heim, da seine Mutter aufgrund eines „nervous breakdown“ eine lange, lange Auszeit nehmen mußte. Bereits im zarten Alter von 15 trat er mit seiner Schwester sehr erfolgreich im Zirkus als Tänzer auf. Schließlich landete er nach unzähligen Ausreißversuchen in einem Heim in Ohio, wo er bei der örtlichen Gospeltruppe sang.
Sein musikalisches Vorbild wurde Johnny Ray, dessen Gesangsstil er kopierte. Während er 1951 bei einem Talentwettbewerb 500 Bucks einstrich, verstarb seine Schwester bei einem Autounfall. Zu dieser Zeit kümmerte sich bereits die Tante um die Rasselbande.Als er schließlich 1954 Elvis hörte, war Ersel hin und wech. Sein Bruder buchte ihn und seine Combo für verschiedene Gigs in Rochester. In dieser Zeit entstand auch seine 1. Aufnahme für Fine records – Baby, you`re no good. Sehr erfolgreich war diese Aufnahme allerdings nicht.Nach einem Besuch der damals üblichen Rock `n` Roll Shows fragte er Phil Everly – genau, der – was er denn für seine geplante Karriere als Sänger beachten müsse. „Schreib einen Song!“ war die lapidare Antwort. Noch in derselben Nacht schrieb er „Bluebirds over the Mountain“ und lieh sich am nächsten Morgen 20 $ von seinem Bruder, um den Song in Buffalo aufnehmen zu können. Ziemlich planlos rumrennend, landete er schließlich in Gene Laverne`s Fotostudio, um DAS Foto aufzunehmen, weil ohne Foto... Dieses Foto, das ihn bekannt machen sollte, wurde in s/w aufgenommen, so das sein knallbuntes Outfit unter den Tisch fallen konnte. Der Bassist, Manager und Songwriter Mike Corda finanzierte schließlich eine Session in New York, wo der Song eingespielt wurde – alles ohne Plattenvertrag! Corda sollte die Aufnahme bei einer Plattenfirma unterbringen, und so ging Ersel zurück zu seiner Tante und seinem Job (Platzanweiser in einem Club). Dort trat er auch u.a. mit Sam Cooke und Cab Calloway auf. Während eines Gigs bei den Niagara Fällen erreichte ihn schließlich die Nachricht, daß Epic Rec. „Bluebirds over the Mountain“ veröffentlichen wollte, und zwar in der unveränderten Demo Fassung.
Inzwischen war der Januar 1958 angebrochen, als der Song endlich veröffentlicht wurde. Während folgender Sessions entstanden im März 1958 mehrere Aufnahmen, die in Detroit, Chicago und LA lokal sehr erfolgreich waren. Einzig „I`m ready“ von den Songwritern Lewis/Kirshner wurde nicht veröffentlicht, aber Fats Domino griff gerne zu.Trotz aller Versuche, Ersel wie Sauerbier an den Mann zu bringen, indem er dem jeweils aktuellem Sound unterworfen wurde, konnte Epic Rec. Ersel nicht als Star aufbauen.1960 endete schließlich die Zusammenarbeit mit Epic, und Ersel zeichnete bei Kapp Rec. für einige Aufnahmen, die aber ebenfalls erfolglos blieben. In der Folgezeit war Ersel eher als Songwriter aktiv, spielte aber noch bis Mitte der 80er hier und da Songs ein.Ersel Hickey ist einer der vielen Rock `n` Roller der Anfangszeit, die trotz begnadetem Songmaterial keinen Erfolg hatten. Vielleicht hätte er rechtzeitig Buffalo den Rücken kehren sollen, denn ab 1958 wandelte sich das Business: Perfekte Produktion, Streicher und Harmoniechöre waren angesagt. Aber dies war nicht sein Ding.
They spent the money, got the best players, but I`ve always done my best in a little studio. I get nervous in front of 30 strings.“ Was bleibt, ist das legendäre Foto und die Adaption von „Bluebirds over the mountain“ durch die Beach Boys 1967, was Ersel nochmal etwas Kohle brachte.

Montag, 18. Juli 2011

Contramann: Bürgerarbeit

(zuerst veröffentlicht 15.08.2008)
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gab am 13.5.2008 folgende Pressemeldung heraus: Chancen für Vollbeschäftigung – Das Konzept Bürgerarbeit ist realisierbar.
Jubel – endlich wieder Vollbeschäftigung. Und so stellt sich das BMWi das Ganze vor:
Als Gegenleistung für den Transfer staatlicher Lohnersatzleistungen – volkstümlich auch Hartz IV genannt – wird vom Arbeitslosen eine Gegenleistung in Form der Bürgerarbeit verlangt; als Anreiz, sich wirklich mal um Arbeit zu bemühen.
Laut IZA-Forschungsinstitut wird hierdurch ein „Beschäftigungseffekt“ von bis zu 1,4 Mio Arbeitsplätzen erzielt.
IZA.... ein privates unabhängiges (?) Forschungsinstitut der deutschen Post World Net; Präsident ist Dr. Klaus Zumwinkel, die ehrliche Haut.
Contramann ist begeistert und fand dann einen alten Artikel vom 17.12.2007 in der Welt:
Erste Gemeinde schafft Hartz IV ab“.
Bad Schmiedeberg in Sachsen-Anhalt, September 2006: Jeder 6. Bürger ist arbeitslos; Erwerbslosenquote bei 15,6 Prozent ! Die Lösung hieß Bürgerarbeit. Konkret bedeutet dies, das Arbeitslose, die nicht im 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten, eine gemeinnützige Tätigkeit in Vereinen, der Kirche, in der Jugend- oder Seniorenbetreuung etc. angeboten bekamen. Es entsteht eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit, bei der zwischen 620 und 670 Euro netto kleben bleiben.
Nachdem alle 331 Arbeitslosen intensive Beratungsgespräche bekamen – sonst wohl nicht gerade die Regel – konnten einige in den 1. oder 2. Arbeitsmarkt vermittelt werden. „Einige meldeten sich lieber bei der Arbeitsagentur ab, statt eine Bürgerarbeit anzutreten.“
Aha. Wohl die üblichen Simulanten, Ausländer, Punker oder Alkoholiker? Aber das nur am Rand.
67 Menschen in der Bürgerarbeit waren es schließlich im November 2006.
Der zuständige Mann der Bundesagentur aus Halle versicherte,: „Arbeitsplätze in der Wirtschaft dürfen auf keinen Fall gefährdet werden.“
Und während Wolfgang Clement leise pfeifend dem Sonnenuntergang entgegenreitet....
Etwas Aktuelles war zu dem Modellversuch leider nicht zu finden; das Neueste ist das Folgende.
Eine Studie des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) kommt im Dezember 2007 zu dem Ergebnis, das hier kein Beschäftigungswunder ausgelöst wurde, weil schlichtweg ergreifend die Jobs in der Region fehlen. Interessant ist hier die Einlassung, das bei einer bundesweiten Einführung der Bürgerarbeit eine Verdrängung regulärer Beschäftigung kaum vermeidbar wäre.
Und das ist letztendlich der Grund, weshalb Contramann Bürgerarbeit – in dieser Form - für den falschen Weg hält.
Denn gerade im öffentlichen Dienst wie auch bei gemeinnützigen Institutionen werden Arbeitsplätze kurzerhand wegrationalisiert. Legende ist hier die Geschichte über die exalminierte Altenpflegerin, die als Arbeitslose in einem Pflegeheim natürlich nur Hilfsarbeiten in ihrem Ein-Euro-Job verrichtete.
Informativ ist hier ein Blick nach Telepolis. Selbst der Bundesrechnungshof monierte, daß in 68% der untersuchten Fälle gegen gesetzliche Kriterien an Ein-Euro-Jobs verstoßen wurde, Merkmale wie Zusätzlichkeit und Integrationsförderung waren da offensichtlich vernachlässigt worden.
Wenn dann noch der Bundeswirtschaftsminister „unterm Dirndl wird gejodelt“ Glos Bürgerarbeit mit 39 Stunden pro Woche einführen will, um das lästige Problem mit dem Verstoß gegen die Kriterien an Ein-Euro-Jobs umgehen zu können, geht bei Contramann die Bierpulle von alleine auf.
Arbeitgeber wie Kommunen, freie Träger, Wohlfahrtsverbände etc. sparen mit den Mehraufwandentschädigungs-Kräften immer noch Lohnkosten, die Bundesagentur für Arbeit stockt ja das karge Gehalt bis zum SGB-Satz auf. Klasse! Weniger Beiträge für die Kranken- und Rentenversicherungen, geringere Ansprüche der Bürgerarbeiter aus der Rentenkasse – bei Arbeitslosengeld I im Falle einer möglichen Arbeitslosigkeit inclusive.
Wer da noch glaubt, das reguläre Arbeitsplätze an Alten- oder auch Krankenpflegern, Gärtnern und in letzter Konsequenz auch Sozialarbeitern bestehen bleiben, glaubt noch an die Zahnfee.
Auch wenn es im 1. Moment einleuchtend klingt, das es besser ist, Arbeitslose in gemeinnützigen Arbeiten zu beschäftigen als ihr Potential ungenutzt zu lassen, sind die Schäden größer als der Nutzen. Der Kostendruck zwingt die Träger solcher Beschäftigungen über kurz oder lang zum verstärkten Einsatz solcher Arbeitsverhältnisse, bis das Ganze ad Absurdum geführt wird.
Und wer möchte da noch freiwillig Altenpfleger oder Krankenschwester werden. Bei der Bezahlung....
Contramann sagt NEIN ! Guter Lohn für qualifizierte Arbeit ist das Ziel. Es kann doch nicht angehen, das die öffentliche Hand auf Steuergelder verzichtet, wo etwas zu holen ist und auf der anderen Seite dann seine Beschäftigten mit einem Hungerlohn abspeist. Da will Herr Glos das noch gesetzlich legitimieren anstatt das benötigte Geld dort zu sammeln, wo es verdient wird: Im Aktien-, Devisen- und Devotionalienhandel.

Sonntag, 17. Juli 2011

Udorallala: Do the Crusher

Durch den Erfolg der britischen Bands in den USA ermutigt, begannen nahezu im ganzen Land amerikanische Teens, ihren neuen Idolen nachzueifern. Häufig auch vom Rock `n` Roll kommend, bildete sich schnell ein charakteristischer Stil heraus. Harte und einfache Akkorde, Fuzzbox und Farfisa im Zusammenspiel mit einer Vox zeichneten so diesen Style aus, der später auch gern – und durchaus passend – als Sixties Punk bezeichnet wurde.
Der Bogen spannt sich so von Bands wie den Sonics aus Seattle oder den Standells aus Boston über die Seeds bis zu MC 5 und den Stooges. Um nur die Bekanntesten zu nennen. Auf Samplerreihen wie Nuggets oder Pebbles wurden die besten Sachen gut zusammengestellt und im Zuge der Punk Explosion einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Denn bis auf die eben genannten Ausnahmen und ein paar weitere schafften die Bands in den 60ern selten den Weg, eine Platte in Form einer Single bei einer unabhängigen, kleinen Plattenfirma aufzunehmen. Von den meisten hat man wahrscheinlich bis heute nichts gehört, was ja auch nicht unbedingt schlimm sein muß.
Hauptsächlich durch die Cramps und die Fuzztones, welche Songs aus jener Ära coverten, kriegte ich auch einen Zugang zu diesen zu Unrecht vergessenen Aufnahmen. Mein gesteigertes Interesse für diesen legendären Sound mache ich aber an einem ganz bestimmten Song fest.
Irgendwann Ende der 80er. Während meines Sozpädstudiums verdiente ich meinen Lebensunterhalt durch Taxifahren; Die meiste Zeit davon als Mietwagenfahrer bei City Car. Ich weiß noch, daß es am frühen Abend noch nicht dunkel war und ich auf dem Ring kurz vor dem Affenfelsen war, als unvermittelt im Radio dieser Song gespielt wurde. Hammer! Kroll hatte mir vorher schon von diesem Song einen vorgeschwärmt, und als ich ihn hörte, war ich auch sofort begeistert.
Der dumpfe und breiige Sound, dazu noch der krächzende Gesang. Die Melodie blieb sofort kleben. „The Crusher“ von den Novas fand ich schließlich irgendwo auf der Samplerreihe „Back from the Grave“. „Pebbles“ hatte ich da noch nicht.
Bis heute habe ich noch dazu allerhand Zeugs aus dieser Richtung gesammelt, so das ich wohl allein damit einen Radiosender 1 Jahr lang betreiben könnte. Zumeist sind dies Samplerreihen wie z. B. „Girls in the Garage“, wo zugegebenerweise nicht alles gut ist. Aber richtige Perlen sind überall irgendwie doch drauf.
Von den Novas hatte ich nur herausfinden können, daß sie aus Minnesota stammen und insgesamt 2 Singles 1965 veröffentlicht hatten.
Bis ich auf das relativ junge Video bei Youtube stieß. Wenn ich bedenke, daß der Sänger bei der Aufnahme erst 17 war... Nun gut, ich bin auch etwas dicker geworden. Abgesehen davon ist der Song unsterblich.
Do the Crusher, you Turkey Necks...“

Mittwoch, 13. Juli 2011

Hartmudo: Dritte Plätze sind nur für Männer

So ist es. Letzten Samstag schied die deutsche Frauenfußballnationalmannschaft bei der Fußball WM im eigenen Land im Viertelfinale durch die 1. Niederlage in einer WM Endrunde seit 1999 aus. Die Niederlage gegen Japan – immerhin 4. der aktuellen Weltrangliste – war nicht unverdient.
Somit war für die Meisten Zuschauer in der 108. Minute des Spiels Deutschland gegen Japan das Turnier beendet. Schade eigentlich.
Eben ging gerade das Halbfinale USA gegen Frankreich glücklich für die USA aus – 3:1. Ich sah das bisher mit Abstand beste Spiel der WM. Wenig Fehlpässe, kein Ins-Aus-Dreschen der Bälle und schön herausgespielte Tore haben gezeigt, das der Frauenfußball nicht so schlecht ist, wie er sich häufig bei dieser WM präsentierte. Mir kam in den Sinn, das das Turnier jetzt erst richtig losgeht, wo die Deutschen ausgeschieden sind.

im Stadion bei Brasilien - Norwegen
Wie kommt denn sowas zustande?
Spätestens seit dem Frühjahr wurden uns die deutschen Nationalspielerinnen in den Werbeblöcken von Rewe, dem ePostbrief oder Hanuta – dem gesunden Pausensnack zwischen 2 Tüten – vorgestellt. Dank der Allianz erfuhr ich, dass bei Renate Lingor (die weibliche Beckenbauer) eingebrochen wurde. Vorbereitungsspiele wurden live übertragen. ARD und ZDF legten sich mächtig ins Zeug; Hatten die Sender doch viel Geld für die Übertragungsrechte gezahlt. Fanmeilen und ein Mega-Event wurden der Bevölkerung angedroht. Es gab wieder Fanartikel bei Real und Co.
Das WM Sonderheft hatte ich mir erspart, wollte aber die WM im TV verfolgen. Meine Löwin ist natürlich auch dabei. Let`s have some Fun!
Borke wollten wir zum Gucken einladen. Der hat aber abgewunken. Live im Stadion ja, aber im Fernsehen? Nöööööööööööö. Die können ja nicht spielen.
So dachten sicherlich die Meisten. Und wie zu erwarten, schauten dann auch nur bis zu 16 Millionen Zuschauer die deutschen Spiele. 1944 waren ja auch alle im Widerstand.
Schließlich ging die WM wirklich los. ARD und ZDF bauschten die Veranstaltung richtig auf. Vermarktung wie Airplay waren optimal. Die 3. Weltmeisterschaft hintereinander für Deutschland stand ja schon vorher fest. Das Sommermärchen 2011 konnte beginnen.
Zuerst Deutschland – Kanada 2:1. Mühsamer Auftaktsieg. Nachdem die Kanadierinnen den Anschlußtreffer erzielten, mußten die Deutschen 5 Minuten zittern. Aber letztlich verdient und eigentlich ungefährdet.
Und hier schon wie bis zum bitteren Ende: Sylvia Neid, zum weiblichen Beckenbauer hochsterilisiert, stehend an der Seitenlinie. Arme verschränkt.
Deutschland – Nigeria 1:0. Harte Gangart der Afrikanerinnen, die die deutschen Tugenden auf die Spitze trieben: Athletik und Kampfgeist. Das war so sehr unfair, aber die deutschen Spielerinnen lernten nun am eigenen Leib kennen, wie sich vorher ihre Gegnerinnen immer gefühlt haben mußten. Die Nigerianerinnen spielten die Spur härter, die die Unfairness ausmacht und niemand wirklich sehen will. Schade eigentlich, weil technisch waren sie gar nicht mal so schlecht. Besser als Kanada.
Irgendwann kurz vor Ende das erlösende Tor. Sylvia Neid mit verschränkten Armen; ruhig an der Seitenlinie.
Deutschland – Frankreich 4:2. Birgit Prinz draußen – die Schuldfrage wird halt immer auf eine Person konzentriert. Inka Grings, dauerhafte Torschützenkönigin der Liga seit Jahren, kam in die Mannschaft (Frauschaft?) und machte 2 Buden in dem Spiel. Trotz Platzverweis köpften die Französinnen nochmal ein. Enger als es aussah oder auch in den Medien dargestellt wurde.
Zwischendurch: 2. Halbfinale Japan – Schweden 3:1 und ein noch besseres Halbfinale als vorher. Zumindest, was die Japanerinnen angeht. Japan technisch sauber. Kaum Fehlpässe, schöne Ballstaffetten und immer gefährlich vorm Tor. Die Männer spielen nicht schöner als dieses Team!
Zurück zu Germany. Gegen Frankreich war es das beste Spiel der deutschen Mannschaft, die schon im Vorfeld gnadenlos in den Himmel gelobt wurde und in der Vorrunde diesen Erwartungen nicht gerecht wurde.
Aber das war ja nur die Vorrunde.
Sylvia Neid steuerte die Mannschaft ruhig von der Seitenlinie aus. Die Arme verschränkt.
Viertelfinale! Zur Halbzeit meinte der Reporter, Deutschland hätte das Spiel dominiert. Hier fragte ich mich – nicht zum ersten Mal in diesem Turnier, welches Spiel sieht der Idiot? Im Laufe der 2. Halbzeit räumte er irgendwann ein, dass die Japanerinnen sicherer am Ball sind. Wahrscheinlich merkte er, wie peinlich daneben seine deutsche Brille mit zunehmender Spieldauer wurde.
Und als dann in der 108. Minute die weltbeste Torhüterin zum 1. Mal im Spiel gefordert wurde und sich E-Jugendmäßig zur falschen Seite warf, war es passiert. Deutschland verlor gegen ein technisch besseres Team und war unerwarteterweise aus dem Turnier.
Seit der 108. Minute kam auch keine ePostbrief Werbung mehr.
Und Sylvia Neid mit verschränkten Armen an der Seitenlinie....
Welcher deutsche Nationaltrainer der Männer verhielt sich so? SIR ERICH!
Jetzt wird alles verständlich. Sir Erich, natürlich ist das der Vergleichsmaßstab. Wie weiland bei Sir Erich hielt Sylvia Neid die Fahne der kontrollierten Offensive fest. Mit Athletik und Kondition sollten die Spiele gewonnen werden. Kreativität stört da nur.
Und so spielte das deutsche Team dann auch im Turnier.Es beschränkte sich auf den Hrubesch-Style. Originalzitat:“Flanke Manni, ich Kopfball, Tor.“
Technische Schwächen wie das ewige Wegspringen des Balles bei der Annahme und der Ballverlust spätestens nach dem 5. Kontakt wurden nicht thematisiert. Kurz gesagt: Das deutsche Team hatte nicht die Klasse, um wirklich den Titel verteidigen zu können. Oder Taktik und Vorbereitung waren falsch, die Mannschaftsaufstellung sowieso.
Das jetzt hinterher die Jagd von RTL und Satt 1 auf Frau Neid und die Mannschaft eröffnet wurde, ist den Gesetzen des Medienmarktes geschuldet. So können sich die Privatsender auch noch in die Frauen WM Berichterstattung einklinken.
Jetzt freue ich mich aber erstmal aufs Endspiel Japan – USA am Sonntag. Meine Löwin und ich werden es genießen.

Montag, 11. Juli 2011

The Big Bopper

(zuerst veröffentlicht 19.04.2002)
Jiles Perry Richardson Jr. wurde am 24.10.1930 in Sabine Pass, Texas geboren. Schon bevor er 1949 seinen Highschool – Abschluß machte, fand er einen Job in einer Radiostation in Beaumont, Texas. „Jape“ oder J.P. , wie er von seinen Freunden genannt wurde, heiratete am 18.4.1952. Irgendwie war da noch eine Tochter unterwegs.
1957 schließlich, während seiner Zeit als DJ bei KTRM in Beaumont, bezeichnete er sich in aller Bescheidenheit als „The Big Bopper“. Mit diesem Bühnennamen startete Jape durch. Im Mai 1957 stellte er einen Weltrekord auf: Er war über 6 Tage ununterbrochen auf Sendung und spielte 1821 Songs. In diesem Monat nahm er auch Chantilly Lace auf.
Jape hatte in seiner Zeit als DJ ein Interesse fürs Songwriting entwickelt. Diese nahm er nicht nur selbst auf, sondern schrieb auch Songs für seine Freunde. So traf er Johnny Preston in einem Club in Texas. Für ihn schrieb er „Running Bear“, mit dem Preston 1960, 10 Monate nach Japes Ableben, die Charts stürmte. Hier war Jape nochmal als Backgroundsänger zu hören.
Seine Hits in 1958 nahm Jape für Mercury auf. Mit seinem ungewöhnlichen Sprechgesang und dem etwas anderen Umgang mit Frauen war Chantilly Lace der dritthäufigste Song der US-Radiostations. In meinem persönlichem Lieblingssong dagegen, White Lightning, geht es um das andere wichtige Thema, das uns alle bewegt: Schnaps!
Auch 1958 war es schon üblich, erfolgreiche Musiker auf Tour zu schicken, um den Plattenumsatz am Laufen zu halten. So tourte er bei der Winter Dance Party of 59 zusammen mit Buddy Holly und Ritchie Valens durch den Mittelwesten, die Karawane rollte bis Clear Lake Iowa. Es war ein harter Winter, der Motor des Busses streikte und die Heizung war kaputt. Um zu dem nächsten Gig zu kommen, charterte Buddy Holly ein Flugzeug für seine Band. Da Jape zu einem Arzt wollte, beschwatzte er den Bassisten von Holly, Waylon Jennings, ihm seinen Sitz zu überlassen.
Dies rettete Jennings das Leben und bescherte uns einen Wust an Countrysongs, denn das Flugzeug krachte am 3.2.1959 vom Himmel, 8 km nach dem Start. Jiles Perry Richardson Jr. starb 28jährig, sein Sohn Jay P. wurde 84 Tage später geboren.

Sonntag, 10. Juli 2011

Udorallala: Die One Woman Show

Sonntagmorgen um kurz vor Elf. Ich sitze vorm Rechner und suche das Netz nach Informationen über Stevia ab. Im Hintergrund läuft TV; Ich hab da so nen Stick für meinen Rechner von Hauppauge. In der ARD Sommershow (live!) steht Roland Kaiser, der alte Suffkopp, unrasiert auf der Bühne und singt von einer Politesse, die er abends abgeschleppt hat. Morgens war dann der Champagner leer. Hatte er etwa noch Sex?
Bei allen Vorbehalten gegen Roland muß ich zugeben, dass der Song im Ohr kleben blieb und das Arrangement erfreulicherweise sparsam eingesetzt wurde. Lediglich der stoßende (um im Bild zu bleiben) Rhythmus und die klatschenden Zuschauer störten etwas. Friedensangebot hieß der Song.
Beim Zappen landete ich irgendwie bei Buten und Binnen auf dem Dritten. Es wurde von der Breminale gesendet, ein schönes Fest am Deich. Wär vielleicht mal was ….
Der schleimige Moderator kündigte dann zum Abschluß „Becky Lee & Drunkfoot“ an. Eine One Woman Show aus Arizona.
Nicht jeder Ton saß. Da sie das Schlagzeug noch mit der rechten Hand bediente und so lediglich den Gitarrensteg greifen konnte, wirkte das Ganze nicht immer flüssig. Aber sonst …..
Nur auf Seiten aus der Schweiz und Österreich habe ich nähere Infos gefunden.
Becky ist als One-Woman-Band unterwegs und spielt Americana-Songs mit röhrenden Blues-Elementen ebenso wie modernen Anti-Pop-Riffs“ Sie lebte wohl einige Jahre in der Schweiz und jetzt in der Wüste Arizonas und „mag Whiskey lieber als Bier“.
Der Vergleich mit P J Harvey mag stimmen; P J kenne ich kaum. Ich dachte bei dem Song eher an White Stripes zu besten Zeiten. Insgesamt sehr erfrischend. Würde mich freuen, von Becky Lee & Drunkfoot mehr zu hören.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Hartmudo bei der WM

Sonntag, 03.07.2011. Zu meinem Geburtstag hatte ich zwei Eintrittskarten zum Frauen WM Spiel Brasilien gegen Norwegen in Wolfsburg erhalten. Es handelte sich hier um ein Spiel der Vorrunde. Anpfiff war um 18.15 Uhr. Wenn man noch das Gedrängel vor den Parkplätzen berücksichtigt, sollte es reichen, wenn man um 16.30 Uhr aus BS losfährt.
Brasilien im Angriff - vorerst erfolglos
Meine Löwin und ich hatten uns schon sehr gefreut auf das Spiel. Schließlich verfolgen wir die WM im TV und das Aufeinandertreffen zweier „großer“ Nationen im Frauenfußball versprach ein gutes Spiel.
Um es kurz zu machen: Das Match war gut, das Stadion ist leider erste Sahne. Das schmerzt einen alten Eintracht Fan.
Aber: Das Chaos begann schon bei der Anfahrt. Mehrere Straßen aus verschiedenen Richtungen mündeten in eine Fahrspur. Wir wollten besonders schlau sein und landeten vor dem VIP Parkplatz, wo wir höflich weggescheucht wurden.. Also suchten wir weiter. Und der Uhrzeiger drehte fröhlich seine Runden.
Parkplätze sind zwar genug vorhanden, aber weit weg und dann auch noch gesperrt ! Wir sind nebenan in eine Siedlung gefahren auf nen Edeka Parkplatz, sonst hätten wir wie manch Anderer das Spiel erst verspätet besuchen können.
Es folgte ein langer Fußweg im strömenden Regen. Da wir keinen Schirm dabei hatten, waren wir schnell durchnäßt.
Die Ordner im Stadion wußten selbst nicht, wo der von uns gesuchte Block ist und mußten auf ihr Kärtchen gucken, als wir den kürzesten Weg zu unserem Block suchten
erfolglose Ecke Norwegen
Auf dem Weg zum Block sahen wir immer wieder Bodyguards in Anzügen und McFit-Figur, die irgendwelchen VIPs Türen und Tore öffneten. In Wolfsburg lassen „Sie“ es einen spüren, daß man lediglich Besucher 2. Klasse ist.
Und als wir endlich über diverse Treppen im Stadion innendrin, d.h. überdacht quasi hinter den Sitzplätzen, waren, kam gleich der nächste Schock: Ein Getränkestand und ein Würstchenstand für die halbe Tribüne ! Die wollen dort nichts verkaufen!
Das Klo für die halbe Tribüne war kleiner als die in jedem Stehblock im Eintracht Stadion. Es gab ne Schlange vorm Männerklo ! Spielt in diesem Stadion der Meister von 2009?
Zu den Plätzen selbst führte der Weg durch eine Eisentür, die während des Spiels geschlossen war! Als ich während des Spiels Getränke holte, verschüttete ich die Hälfte, da die Tür natürlich schwer zu öffnen war.
Das wars dann auch mit dem Negativen - Scheiß VFL Wolfsburg. Radkappen, verdammte!
Ansonsten vielen Dank meinen Freunden fürs Geschenk. Als wir halbwegs trocken waren. haben wir das Spiel genossen. Neben uns Norweger, die waren halt nicht so begeistert.
Von unseren Plätzen im wohl ausverkauften Stadion hatten wir einen Superblick auf das komplette Spielgeschehen. Die Stadien in Hamburg, Berlin, Bremen sowie das Olympiastadion in München bieten nicht so eine Sicht . Dies gilt auch für das Eintrachtstadion!
Zum Spiel: Wir haben alle Teams im TV gesehen und ich bin froh, dass ich alles auf Brasilien als Weltmeister gesetzt habe. Marta ist dermaßen antrittsschnell, da können die meisten in der Bundesliga (Männer) nicht mithalten. Insbesondere vor dem 3:0 hat sie im Sprint ihrer Gegenspielerin im Sprint mühelos 10 Meter abgenommen.
Schöne Tore haben wir gesehen, obwohl der Einsatz vorm 1:0 von Marta eindeutig ein Foul war, da sie die Norwegerin von hinten weggestoßen hatte. Die Schiedsrichterleistungen sind bei dieser WM einfach erbärmlich.
Insgesamt war Norwegen einfach zu schwach und wird hoffentlich Mittwoch gegen Australien aus dem Turnier fliegen. Sie erarbeiteten sich nicht eine wirkliche Torchance und strahlten keine Gefährlichkeit aus. Die Brasilianerinnen hätten sich den Sieg wohl nicht so leicht vorgestellt.
Da die Vorrunde jetzt vorbei ist, veröffentliche ich nachfolgend eine von mir erstellte Statistik. Es handelt sich hier um eine „ewige“ Tabelle. Berücksichtigt wurden die erzielten Punkte (3 Punkt System) aller FrauenWM-Endrunden seit 1991 bis einschließlich der Vorrunde dieser WM. Die noch im Wettbewerb befindlichen Teams habe ich farblich markiert, die Anzahl der bisher erzielten 1. - 4. Plätze ist auch ersichtlich:




Platz Team Punkte 1. 2. 3. 4.
1
USA
81
2

3

2
Deutschland
71
2
1

1
3
Norwegen
61
1
1

2
4
Schweden
51

1
1

5
Brasilien
48

1
1

6
China
45

1

1
7
England
18




8
Japan
16




9
Australien
13




10
Nigeria
12





Rußland
12





Kanada
12



1
13
Dänemark
11





Italien
11





Nordkorea
11




16
Frankreich
10





Die Berichterstattung im TV läßt übrigens arg zu wünschen übrig. Sind einzelne Kommentare bei den Frauen noch ungewollt schlüpfrig (Welcher Teufel hat sie da bloß geritten) und witzig, so ließ die Regie am 3. Vorrundenspieltag Gruppe 4 ihrer Unkenntnis freien Lauf.
Statt der Entscheidung um Platz 2 zwischen Australien und Norwegen zeigte die ARD das bedeutungslose Spiel Brasilien – Äquatorial-Guinea. Erst gegen Ende bemerkte die Regie den Fehler und es ergab sich wenigstens eine Konferenzschaltung. Peinlich!
Mein Tip für den Weltmeister ist aber immer noch Brasilien. Höchstens Deutschland oder die Amis, trotz ihrer Niederlage, können da mithalten. Schaun mer mal.